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Der Drachenthron: Roman (German Edition)

Der Drachenthron: Roman (German Edition)

Titel: Der Drachenthron: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Deas
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wie benommen, aber er hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Jemand drückte ihm bereits einen Kelch in die Hand. Eine von Silvallans Nichten. Wie lautet gleich noch mal ihr Name?
    »Jungfrauenreue!«, rief eine Stimme über einen Chor aus schallendem Gelächter hinweg. »Die Jungfrau!«
    Jehal trank das Gebräu in einem Zug leer, wie es sich dem Protokoll nach gehörte, und sandte leise ein Stoßgebet gen Himmel, dass die Reiter um ihn herum nicht so betrunken waren, wie es den Anschein machte. Im Stillen listete ein Teil von ihm alle Drachenkönige und -königinnen auf, die in ihrer Hochzeitsnacht vergiftet worden waren. Der andere Teil begann langsam zu zählen und strich die Sekunden ab, bis die Jungfrauenreue ihn völlig übermannt hätte. Ihm bliebe mehr Zeit als vielen anderen, dafür hatte er gesorgt.
    Sie zogen ihn bis auf die Haut aus und streiften ihm das Hochzeitsgewand über, eine hauchdünne Wickeltunika, die bei der geringsten Berührung von den Schultern glitt. Zu diesem Zeitpunkt drehte sich der Raum bereits, doch Jehal hatte noch einige Minuten, bis ihm der Trank gänzlich die Sinne rauben würde.
    Die Reiter, Prinzen und Prinzessinnen kamen der Reihe nach mit ihren dem Ritus folgenden Ratschlägen für die bevorstehende Nacht zu ihm und verschwanden dann aus dem Zimmer.
    »Die Jungfrauenreue löst die Zunge!«, rief eine Stimme. Richtig , dachte er. Das Zeug haben die Alchemisten meinen Knappen und Soldaten eingeflößt, zusammen mit dem Wahrheitsrauch. Er grinste. Welche Verschwendung! All die Männer und Frauen, die halb verrückt vor Lust gewesen sein mussten.
    »Es löst noch mehr.« Weiteres Gelächter erscholl.
    Meteroa muss entzückt gewesen sein. Ich muss Hyram schreiben und ihm im Namen aller Huren im Klippennest danken. Er begann zu lachen.
    »Vergiftet Ihr Euren Vater?« Jehal blinzelte. Die Frage sickerte in sein Bewusstsein wie Honig, der von einem Löffel tropfte. Jaslyn. Es war ihre Stimme. Prinzessin Jaslyn. Hatte Lord Meteroa nicht gesagt, dass sie kommen wollte? Und er konnte sich nicht erinnern, sie bisher gesehen zu haben.
    Warum denn nicht ?, stachelte ihn eine innere Stimme an. Warum sagst du ihr nicht einfach die Wahrheit und bringst es hinter dich? Jeder will es doch wissen. Dann wird sie auch verschwinden.
    Er öffnete den Mund, aber eine Hand schloss ihn wieder. »Raus, kleine Hexe! Wie könnt Ihr es wagen! Sch! Sch!« Die Hand ließ ihn wieder los. »Es tut mir so leid, Neffe. Seid nett zu Eurer Braut, aber nicht zu nett. Ich wette, die Kleine wird gern ein bisschen härter rangenommen. Ist das nicht bei den meisten der Fall?«
    Jehal blickte lächelnd auf. Es war Königin Fyon, doch auch sie wandte sich bereits wieder um und ging aus dem Zimmer. Hatte er nicht gerade etwas sagen wollen? Was auch immer es gewesen sein mochte, es war ihm entfallen.
    Er schien zu blinzeln, und im nächsten Moment waren auch seine Ritter fort. Es stimmt. Die Jungfrauenreue bringt das Zeitgefühl durcheinander. Ich habe nicht mehr lange, bis mich das Elixier völlig überwältigt. Nicht mehr lange.
    Dort war eine Tür. Das war seine Aufgabe. Durch die Tür zu gehen. Und noch bevor er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, war es bereits vollbracht. Dann noch eine weitere Wendeltreppe hinauf, wobei das verfluchte Hochzeitsgewand bereits von seinen Schultern rutschte und er auf einmal nackt war und in einem achteckigen Zimmer stand, das fast nur aus weit aufgerissenen Fenstern bestand und dessen Boden mit Kissen, Decken und Matratzen ausgelegt war, die mit allen möglichen Materialien von weichen Daunen bis Stroh gefüllt waren. Da bemerkte er Lystra, die genau vor ihm stand. Die Jungfrauenreue hatte bereits Besitz von ihr ergriffen. Lystra schwankte leicht, und ihre Augen waren pechschwarz und riesig.
    Ein winziger Feuerfunke schien sich in seinem Innern zu entzünden und eine sanfte Explosion zu entfachen. Prinzessin Lystra öffnete den Mund und streckte die Hand nach ihm aus. Er taumelte auf sie zu.
    Noch nicht noch nicht noch nicht!
    Ihm blieben nur wenige Sekunden, bis er das Bewusstsein verlor und sein Handeln nicht mehr steuern konnte. Mit dem letzten kümmerlichen Rest seines Verstandes zählte er die Fenster. Das zweite von links, neben der Tür. Das nach Osten zeigt. Das …
    Er drängte Prinzessin Lystra ans Fenster. »Sterne«, murmelte er. »Sieh dir die Sterne an.« Er stand hinter ihr, hatte die Arme um sie geschlungen und spähte an ihr vorbei zu einem anderen Turm und

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