Der Drachenthron: Roman (German Edition)
Prinz die schwarze Seide um die Augen. Unvermittelt drehte sich die Welt um ihn herum, und alles begann zu schimmern. In seinem Kopf konnte er Stimmen hören: Du wirst dereinst Sprecher sein, und wir sind das Geschenk der Taiytakei .
Für einen Moment glaubte er, sich selbst zu sehen, als blickte er durch die Augen eines anderen. Er riss sich die Seide vom Gesicht. Meteroa hielt immer noch die Box in seinen Händen, doch jetzt war sie einen Spalt geöffnet. Vier glitzernde Rubinaugen starrten zu ihm herauf.
»Im Sonnenlicht können sie fliegen. Oder wenn du es ihnen befiehlst«, flüsterte Meteroa. »Trag den Seidenschal, und sie werden deinen Gedanken gehorchen. Sie werden sehen und lauschen und deine Augen und Ohren sein. Es wird keine Geheimnisse geben, die dir verborgen bleiben.« Er schloss die Schatulle und lächelte. »War es ein Fehler, Hoheit, dich zu den Taiytakei zu führen, damit du ihr Geschenk in Empfang nehmen kannst?«
»Nein.« Jehal schüttelte verblüfft den Kopf. »Nein, Drachenmeister, es war kein Fehler.«
Er betrachtete die Schatulle, und ein Grinsen umspielte seine Lippen. Du wirst dereinst Sprecher sein …
20
Ritter
A ls Reiter Semian am nächsten Tag zurückkehrte, brachte er nicht nur das Gold mit. Drei Drachen begleiteten ihn, und auf dem Rücken eines jeden Drachen saßen drei Ritter. Semian hatte außerdem den Alchemisten mitgenommen. Sie landeten in einer Wolke aus Flügelschlägen und aufstäubender Gischt auf der Kiesbank. Sollos sah zu, wie der Alchemist und die Reiter abstiegen und sich formierten. Ein Großteil der Ritter blieb am Boden und duckte sich vorsichtshalber hinter einen Schutzwall aus Schilden, mit dem Alchemisten in ihrer Mitte. Anschließend schossen die Drachen wieder zum Himmel empor.
Bogenschützen. Sie fürchten sich vor Bogenschützen. Das erinnerte Sollos an den Tag vor nicht allzu langer Zeit, als er einen Drachenritter beobachtet hatte, wie er einem geheimnisvollen Fremden einen Beutel voll Gold überreicht hatte.
Sollos wich nicht von der Stelle, blieb mitten auf der Kiesbank stehen und wartete. Kemir war an seiner Seite. Lockenbart und seine Freunde hatten sich flink wie die Wiesel zwischen den Bäumen versteckt und ließen sie nicht aus den Augen. Semian tauchte zwischen seinen Männern auf und näherte sich ihnen vorsichtig, dabei blickte er sich nervös um und suchte das Seeufer ab. Hoch über ihren Köpfen kreisten die Drachen.
Sollos verbeugte sich. »Reiter«, begrüßte er die Männer. Er kannte einige der Drachenritter nur vom Sehen. Trotz der zwei gemeinsam verbrachten Wochen hatten sie nie nach seinem Namen gefragt und ihn immer nur mit ›Söldner‹ angeredet. Sie hatten ihn nur angesprochen, um Be – fehle zu erteilen und ihn herumzuscheuchen.
Semian bedachte ihn mit einem abfälligen Blick. »Wo sind deine abtrünnigen Freunde, Söldner?«
»Sie verstecken sich und warten ab, was Ihr vorhabt. Wo ist das Gold, Reiter?«
»Hier. Einhundert Münzen. Die andere Hälfte bekommen sie, sobald wir den Drachen gefunden haben.«
Sollos ballte unbemerkt die Hände zu Fäusten. »Das wird nicht funktionieren, Reiter. Sie wissen ganz genau, dass Ihr einfach ihr Dorf niederbrennen würdet, falls sie Euch zu bestehlen versuchen. Eigentlich glauben sie ja sowieso, dass Ihr es abfackelt, bevor Ihr wieder verschwindet.«
»Ich werde mich an unsere Abmachung halten, falls sie dasselbe tun.«
»Das bezweifle ich nicht, Reiter, aber diese Leute haben sich an König Valmeyans Männer gewöhnt, und der König der Felsen ist hier verhasst. Sie erwarten nichts weiter als Hinterhältigkeit und Verrat, und sie sind zu weltfremd, als dass sie einen Ritter vom anderen unterscheiden könnten. Womöglich haben sie noch nicht einmal von Königin Shezira gehört.« Sollos seufzte. »Wir müssen wohl warten, bis die Drachen morgen zurückkehren, und dann noch einen weiteren Tag, bis der Rest des Goldes auftaucht.«
»Söldner, sie werden uns entweder heute zum Drachen führen, oder ihr Dorf wird tatsächlich in Schutt und Asche gelegt. Das ist das einzige Angebot, das ich ihnen unterbreiten kann. Einhundert Goldmünzen bedeuten für die meisten Menschen ein wahres Vermögen.«
Sollos biss die Zähne aufeinander. Ja, das hätte es tatsächlich . Kopfschüttelnd streckte er die Hand aus. »Dann gebt mir das Gold, und ich werde sehen, was ich tun kann.«
»Nein, Söldner, ich werde es ihnen persönlich geben, sobald sie uns zurück zu ihrer Siedlung
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