Der Drachenthron: Roman (German Edition)
wäre, hätte er Prinzessin Lystra zurückgewiesen und lieber Zafir zu seiner Frau genommen, auch wenn das all seinen Plänen einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Es war auf jeden Fall sehr schade, denn eines Tages würde ihm Lystra wegen der Dinge, die er getan hatte, im Weg stehen. Vielleicht hätte er ihnen beiden einen Korb geben sollen. Das hätte er gekonnt. Er hätte Lystra abweisen können, weil Königin Shezira ihm nicht wie versprochen den makellos weißen Drachen als Geschenk dargeboten hatte.
Er lächelte. Stattdessen würde er sich in einigen Tagen dem Suchtrupp nach der verschwundenen Weißen anschließen, obwohl er fest überzeugt war, dass der Drache in irgendeinem weit entfernten Nest weggesperrt war. Shezira zog eine sehr überzeugende Show ab. Sie hatte sie nun schon seit zwei Monaten aufrechterhalten, und alle möglichen kleinen Gerüchte sickerten aus ihrem Lager.
Ein weiterer Gedanke kam ihm auf einmal in den Sinn. Womöglich war das alles ein abgekartetes Spiel, nur nicht das, wofür er es gehalten hatte. Shezira hatte zwei Dutzend Drachen und hundert Reiter auf die Suche angesetzt, und alle von ihnen befanden sich in allernächster Nähe des Adamantpalasts. Viel zu nah.
Ja , dachte er. Das sollte ich wahrlich im Gedächtnis behalten . Und damit ließ er sich die unzähligen Möglichkeiten durch den Kopf gehen, während Geisterschwinge durch die Luft pflügte. Sie flogen viele Meilen über sanfte, grün bewaldete Hügel. Dann wurde die Landschaft immer steiler und schroffer, und schließlich segelten sie in die Felsschlucht hinab, durch die der Furienstrom floss und die Reiche in zwei Teile trennte. Im Süden herrschte Königin Zafir. Im Norden der Sprecher. Jehal dachte auch darüber nach, trieb seinen Drachen in die Schlucht hinab und schoss über den reißenden Fluss hinweg. So knapp wie möglich sauste er über die natürliche Grenzlinie, während Geisterschwinge den Schwanz ins Wasser tauchte und eine Gischtwolke hinter sich herzog.
Etwa eine Stunde folgte er der Schlucht und stieg dann wieder auf, in Richtung Norden über die schrecklich langweiligen Ebenen der Hungerberge. Er ließ Geisterschwinge hoch am Himmel fliegen. Es macht keinen Sinn, all den Bauern einen Schrecken einzujagen . Er schloss die Augen und döste eine Weile, doch als sich die Purpurnen Berge langsam aus den Nebelschwaden schälten, erhaschte er bereits das erste Funkeln des Adamantpalasts und bemerkte, dass noch andere Drachen in der Luft waren. Jagddrachen, wie es den Anschein machte, etwa ein halbes Dutzend. Zuerst fragte sich Jehal verwundert, was sie dort taten. Aber dann sah er, dass Hyram seine Legionen hinausbefohlen hatte.
Alle fein säuberlich in Reih und Glied aufgestellt, damit er mit ihnen angeben kann, bevor er sein Amt als Sprecher niederlegt . Jehal stupste Geisterschwinge an und ließ ihn in einem spiralförmigen Steilflug zwischen den anderen Drachen zu den Männern am Boden hinabtauchen. Als er fast senkrecht auf sie zustürzte, drängten sich die Legionen jeweils eng zusammen und präsentierten einen nahtlosen Wall aus schimmernden Schilden. Die Schilde waren aus Drachenschuppen gefertigt und groß genug, um einen Mann dahinter zu verstecken. Falls er Geisterschwinge den Befehl gegeben hätte, eine gewaltige Flammenexplosion auf sie herabregnen zu lassen, wäre das Feuer einfach an ihrem Schildwall abgeprallt. Während er über die Köpfe der Soldaten hinwegsauste, wurden auf einmal die Schilde gesenkt, und ein Meer aus Skorpionarmbrüsten tauchte stattdessen auf. Jede konnte einen Bolzen von der Größe eines Speeres abfeuern, der mächtig genug war, um Drachenschuppen zu durchbohren, aber es war nicht der Drache, auf den sie zielten. Es war der Reiter.
Nachdem Jehal an ihnen vorbeigeflogen war, stieg Geisterschwinge wieder in die Höhe und neigte auf Kommando kurz den Flügel – eine Art Ehrenbezeugung. Es ist besser, nett zu ihnen zu sein. Immerhin werden sie eines Tages mir gehören.
Jehal landete im adamantinischen Drachennest. Fast hätte er damit gerechnet, Sprecher Hyram vorzufinden, der mit einem Trupp Wachen auf ihn wartete und ihn auf der Stelle in den Kerker werfen ließ. Nicht dass der alte Bock einen solchen Frevel ohne einen schlagkräftigen Beweis wagen würde . Nicht, wenn Jehal mit der Tochter der nächsten Sprecherin verheiratet war. Ach Lystra, wie sehr du mir noch von Nutzen sein wirst. Es ist nur jammerschade, dass ich mich am Ende deiner entledigen
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