Der Drachenthron: Roman (German Edition)
Bäumen hindurch gesehen. Mir war klar, dass ein Drache während des Kampfes abgestürzt sein musste, wenn die Flammen trotz des Regens nicht erloschen. Was bedeutete, dass es hier warm wäre und ich Zuflucht finden könnte. Als die Sonne dann aufging, bin ich hierhergekommen, anstatt mich zum Fluss zu begeben. Ähm. Tut mir leid, wenn ich euch Umstände bereitet habe. Wie habt ihr mich eigentlich aufgespürt?«
»Das haben wir gar nicht«, sagte Kemir und zeigte auf den toten Drachen. »Wir haben den dort gefunden. Ihr wart nur zufällig zur selben Zeit am selben Ort, aber da Ihr nun mal hier seid, könntet Ihr Euch auch gleich nützlich machen. Ich würde nämlich gern den Drachen von ein paar seiner Schuppen befreien. Nennt es von mir aus einen Bonus für die Rettung des Alchemisten der Königin.«
Huros schüttelte den Kopf. »Das geht nicht. Jedenfalls noch nicht. Er ist noch nicht heiß genug.«
Sollos sah, wie Kemir die Stirn runzelte. »Der Drache wirft Blasen. Man könnte Spiegeleier auf ihm braten.«
»Hm. Ja. Wo wir gerade beim Thema sind, habt ihr etwas dabei? Ich bin ein wenig … Nun ja, ich habe nichts mehr gegessen seit … ihr wisst schon.«
Kemir schoss auf den Alchemisten zu. Er hatte immer noch das Messer in der Hand. »Verflucht noch mal! Ich will die Schuppen. Ihr könnt auch welche haben. Es ist genug für alle da. Ihr kennt Euch mit Drachen aus, also verratet Ihr mir jetzt sofort, wie ich es am besten anstelle. Ich kenne mich mit Messern aus und werde das hier ganz sicher benutzen. Entweder wetze ich es an Euch oder am Drachen.«
Unverblümter konnte Kemir dem Alchemisten nicht drohen, dachte Sollos, doch Huros schien schwer von Begriff zu sein. »Das geht nicht«, sagte er. »Das geht beim besten Willen nicht.«
»Und warum verdammt noch mal?«
»Der Drache ist nicht heiß genug. Er ist erst seit eineinhalb Tagen tot. Allmählich beginnt er, von innen heraus zu brennen, aber es dauert Tage, bis die Haut verschmort ist. Kommt in ein paar Wochen mit einem großen Hammer zurück. Dann könnt ihr das arme Ding in Stücke hauen. Unter den Schuppen wird nichts als Asche übrig sein. Wenn ihr ein Hackbeil mitbringt, das scharf und schwer genug ist, könntet ihr euch wohl sogar an die Flügelknochen heranwagen. Obwohl ich bezweifle, dass ihr mit einem Messer sehr weit kommt.«
»In ein paar Wochen ?«
»Leider ja.«
»Aber der Feldmarschall und all ihre Reiter werden dann längst hier sein.«
Der Alchemist nickte, und auf einmal kam Sollos nicht umhin sich zu fragen, ob der Mann wirklich so einfältig war, wie sie angenommen hatten. »Ja, das hoffe ich inständig.«
11
Ein kriegerischer Akt
A ls sich herausstellte, dass sie auf der Drotanhöhe vergebens auf die Weiße und ihre Eskorte warteten, versuchte Shezira, in den Schlaf zu finden. Doch sobald der Morgen dämmerte, gab die Königin den Versuch auf. Die Such – trupps brachen auf, noch bevor die Sonne zögerlich die Berge erhellte. Am Nachmittag erspähte der erste Jäger eine Rauchwolke, die von einem nahegelegenen Flusstal emporstieg. Drachenschreie hallten in den Gebirgstälern wider, und in den frühen Abendstunden saß Königin Shezira am Flussufer, wenige Meter von der Stelle entfernt, wo der Angriff auf ihre Reiter stattgefunden hatte. Ein Dutzend Reiter zogen zur Sicherheit hoch am Himmel ihre Kreise. Shezira hatte bereits einen ihrer Kriegsdrachen gesehen, Orcus, der tot am bewaldeten Berghang lag. Laut Lady Nastria hatten die Jäger ein weiteres Tier gefunden. Also fehlte nur noch eines, und das war natürlich ihre Weiße.
Schneeflocke.
Sheziras Hände zitterten, derart verärgert war sie. Nas – tria verhörte inzwischen die Überlebenden. Drachen stampften schwerfällig und unbeaufsichtigt umher, zerschmetterten Gesteinsbrocken und Bäume, ließen die Schwänze durch die Luft sausen und breiteten die Flügel aus, was jeden Menschen das Leben kosten konnte, der sich unvorsichtigerweise in ihrer Nähe aufhielt. Shezira ertrug es nicht länger. Niemand sprach mit ihr . Niemand verriet ihr, wer dieses Massaker angerichtet hatte, wer für den Tod ihrer Drachen verantwortlich war, wer es gewagt hatte …
Sie erhob sich. »Feldmarschall!«
Ihre Stimme durchschnitt die Luft wie ein Peitschenhieb, und Lady Nastria zuckte zusammen, als sei sie getroffen worden.
So ist es gut. Komm hergelaufen, wenn deine Königin dich ruft …
Nastria verbeugte sich, tief und lang, bedacht darauf, das Protokoll strikt einzuhalten
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