Der Drachenthron: Roman (German Edition)
Blick deuten sollte, den sie ihm zuwarf, doch er entschied, ihn als ein zögerliches Ja zu werten. Er lächelte, als sich ihm die Haare im Nacken aufstellten. Sie hatten zu lange getrödelt, und die Anstandsdamen der Königin kamen nun unaufhaltsam näher. Langsam und vorsichtig und ihre Anwesenheit mehrmals ankündigend, und dennoch mit derselben erbarmungslosen Beharrlichkeit wie eine feindliche Armee.
Später, als sie alle längst schlafen sollten und Jehal allein in seinem gut bewachten Schlafgemach war, öffnete er die Fensterläden, holte den zweiten schwarzen Streifen Seide hervor und verband sich damit die Augen.
Also schön, meine Teuerste, mal sehen, wie weit du gekommen bist.
32
Die Adamantinische Garde
E s war köstlich, Zafir zuzusehen, wie sie sich mit ihrem neuen Spielzeug die Zeit vertrieb, und sobald sie herausgefunden hatte, dass sie den kleinen Drachen auf ihr Geheiß hin fliegen lassen konnte, schickte sie ihn natürlich zum Spionieren durch Jehals Fenster. Er löste die seidene schwarze Augenbinde und gestattete Zafir, ihn ein wenig zu beobachten, während er sich im Schlaf unruhig hin und her warf, bevor er vorgab, allmählich zu erwachen. Der winzige Drache flatterte zu seinem Gesicht hoch, als wollte er sich ankündigen. Jehal versuchte, überrascht zu wirken.
»Du bist sehr ungezogen«, flüsterte er dem Drachen ins Ohr, »und wenn du hier wärst, würde ich dir zeigen, wie ungezogen du bist.«
Der winzige Drache tanzte um ihn herum, neckte ihn und schoss dann zum Fenster.
»Zafir«, zischte er, und der Drache hielt in der Luft inne. »Nichts, was ich Lystra gegeben habe, kommt deinem
Geschenk auch nur im Entferntesten nahe. Schick ihn doch zu uns, damit du dich mit eigenen Augen überzeugen kannst.«
Der Drache verharrte einen Moment und verschwand schließlich. Jehal schloss die Fensterläden und legte die schwarze Seide über die Augen.
Beide erwachten spät am nächsten Morgen, und als Zafir mit Jehal zu ihrem Drachennest ritt, strahlte sie vor Auf – regung.
»Ich bin sicher, du hast ebenfalls einen«, flüsterte sie ihm ins Ohr, während er sich anschickte, auf seinen Drachen mit Namen Geisterschwinge zu steigen. »Wir können uns also sehen, selbst wenn wir voneinander getrennt sind.«
Oder ich könnte ihr von der zweiten Seidenbinde erzählen, dachte er . Und ihr sagen, dass wir gleichzeitig durch die Augen ihres kleinen Spions sehen können, dass ich sie jederzeit durch seine Augen beobachten kann, sobald er in ihrer Nähe ist.
Verführerisch, sehr verführerisch, doch nicht der Grund, weshalb er ihn ihr geschenkt hatte. »Warte auf mich, meine Liebste«, sagte er mit belegter Stimme. »Ich werde zu dir eilen, sobald wir beide mit Hyram fertig sind.«
»Hm.« Ihre Augen blitzten auf. »Das rate ich dir auch.«
Er kletterte in den Sattel und wischte sich über die Augenbraue. Vielleicht können mir die Taiytakei noch ein paar beschaffen. Dieser Gedanke brachte ihn zum Lachen, während er zusah, wie sich Zafir und ihre Höflinge von seinem Drachen entfernten. Soviel ich weiß, sind diese beiden Tierchen die einzigen ihrer Art, und ich würde allein deshalb um Nachschub bitten, um meine Geliebte beobachten zu können, wenn sie nicht in meinem Bett ist. Die Taiytakei würden zwar nie von meinen Beweggründen erfahren, aber dennoch …
»Flieg los!«, rief er und spürte augenblicklich, wie sich die riesigen Muskeln des Drachen unter ihm anspannten. Geisterschwinge hob den Kopf, setzte sich auf die Hinterläufe und begann, über die Ebene zu rennen. Jehal schloss die Augen. Er konnte jeden Schritt fühlen, während der Drache an Tempo gewann. Jehal wusste ganz genau, wann das Tier den letzten Sprung machen und seine Flügel ausbreiten würde. Er spürte, wie er schwerer wurde, als der Drache in die Lüfte emporschnellte, und seufzte. Nichts, aber auch gar nichts war mit diesem Moment zu vergleichen, der Sekunde, wenn ein Drache vom Boden abhob. Wie jammerschade, dass dieses Gefühl nur für einen Wimpernschlag andauerte! Dann war es wie weggewischt, und alles, was folgte, wirkte schal und langweilig. Jehal überlegte, die schwarze Seide erneut herauszuholen und seine Augen mit einem Drachen fliegen zu lassen, während sein Körper auf einem anderen ritt, aber es wäre töricht, das Seidentuch im Wind zu verlieren. Stattdessen versuchte er, über Hyram nachzudenken, doch Zafir drängte sich immer dazwischen. Manchmal fragte er sich, ob es nicht besser gewesen
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