Der Dreissigjaehrige Krieg
nicht übertreiben: Mitteleuropa war einige Jahre in Agonie versetzt, besaß aber genügend Energie und Ressourcen für einen Wiederaufbau aus eigener Kraft.
Trotz dreier schlimmer Kriegsjahre konnte Abt Friesenegger nach seiner Rückkehr aus dem Salzburger Exil Ende 1648 folgende Bilanz ziehen: »Mein Kloster fand ich bei meiner Rückkehr ganz unverletzt. Der Getreidekasten war aber ganz leer … Pferde und Vieh befanden sich an Zahl und Güte in besserem Stand, als ich mir zu hoffen gewagt hatte, und das gab uns Hoffnung, unsere Ökonomie bald wieder herzustellen. … Wenn man hierorten schon Schaden gelitten, hatte man doch nicht so viel zu klagen, wie in andern, weiter entlegenen Orten.«
»O BUB LAUF WEG«
Das Kriegstrauma im Spiegel von
Grimmelshausens »Simplicissimus«
Wie eine Naturgewalt steht Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen quer in der gelehrt-barocken Literaturwelt seines Jahrhunderts. Geboren 1621 oder 1622 in Gelnhausen, durchlitt er lange Schreckensjahre: Anfang 1635 verschleppten ihn kroatische Söldner; der Halbwüchsige musste in der Armee des Kaisers dienen, vorwiegend am Oberrhein. Zum Regimentsschreiber aufgestiegen, konnte er nach dem Friedensschluss heiraten und verdingte sich als Gutsverwalter. 1667 wurde der inzwischen kinderreiche Mann Schultheiß von Renchen in der Rheinebene, wo er 1676 starb.
»Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch«, sein seit 1668 pseudonym erschienenes Hauptwerk, ist ein bitter-buntes, autobiografisch gefärbtes Panorama der Zeit in Form eines Schelmenromans. Der ungeheure Erfolg regte Autor wie Nachahmer zu etlichen Fortsetzungen und Seitenstücken an.
Schon im vierten Kapitel seiner Lebensgeschichte erfährt der Bauernsohn Simplicius von Gott und der weiten Welt ausgerechnet durch Plünderung, Folter, Vergewaltigung und Mord.
So erfordert jedoch die Folge meiner Histori, daß ich der lieben Posterität hinterlasse, was für Grausamkeiten in diesem unserm Teutschen Krieg hin und wieder verübet worden, zumalen mit meinem eigenen Exempel zu bezeugen, daß alle solche Übel von der Güte des Allerhöchsten, zu unserm Nutz, oft notwendig haben verhängt werden müssen: Denn lieber Leser, wer hätte mir gesagt, daß ein Gott im Himmel wäre, wenn keine Krieger meines Knans [Vaters] Haus zernichtet und mich durch solche Fahung [Gefangennahme] unter die Leut gezwungen hätten, von denen ich genugsamen Bericht empfangen? […] Das erste, das diese Reuter taten, war, daß sie ihre Pferd einstellten, hernach hatte jeglicher seine sonderbare Arbeit zu verrichten, deren jede lauter Untergang und Verderben anzeigte, denn obzwar etliche anfingen zu metzgen, zu sieden und zu braten, daß es sah, als sollte ein lustig Bankett gehalten werden, so waren hingegen andere, die durchstürmten das Haus unten und oben, ja das heimlich Gemach [Abort] war nicht sicher […] Andere machten von Tuch, Kleidungen und allerlei Hausrat große Päck zusammen, als ob sie irgends ein Krempelmarkt anrichten wollten, was sie aber nicht mitzunehmen gedachten, wurde zerschlagen, etliche durchstachen Heu und Stroh mit ihren Degen, als ob sie nicht Schaf und Schwein genug zu stechen gehabt hätten, etliche schütteten die Federn aus den Betten, und fülleten hingegen Speck, andere dürr Fleisch und sonst Gerät hinein, als ob alsdann besser darauf zu schlafen gewesen wäre; Andere schlugen Ofen und Fenster ein, gleichsam als hätten sie ein ewigen Sommer zu verkündigen, Kupfer und Zinnengeschirr schlugen sie zusammen, und packten die gebogenen und verderbten Stück ein, Bettladen, Tisch, Stühl und Bänk verbrannten sie, da doch viel Klafter dürr Holz im Hof lag, Hafen und Schüsseln mußte endlich alles entzwei, entweder weil sie lieber Gebraten aßen, oder weil sie bedacht waren, nur ein einzige Mahlzeit allda zu halten; unser Magd ward im Stall dermaßen traktiert, daß sie nicht mehr daraus gehen konnte, welches zwar eine Schand ist zu melden! Den Knecht legten sie gebunden auf die Erd, stecketen ihm ein Sperrholz ins Maul, und schütteten ihm einen Melkkübel voll garstig Mistlachenwasser in Leib, das nenneten sie ein Schwedischen Trunk, wodurch sie ihn zwangen, eine Partei anderwärts zu führen, allda sie Menschen und Vieh hinwegnahmen, und in unsern Hof brachten, unter welchen mein Knan, mein Meuder und unser Ursele auch waren.
Da fing man erst an, die Stein von den Pistolen, und hingegen an deren Statt der Bauren Daumen aufzuschrauben, und die armen Schelmen so zu foltern,
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