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Der Drachenthron: Roman (German Edition)

Der Drachenthron: Roman (German Edition)

Titel: Der Drachenthron: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Deas
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Jostan hat recht«, sagte Semian von hinten. »Wir werden mit Euch fliegen, wenn das Euer Wunsch sein sollte, und Euch mit unserem Leben verteidigen, aber es ist unklug, derart überstürzt abzureisen.«
    Jaslyn knurrte verärgert und ballte die Hände zu Fäusten, musste sich jedoch eingestehen, dass die beiden Reiter im Recht waren. Sie stürmte zurück in die Hütte und schnappte sich das Töpfchen mit Gift. Das Gift der Viper .
    »Also schön. Beim ersten Tageslicht. Keine Sekunde später.« Sie warf ihren Umhang um die Schultern, machte hastig auf dem Absatz kehrt und schritt ungeduldig über das Gelände, ohne genau zu wissen, wohin sie ging. Nastria hätte mich begleiten müssen. Es gibt zu viele Geheimnisse. Warte, warte, warte! Wir sollten sofort abreisen. Ich muss zu meiner Mutter. Welchen Vorteil könnte Jehal daraus ziehen, sie so zu vergiften, dass sie in zehn Jahren stirbt? Warum sollte er das tun?
    Und warum ist die Weiße hier?

53
     
    Das erste Tageslicht
     
    E in tiefes, dröhnendes Summen erfüllte die Glaskathedrale. Hyram und Königin Zafir standen zu beiden Seiten des Altars. Sie trugen mit Juwelen besetzte Drachenmasken und lange Gewänder aus goldenen und silbernen Blättern, die sich wallend über den Boden ergossen. Eigentlich hätten sie vollkommen still dastehen müssen, wie Statuen, während die Sonne aufging und das erste Tageslicht durch die Fenster fiel.
    Shezira beobachtete sie aufmerksam. Bei der Heirat mit Antros hatte sie dieselbe Tortur über sich ergehen lassen müssen. Sie hatte fast eine halbe Stunde wie erstarrt in der gleichen Pose verharren müssen, und abgesehen von der Geburt ihrer Töchter war es die schwerste Prüfung, die sie je abgelegt hatte. Antros hatte natürlich die ganze Zeit über herumgezappelt. Zafir hingegen war jetzt so still, als sei sie aus Stein gemeißelt. Hyram, dachte sie, zitterte nur leicht.
    Das Summen der Priester schwoll allmählich an. Die Sonne hatte fast das Fenster erreicht. Shezira warf einen Blick über die Schulter. Jehal saß zusammen mit König Tyan irgendwo in einer der letzten Reihen. Tyan befand sich in einer seiner stöhnenden Phasen, und sie konnte ihn selbst über das Brummen der Priester hinweg hören. Selbst wenn er etwas zu sagen versuchte, war er längst über den Punkt hinaus, an dem ihn jemand verstand.
    Shezira hatte es sich zur Aufgabe gemacht, König Tyan zu besuchen und ein wenig Zeit mit ihm zu verbringen. Er schien sie zu erkennen. Er konnte nicht reden und sich kaum bewegen, und wenn er es dennoch einmal tat, zitterte er so stark, dass er alles in seiner Umgebung umwarf. Doch sobald sie ihm in die Augen sah, konnte sie das Gefühl nicht ganz abschütteln, dass er immer noch irgendwo dort steckte, vollkommen allein und verrückt vor Verzweiflung. Nach diesen Besuchen hatte sich ihre Wut auf Hyram in Luft aufgelöst. Sie hatte Jehal sogar vorgeschlagen, dass er Hyram freiwillig etwas von seinen geheimen Elixieren abgab und sie Frieden schlossen, aber Jehal hatte nur mit dem Kopf geschüttelt.
    »Niemals«, hatte er geflüstert. Er tat alles in seiner Macht Stehende um herauszufinden, wie Königin Zafir sie ihm entwendet haben könnte. Seines Erachtens war sie für alles verantwortlich. Eine eiskalte Boshaftigkeit steckte in ihr. Eine echte Drachenkönigin.
    Shezira betrachtete sie nun über den Altar hinweg und versuchte, das alles in ihr zu sehen, kam jedoch nicht über die Tatsache hinweg, wie jung Zafir war. Zu jung für eine Sprecherin.
    Schließlich kroch das erste Tageslicht herein und ließ den Altar aufleuchten. Die Priester stellten das Summen ein und bildeten einen Kreis um Hyram und Zafir, wedelten mit den Armen nach oben und unten, streckten sich gen Himmel und bückten sich zur Erde und dann wieder zurück zum Himmel. Welche Symbolik all diesen Ritualen innewohnte, wussten wahrscheinlich nur die Priester, dachte Shezira. Niemand nahm die Drachenpriester mehr besonders ernst.
    Die Priester wichen zurück und warfen sich auf den Boden, ließen Hyram und Königin Zafir allein in der orangefarbenen Morgensonne stehen. Die Masken waren verschwunden. Sie reichten sich die Hand, ihre Finger berührten sich, und alles war vorüber. Sie waren nun verbunden, in der Glaskathedrale zu einer Einheit verschmolzen, die niemals getrennt werden durfte. Hyram war jetzt wieder ein König.
    Als die Könige und Königinnen im Anschluss inmitten eines Pulks von unbedeutenden Prinzen zu dem riesigen Frühstücksbankett schritten,

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