Der Drachenthron: Roman (German Edition)
Drachen uns töten, noch bevor wir unsere eigenen Tiere erreichen.«
»Sie haben Vidar angegriffen!«
»Sie haben die Sättel und das Zaumzeug niedergebrannt, damit wir nicht auf den Drachen reiten können, Eure Hoheit. Vidar wird nicht verletzt werden. Er ist zu kostbar.«
Eine geraume Weile starrte Jaslyn zum Höhleneingang. Geräusche drangen von draußen zu ihnen, doch sie schienen von sehr weit weg zu kommen, als seien die Drachen nun woanders beschäftigt. Wenn wir uns beeilen, haben wir doch sicherlich eine Chance! Sie versuchte, sich ins Gedächtnis zu rufen, wie weit sie laufen müssten, um von der Höhle zum Nest zu gelangen. Selbst in Drachenschuppen wäre es möglich, oder?
Es würde allerdings nichts nützen, wenn ihre Sättel und das Zaumzeug zerstört waren, und Semian hatte wahrscheinlich recht. Sie wäre genauso vorgegangen, wenn sie den Angriff verübt hätte. Jaslyn stieß einen langen Seufzer aus und drehte sich um.
»Nun gut. Wir gehen weiter. Alle Höhlen sind miteinan – der verbunden. Wir werden also zwangsläufig auf die Alchemisten und die Soldaten stoßen, die hier stationiert sind.« Prinz Jehal steckt hinter allem. Er muss erfahren haben, warum ich hier bin. Er weiß, dass ich ihm wegen des Gifts auf die Schliche gekommen bin. Egal, ich werde der ganzen Welt zeigen, was er getan hat, und dann wird ihm niemand mehr den Rücken stärken. Mutter wird zur Sprecherin geweiht. Sie wird ihn vernichten, und dann kehrt Lystra wieder nach Hause zurück.
Der Weg durch die Höhlen war beschwerlich, und es ging nur langsam voran. Der Lichtschein der Lampen reichte gerade einmal aus, damit sie ihre eigenen Füße sehen konnten, und obwohl der Boden und die Wände glatt waren, schlängelten sich die Tunnel an einigen Stellen steil den Berg hinab. Hin und wieder mündete der Gang in einen Schacht, der senkrecht nach oben führte. Metallsprossen waren in den Fels gehämmert, doch das Klettern in voller Drachenschuppenmontur war beinahe unmöglich, und Jostan entglitt seine Lampe, die am Boden in tausend Stücke zerschlug. Dann erreichten sie eine Stelle, die so schmal war, dass sie den Großteil ihrer Rüstung zurücklassen mussten. Jaslyn versuchte, nicht daran zu denken, wie sie aussehen mochte: Sie trug immer noch ihre gepanzerten Handschuhe, den Helm und die Stiefel, während der Rest von ihr in einfachem Rehleder steckte und ein flammend roter Streifen ihr Gesicht zierte, wo sich die Flammen einen Weg durch ihr Visier gefressen hatten.
Es kam ihnen vor, als wanderten sie schon den halben Tag durch die Höhlen, doch als sie schließlich kurz inne – hielten und lauschten, hörten sie das Rauschen von Wasser irgendwo vor ihnen und wussten, dass ihr Ziel nicht mehr weit war. Ein paar Biegungen später sahen sie Licht, das Plätschern des Wassers schwoll an, und als Nächstes wäre Jaslyn beinahe über den Rand eines Abgrunds gestürzt. Semians Hand packte sie gerade noch rechtzeitig an der Schulter.
Die Alchemisten hatten ihre Tunnel entlang eines unterirdischen Flusslaufes gebaut. Jaslyn ließ sich auf Hände und Knie nieder und tastete sich am Rand der Schlucht entlang, bis ihre Finger fanden, wonach sie gesucht hatten: eine Leiter, die im Stein verankert war. Das Wasser brauste dreißig Meter unter ihr, und der Spalt im Fels war so schmal, dass sie gelegentlich die andere Seite mit dem Rücken berührte, während sie die Leiter hinabkletterte.
Unten angelangt hing ein hölzerner Steg über dem wild tosenden Fluss. Kleine Nischen waren in die Wände gehauen, und nachdem die drei etwa zehn Minuten weitergegangen waren, befanden sich auch Lampen in den Wandvertiefungen, die die Schlucht in ein gespenstisch weißes Licht tauchten. Reiter Jostan blieb bei der ersten beleuchteten Nische stehen und schnappte sich die Laterne.
»Jemand muss hier entlanggekommen sein und die Lampen entzündet haben«, sagte er. »Es kann nicht mehr weit sein.« Dann rümpfte er die Nase. »Riecht noch jemand etwas?«
Jaslyn und Semian blieben stehen und schnupperten. »Rauch«, sagten sie gleichzeitig. Jaslyn war verunsichert, was sie davon halten sollte. Rauch bedeutete Feuer, und ihr erster Gedanke galt den Drachen, aber nach der langen Wanderung konnten sie doch nicht so nah an einem der Höhleneingänge sein, oder?
Ihr zweiter Gedanke galt einer Feuerstelle zum Kochen. Sie war hungrig.
Kurze Zeit später, an einer engen Stelle der Schlucht, trafen sie auf die Alchemisten. Es gab keine Lampen mehr, der
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