Der Drachenthron: Roman (German Edition)
unternehmen sollten, König Valmeyan zu stürzen. Ich sage bloß, dass es mich mit einem Gefühl der Befriedigung erfüllen würde, ein paar Drachenrittern ein Messer in die Brust zu rammen, das ist alles.«
»Diese Tage sind vorbei, Kemir. Der Eid …« Er hob die Achseln. »Es war ein dummer Eid. Außerdem sind es sechs gegen zwei, und ihre Drachen beobachten uns.«
Kemir blickte zum Himmel und verzog das Gesicht. »Wir müssten warten, bis sie schlafen.«
Und das tun sie. Ja, das tun sie . Sollos schüttelte den Kopf. Obwohl ein Teil von ihm Kemir beipflichtete, wusste er doch, dass es die Welt nicht grundlegend verändern würde, wenn sie einen oder gar zehn Drachenritter ermordeten. Solange es Drachen gab, gab es Männer und Frauen, die auf ihnen ritten.
Solange es Drachen gab.
21
Die Hochzeit
M eteroa hatte natürlich alles perfekt geplant. Als Jehal zurück zum Palast kam, wartete bereits die gesamte Hochzeitsgesellschaft auf ihn. Er eilte mit beschwingtem Schritt und Prinzessin Lystra an seiner Seite in den Festsaal. Du wirst dereinst Sprecher sein …
»Trinkt!«, rief er, noch bevor er den Thron neben dem seines zusammengesackten Vaters erreicht hatte. »Trinkt! Ich bringe einen Toast aus! Nicht auf mich und meine Gemahlin, sondern auf uns alle! Auf einfach alle! Auf das Leben!« Unvermittelt wirbelte er Prinzessin Lystra herum, küsste sie und warf dann einen raschen Blick über die Tische, um sicherzustellen, dass Zafir ihn auf jeden Fall beobachtete. »Trinkt!«, rief er erneut in die erschrockene Stille. »Trinkt auf die Liebe! Auf das Peitschen eines Flügelschlages und das Speien von Feuer! Auf das Klirren der Schwerter, auf den Todesstoß, auf die trunkene, nicht zu bändigende Leidenschaft! Trinkt und jauchzt vor Freude oder schnaubt vor Wut, das ist mir gleich, aber erfüllt meinen Festsaal nicht mit Schweigen!«
Er setzte sich und knallte seinen Kelch auf den Tisch. Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Für gewöhnlich begann ein Hochzeitsfest nicht mit einer solch ausgefallenen Rede, aber Jehal war einfach nicht nach unzähligen Stunden voller langweiliger Höflichkeitsfloskeln zumute. Am liebsten wäre es ihm, wenn sich jeder bis zum Umfallen betrank.
Er lugte an Prinzessin Lystra vorbei zu ihrer Mutter. »Ich dachte, das wäre ganz nach Eurem Geschmack, Eure Heiligkeit«, sagte er grinsend.
Königin Sheziras Miene blieb betont ausdruckslos. »Eure Ausgelassenheit würde in meinen Hallen womöglich mehr gewürdigt werden als in Euren.«
»Ich wollte Eure Tochter lediglich willkommen heißen.«
Shezira schwieg.
»Bin ich ein Monster?«, fragte er sie viel später, nachdem das Essen abgeräumt und er zu viel Wein getrunken hatte. »Haltet Ihr mich etwa für eines?«
Sie sah ihm direkt in die Augen. »In wenigen Stunden werdet Ihr mein Sohn sein«, erwiderte sie kühl. Und das war alles.
Nachdem sich jeder den Wanst vollgeschlagen hatte, schlug eine Musiktruppe ihre Instrumente an, und der Tanz begann. Prinzessin Lystra war natürlich als Erste an der Reihe, mit ihren großen, weit aufgerissenen Augen, gebogenen, dichten Wimpern und dem erschrockenen Gesichtsausdruck, den sie seit Tagesbeginn nicht abschütteln konnte. Darauf folgte ihre Mutter, mit der es sich anfühlte, als tanzte man mit einer Eisenstatue, schwerfällig und seltsam und wahrlich nicht empfehlenswert. Und auf einmal, wie aus dem Nichts, glitt Zafir in seine Arme, seidig und sinnlich, drängte sich eng an ihn und berauschte ihn mit ihrem lieblichen Duft. Jehal bebte vor Erregung. Ihre Hand glitt sanft zu seinem Nacken, da spürte er auf einmal einen brennenden Stich. Er fuhr zusammen.
»Was tust du da?«
Zafir sah auf ihre Hand. Einer ihrer Ringe besaß einen winzigen Dorn, an dem ein kleiner Blutstropfen hing. Sie führte ihn an ihre Zunge und schlang dann wieder ihre Arme um Jehal. »Das soll dich daran erinnern, dass du nicht unsterblich bist«, flüsterte sie.
»Ich fühle mich aber unsterblich.« Er zog sie noch näher, aber nun sträubte sie sich.
»Ich bin eine Drachenkönigin, Prinz Jehal, und keine Kurtisane. Außerdem werden wir beobachtet.«
»Trägst du etwa einen Giftring?«
»Natürlich.«
»Werde ich bald sterben?«
Zafir lächelte. Als er sie erneut an sich ziehen wollte, wehrte sie sich nicht. »Nicht heute, mein Geliebter.« Sie lehnte sich für einen kurzen Moment an ihn, und er spürte ihren warmen Atem an seinem Ohr. »Mir ist nicht entgangen, wie du sie heute angesehen hast,
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