Der Dreissigjaehrige Krieg
die Kaiserin auf der Jagd in die Hände der Feinde geraten. Das schwedische Heer konnte mühelos über die gefrorene Donau setzen. Dann aber saßen die Truppen plötzlich in der Falle, weil Ende Januar Tauwetter einsetzte: »Und nun war den schwedischen Räuber-Horden der Rückweg abgeschnitten«, protokollierte Prior Friesenegger mit spürbarer Genugtuung, »und nicht wenige, die sich noch dem Eis als ihrer einzigen Zuflucht anvertrauten, ersoffen samt Beute in der Donau.«
Doch solche Rückschläge blieben vereinzelt. Frankreich entwickelte sich dank seiner Bündnisse während der letzten Phase des Dreißigjährigen Krieges immer mehr zur dominierenden Macht in Mitteleuropa. Nach ihrem Sieg in der zweiten Schlacht von Breitenfeld im November 1642 war die schwedisch-französische Übermacht so drückend, dass Paris sich von nun an ganz auf den Kampf in den Spanischen Niederlanden konzentrieren konnte.
Im Mai 1643 erlitt die spanische Flandernarmee bei Rocroi, im heutigen Département Ardennes, eine vernichtende Niederlage. Es war das militärische Gesellenstück des 22-jährigen, seit kurzem mit einer Nichte Richelieus verheirateten Louis II. de Bourbon, des späteren Prince de Condé. An seiner Nordgrenze entlastet und im Besitz des Elsass, wandte sich Frankreich als Nächstes gegen Süddeutschland. Der Abt von Andechs schrieb: »Da die Französisch-Schwedische Armee Württemberg schon großen Teils besetzet und schon manchen Ausfall in Schwaben machte, so konnten wir nichts anderes als voll Angst an unsere Flucht denken.« Fürs Erste indessen konnte der bayerische General Johann von Werth im November 1643 bei Tuttlingen die Invasionstruppen zurückwerfen; acht Monate später bestätigte eine verlustreiche Schlacht bei Freiburg im Breisgau noch einmal dieses Resultat.
Schweden konnte es sich nun sogar leisten, seine Armee zweizuteilen. Abgesichert durch ein Kriegsbündnis mit Siebenbürgen im Rücken des Kaisers, überfiel General Lennart Torstensson im Herbst 1643 Dänemark. Während Schweden damit endgültig zur nordeuropäischen Großmacht aufstieg, musste der besiegte Ostsee-Konkurrent erhebliche Gebietsverluste hinnehmen und Zollfreiheit im Sund gewähren. Auch das Herzogtum Pommern und die Bistümer Bremen und Verden in Deutschland wurden schwedisch; sie blieben es bis zum Ende des Alten Reiches 1806.
Im Dezember 1644 begann der Friedenskongress in Münster, aber das dämpfte die militärischen Ambitionen keineswegs. So schlug am 6. März 1645 ein schwedisch-protestantisches Heer bei Jankau in Böhmen die kaiserliche Armee so vernichtend, dass Kaiser Ferdinand III . den Gegnern fortan praktisch schutzlos ausgeliefert war. Die gewohnten spanischen Unterstützungsgelder blieben aus, und besonders schwächte den Habsburger, dass Siebenbürgens Fürst Georg Rákóczi, der fast ganz Ungarn besetzt hatte, damit drohte, auf Seiten Frankreichs in den Krieg einzutreten. Österreichs Schmach steigerte sich, als Schwedens Armee, eine Spur der Verwüstung hinterlassend, bis vor die Tore der Kaiserstadt Wien rückte. Gleichzeitig drängten aus dem Westen die Franzosen. Im Mai konnte der französische Angriff noch einmal abgewehrt werden, doch im August 1645 unterlag das bayerische Heer in der Schlacht von Alerheim nahe Nördlingen. Große Teile Süddeutschlands waren nun in französischer Hand.
Die regionale Katastrophe ergab Sinn vor allem in einem größeren Zusammenhang: Mit der Besetzung Lothringens und des Elsass sowie Süddeutschlands hatte General Henri de la Tour d’Auvergne, Vicomte de Turenne (1611 bis 1675), ein Schwiegersohn Wilhelms I. von Nassau-Oranien, 1646 die spanische Militärstraße endgültig zerstört. Die Spanischen Niederlande waren nun vom Nachschub auf dem Landweg abgetrennt.
Zwischen 1646 und 1648 brachten zwei weitere französisch-schwedische Verwüstungsfeldzüge Süddeutschland in Not. Der Abt von Andechs beobachtete im September 1646 auf seiner Flucht »Dinge, die kaum auszuhalten waren«: ganze Trecks obdachloser Familien. »Ich sah Kinder, davon jedes mit seinem Päckchen daher weinte, Mütter, die mehrere Kinder, 2 auf dem Rücken und eines auf den Armen daherschleppten, Männer, die ihre Karren mit Kleidern, Nahrungs-Mitteln, Kranken und Kindern beladen, mühsam dahinzogen, oder ein oder mehrere Stücke Vieh vor ihnen hertrieben, und dieß waren meistens meine lieben Untertanen und sonst geschätzte Nachbarn. Wenn ich fragte, wohin sie ziehen wollen (und ich fragte nur einmal,
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