Der Drachenthron: Roman (German Edition)
Pfad ab, wo die Bäume und das Gebüsch so dicht am Wegesrand standen, dass sich Jehal immerzu ducken musste, und Dornen seinen Umhang zerrissen. Ich muss mich wohl umziehen, sobald wir im Palast ankommen. Das wird allen noch ein paar Extraminuten schenken. Nach einer Weile ging der Wald in ein felsiges Gebiet voller Gesteinsbrocken über, und der Schlamm verwandelte sich in Sand. Sie hatten den Steinernen Wald erreicht, ein Labyrinth aus spitzen Steinen und gewaltigen Geröllwänden, das mit unzähligen Wegen und Pfaden, Lichtungen, Höhlen und Tunneln durchdrungen war. Jehal kannte ihn wie seine Westentasche. Es war der perfekte Ort für ein geheimes Treffen.
Und der perfekte Ort für einen Hinterhalt.
Er verlangsamte das Tempo, brachte dann das Pferd zum Stehen und warf einen Blick über die Schulter. »Wohin genau führt dein Umweg, Drachenmeister? Ich bin mir nicht sicher, ob mir die Sache gefällt.«
»Warte hier, wenn du willst, Hoheit. Ich werde sie zu dir bringen.«
»Und wen willst du zu mir bringen?« Etwas in Meteroas Verhalten beunruhigte Jehal.
»Niemand, der dir Böses will, Hoheit.«
Jehal sah sich erneut um. Seine Ritter ließen gerade den Wald hinter sich und drängten sich durch eine Felsspalte zwischen den Steinwänden.
»Das ist kein guter Ort für eine Rast, Drachenmei…« Er verstummte. Aus den Schatten zwischen den Gesteinsbrocken schälten sich drei Reiter. Ihre Pferde trippelten langsam durch den Sand. Es war ein seltsam anmutendes, dunkelhäutiges Volk. Ihre Kleidung war üppig geschmückt, mit Gold und Juwelen und hell leuchtenden Federgestecken besetzt. Die Männer blieben wenige Meter vor Lord Meteroa stehen, stiegen ab und verbeugten sich.
Taiytakei.
Der Mittlere, der die prächtigste Kleidung trug, kam einen Schritt näher und kniete sich dann vorsichtig in den Sand.
»Eure Hoheit«, sagte er. »Wir wollen Euch an diesem Glück verheißenden Tag unsere Ehrerbietung erweisen.«
Wie eine Katze, die sich an ihre Beute heranschlich, saß Jehal mit langsamen, wohlüberlegten Bewegungen von seinem Pferd ab. Er ging auf den Mann zu, ohne ihn für eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
»Seehändler«, flüsterte er und warf Meteroa einen raschen Blick zu. »Was wollt Ihr?«
»Wir bringen Euch ein Geschenk«, sagte der dunkelhäutige Mann. »Ein Geschenk für Euch, o mächtigster aller Prinzen, zu Ehren Eures Hochzeitstages.«
Jehal rang sich ein Lächeln ab. »Vergebt mir, aber es wird gesagt, dass die Taiytakei keine Geschenke machen, sondern nur Geschäfte, und dass das, was anfangs wie ein Geschenk aussehen mag, immer auch seinen Preis hat.«
Der vor ihm kniende Mann winkte einen seiner Gefährten herbei, der etwas brachte, das unter einem Tuch verborgen war, und dann sofort wieder zurückwich. »Wir haben nichts weiter im Sinn, als Euch das zu schenken, was Ihr Euch sehnlichst wünscht, und von Euch das zu erhalten, wofür Ihr keinerlei Nutzen habt.« Behutsam legte der Mann den Gegenstand auf den Boden und rutschte dann auf den Knien zurück. Sobald er die anderen erreichte, stand er auf und drehte sich weg. Alle drei saßen auf und ritten gemächlich davon.
Jehal sah ihnen nach, und erst, als sie schon lange außer Sicht waren, glitten seine Augen zögerlich zu dem Gegenstand, den sie zurückgelassen hatten. Dann machte er einen Schritt darauf zu.
Meteroa sprang von seinem Pferd.
»Lass mich, Hoheit!«
»Warum hast du mich hierher geführt?«
»Vergib mir, mein Prinz, aber ich werde es dir zeigen. Die Taiytakei wollten dir das Geschenk nur persönlich und im Geheimen geben. Den Grund wirst du gleich verstehen.« Meteroa riss das Tuch weg. Darunter verbarg sich eine prunkvolle, aus schwarzem Holz gefertigte Schatulle, die mit zinnoberroten und goldenen Einlegearbeiten verziert war.
»Öffne sie!«
Meteroa hob den Deckel an. Im Innern lagen drei schmale Streifen einfachster Seide, zwei schwarz und einer weiß, ebenso wie zwei winzige goldene Drachen mit Augen aus roten Rubinen.
»Hübsch.« Jehal zuckte abschätzig mit den Schultern. Er wollte noch mehr sagen, doch einer der goldenen Drachen drehte den Kopf und sah ihn an.
Meteroa nahm einen Seidenschal heraus und ließ die Schatulle zufallen. »Es ist besser, wenn die anderen nichts davon mitbekommen«, murmelte er. »Hier.« Er reichte Jehal die schwarze Seide. »Verbinde dir damit die Augen. Du wirst nicht enttäuscht sein.«
Jehal lächelte. Meteroa schien es todernst zu meinen, und ihm zuliebe band sich der
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