Der Drachenthron: Roman (German Edition)
Angelegenheiten der anderen Reiche zeigte. Allerdings nicht so einfach zu beweisen. Und wie sollte man an einem König Vergeltung üben, der mehr Drachen besaß als zwei von ihnen zusammen? Shezira schnaubte verächtlich. Sie wusste nicht einmal genau, wo sich Valmeyans Drachennest befand. Den einen Gerüchten zufolge tief im Süden, nahe dem Meer und König Tyans Reich. Andere Stimmen behaupteten, es läge viel näher, am Quell des Furienstroms, nur eine Tagesreise von der Drotanhöhe entfernt. Sie würde es wohl herausfinden müssen.
»Mutter!«
Shezira brachte sich mit einem Ruck in die Gegenwart zurück. Jaslyn stand wie versteinert vor ihr und sah genauso wütend aus wie immer.
»Jaslyn.«
»Du hast Vidar herunterrufen lassen. Was willst du, Mutter?«
Shezira funkelte sie finster an. »Reit zurück zu unserem Drachennest«, fauchte sie. »Mach dich sofort auf den Weg und leg keine Pause ein, bis du dort bist. Sag ihnen, dass Orcus tot ist, höchstwahrscheinlich auch Titan und Thor. Ansonsten erzählst du ihnen nichts . Dann bringst du jeden verfügbaren Jagddrachen her. Jehal kann sich als Hochzeitsgeschenk einen aussuchen, und es interessiert mich nicht, welcher es ist oder wem er gehört. Den Rest werde ich hierher zurückschicken, und sie werden das Gebirge durchkämmen. Wir werden einen weiteren Alchemisten brauchen und Vorräte, damit das Dutzend Drachen und ihre Reiter so lange, wie es nötig sein wird, hier draußen in der Wildnis bleiben können.«
Jaslyn schüttelte den Kopf. »Schick deinen Feldmarschall. Ich geh hier erst weg, sobald all unsere Drachen gefunden sind.«
»Das kannst du dir aus dem Kopf schlagen! Ich bin deine Königin, Jaslyn, und das solltest du niemals vergessen! Du wirst tun, was ich befehle, und wenn du vom Bergfried zurückkehrst, wirst du mich begleiten und der Hochzeit deiner Schwester beiwohnen! Du wirst dich nicht an der Suche beteiligen.«
Mutter und Tochter starrten sich an, und ohnmächtige Wut brachte die Luft zwischen ihnen zum Kochen. Schließlich ließ Jaslyn den Blick zu Boden gleiten. »Wenn du diejenigen findest, die Orcus das angetan haben, will ich, dass sie brennen«, zischte sie. »Ich will zusehen , wie sie verbrennen.«
Shezira nickte. »Endlich einmal etwas, bei dem wir gleicher Meinung sind. Befolg meinen Befehl, und ich werde dir deinen Wunsch erfüllen.«
Jaslyn marschierte zurück zu ihrem Reittier, und Shezira sah ihr nachdenklich nach. Du hast alle guten Eigenschaften von Antros geerbt, aber nicht seine verbohrte Dummheit. Wie schade, dass du darauf bestehst, deine ganze Zeit mit Drachen zu verbringen. Du hättest jemandem eine hervorragende Königin sein können. Du hättest meinen Thron erben können, sobald ich Hyrams Ring erhalte. Du würdest es besser machen als Almiri es je könnte.
Seufzend ballte sie die Hände zu Fäusten. Überall um sie herum waren ihre Reiter damit beschäftigt, ein Lager zu errichten. Normalerweise liebte sie diese Nächte mit den hellen Sternen über ihrem Kopf und ohne Zofen, die ihr auf Schritt und Tritt folgten. Doch nicht diese Nacht. In dieser Nacht würden ihre Drachenritter verbissen ihre Bahnen ziehen, während sie schlief – wenn sie überhaupt ein Auge zumachen konnte -, und hoch am Himmel nach einem geheimnisvollen Feind Ausschau halten, der höchstwahrscheinlich nie auftauchen würde.
Die Sonne ging unter, und Shezira verkroch sich in ihr Zelt. Aufgewühlt warf sie sich hin und her und ergatterte einige wenige Stunden unruhigen Schlaf. Als die Königin aufstand, hätte sie all ihre Reiter beinahe wieder zur Drotanhöhe zurückgeschickt. Hier draußen zu bleiben, in der ungeschützten Wildnis, war gefährlich. Antros hätte es getan . Vielleicht war das der Grund, weshalb sie blieb. Sie wusste es nicht.
Zwei Tage später fanden sie Thor, ohne Reiter, aber unversehrt. Am darauffolgenden Tag spürten sie Titan auf. Die Weiße war jedoch weiterhin spurlos verschwunden, und als Jaslyn mit einem Dutzend neuer Drachen zurückkehrte, hatte sich Shezira mit dem Verlust abgefunden. Die Weiße war verschollen. Inzwischen hätte sie überall sein können. Eines Tages würde sie den Verantwortlichen finden, und dann gäbe es Blut und Feuer und Schmerz, doch im Moment war ihre makellos Weiße verloren.
Eine winzige Kleinigkeit bereitete ihr Kopfzerbrechen, während sie sich wieder nach Süden wandten, in Richtung von König Tyan und Prinz Jehal, Furia und dem Meer. Es war ihnen nicht gelungen, den Leichnam des
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