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Der Dreissigjaehrige Krieg

Der Dreissigjaehrige Krieg

Titel: Der Dreissigjaehrige Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper Johannes Saltzwedel
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August 1619 entschied sich binnen weniger Tage das Schicksal Böhmens. In Prag wählten die Stände Friedrich zum König, in Frankfurt wurde Ferdinand einstimmig zum Kaiser gekürt. Nicht nur erhielt er die Stimme der Pfalz, obwohl deren Kurfürst sich doch anschickte, ihm die böhmische Krone abzujagen; Ferdinand wählte sich auch selbst als angeblich rechtmäßiger Herrscher Böhmens, gegen den Protest der Abgesandten aus Prag. Das ehrwürdige Reich war zur Lachnummer verkommen.
    Für die Böhmen wurde die Farce zur Tragödie. Gerade mal einen Winter würde Friedrich an der Macht bleiben, hatten die Spötter prophezeit – das Etikett des »Winterkönigs« ist an ihm hängengeblieben. In Wirklichkeit regierte er etwas mehr als ein Jahr. Die Schlacht am Weißen Berg beendete am 8. November 1620 das pfälzische Intermezzo; tags darauf floh »der Feigling Friedrich« (Polišensky) mit seiner Familie aus Prag. An die Verteidigung der gut befestigten Stadt hatte niemand gedacht. Eine Woche lang ließen Herzog Maximilian und sein Feldherr Johann von Tilly den Söldnern freien Lauf. Im Trümmerhaufen hastig zurückgelassener Besitztümer des geflohenen Königs fand ein Wallone Friedrichs Hosenbandorden. Von Maximilian erhielt der Finder dafür 1000 Taler, ließ sich mit der hohen Auszeichnung des englischen Königshauses doch herrlich Propaganda machen: In katholischen Flugschriften wurde Friedrich von da an mit heruntergelassenen Hosen dargestellt.
    In Böhmen und Mähren wütete nun die Gegenreformation. Riesige Landstriche wechselten die Besitzer, 30.000 Familien mussten das Land verlassen. Dem neuen Statthalter Karl von Liechtenstein ebenso wie anderen katholischen Adligen, darunter einem aufstrebenden Obersten namens Albrecht von Wallenstein, wuchsen sagenhafte Reichtümer zu. Die Stände wurden entmachtet, die Wenzelskrone blieb im erblichen Besitz der Habsburger, die böhmische Staatskanzlei wurde nach Wien verlegt. Einigen führenden Rebellen wie Heinrich Matthias von Thurn gelang die Flucht. 27 von ihnen aber wurden am 21. Juni 1621 vor dem Altstädter Rathaus enthauptet; zwölf Köpfe sowie die rechte Hand des Grafen Schlick, der stets für Mäßigung plädiert hatte, zierten zehn Jahre lang den Altstädter Brückenturm, zur Abschreckung von Nachahmern.
    Die Entmachtung der Stände, von Habsburg-Geschichtsschreibern als Entwicklung zum modernen Staat gefeiert, prangert der Historiker Günter Barudio als »kriminelles Vorgehen« an. Selbst der konservative Wallenstein-Biograf Golo Mann tadelt Ferdinands Gleichschaltungspolitik: »Die Entvölkerung und der Ruin der Städte, die Vertreibung der Prediger, die Auswanderung und Flucht der Laien – das nahm überhaupt kein Ende, das schleppte sich weiter durch Jahre und Jahrzehnte.« Bei Ausbruch der Feindseligkeiten hatten die wenigsten Böhmen zu Rom gehört; an deren Ende waren Nicht-Katholiken eine verschwindend geringe Minderheit. Dazwischen lag ein blutiger Bruderzwist, brutale Unterdrückung, ethnisch-religiöse Säuberung, gefolgt von geschickter kultureller Einverleibung. Ein Vierteljahrhundert nach ihrer gescheiterten Revolution wehrten sich die Böhmen entschlossen gegen Bekehrungsversuche durch die protestantischen Schweden. Alles war unwichtig geworden: die utraquistische Religion, die Unabhängigkeit von Wien, die Befreiung von den Habsburgern. Wenn nur endlich Ruhe und Frieden einkehrten im Land!

AUFSTAND DER PFEFFERSÄCKE
    80 blutige Jahre dauerte es
bis zur Unabhängigkeit der Niederlande 1648.
    Von
    Johannes Saltzwedel
    A ngesehene Männer waren es, reiche Bürger und umsichtige Politiker, die da am 29. August 1618 verhaftet wurden. Doch der gute Ruf half ihnen nichts. Unter dem Vorwurf des Hochverrats wanderte Johan van Oldenbarnevelt, seit 32 Jahren als »Landesadvokat« wichtigster Staatsmann in der holländischen Republik, gemeinsam mit mehreren engen Vertrauten hinter Gitter; nach einem politischen Prozess wurde der 71-Jährige am 13. Mai 1619 mitten in Den Haag geköpft. Was wurde dem erfahrenen Lenker seines Landes zur Last gelegt? Eigentlich nur, dass er pragmatisch geblieben war – als Vertreter des Ausgleichs im komplizierten Gefüge dessen, was Europas Diplomaten die »Generalstaaten« nannten. Anderthalb Jahrzehnte hatte es seit dem Terrorregime des spanischen Statthalters Herzog von Alba und dem Volksaufstand der mehrheitlich calvinistischen Niederländer gedauert, bis unter Führung des charismatischen Wilhelm von Oranien im Norden

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