Der Dreissigjaehrige Krieg
als 18.000 derselben, und so verhielt es sich auch mit Ulm.«
Ihre Furcht und die tatsächlichen Erlebnisse brachten viele Menschen zum Schreiben, so dass es gerade aus der letzten Kriegsphase besonders viele aufschlussreiche Selbstzeugnisse gibt. Neben lokalen Chronisten sind es Privatpersonen und örtliche Autoritäten, die ihre Eindrücke schildern, darunter Kirchenleute aller Konfessionen, aber auch Fürsten und Stadtbürger, vereinzelt sogar Bauern oder Soldaten. Manche dieser Lebensberichte sind inzwischen Klassiker ihres Genres.
Warum war Frankreich an einer Verlängerung des Krieges interessiert? 1620 hatten spanische Truppen die Graubündner Alpenpässe besetzt, um die »spanische Heerstraße« über das Herzogtum Mailand, die spanische Freigrafschaft Burgund und Luxemburg bis in die Spanischen Niederlande abzusichern. Das aber wirkte aus der Sicht Frankreichs vor allem als bedrohliche Einkreisung. Im Gegenzug hatte Frankreich daher unter Kardinal Richelieu das zum Reich gehörende Herzogtum Lothringen eingenommen und seit den 1620er Jahren ein Bündnissystem geknüpft, das unabhängig von der religiösen Zugehörigkeit die Gegner Habsburgs versammelte: die islamischen Osmanen – die allerdings gerade durch einen Krieg mit Persien beschäftigt waren – ebenso wie die calvinistischen Fürsten von Siebenbürgen und die niederländischen Generalstaaten, die katholische Seerepublik Venedig und einige deutsche Fürsten wie den Erzbischof von Trier oder den protestantischen Söldnerführer Bernhard von Sachsen-Weimar, dazu das lutherische Schweden. Zur Zeit des Prager Friedens hatte Paris also seinen Angriff nicht nur auf Spanien, sondern auch in Deutschland gut vorbereitet.
Zunächst attackierte Frankreich 1635 im Zusammenspiel mit den holländischen Generalstaaten die Spanischen Niederlande, mit anfangs denkbar bitteren Folgen: Kardinalinfant Ferdinand, ein Bruder des spanischen Königs, drang bei seinem Gegenangriff fast bis Paris vor. Erst nachdem die Armee der Generalstaaten am 10. Oktober 1636 die Festung von Breda eingenommen hatte, wendete sich das Kriegsglück allmählich zugunsten Frankreichs. Schweden hatte seinen Waffenstillstand mit Polen 1635 verlängert und konnte daraufhin Truppen aus Preußen und dem Baltikum nach Norddeutschland verlegen. Das Bündnis der Ostseemacht mit Frankreich sah eine Zangenbewegung gegen die habsburgischen Erblande vor. Doch der Plan war nicht leicht auszuführen. Erst 1638 konnte der schwedische Oberbefehlshaber Johan Banér in Richtung Böhmen marschieren. Gleichzeitig eroberte der protestantische Söldnerführer Bernhard von Sachsen-Weimar im Auftrag Frankreichs die Festung Breisach und damit das habsburgische Elsass.
Breisach war seit Jahren von einer spanischen Garnison gehalten worden, die nicht militärisch besiegt werden konnte. Die Belagerung der Stadt begann im Juni und zog sich bis zum 17. Dezember 1638 hin. Wie die Chroniken berichten, musste die Stadt am Ende aus Hungersnot übergeben werden: Selbst Pferde- und Rattenfleisch reichte nicht mehr zur Ernährung der Einwohner aus; sogar tote Menschen sollen gegessen, ja Kinder auf den Straßen heimlich gefangen und geschlachtet worden sein. Nach dem Fall von Breisach lag Süddeutschland offen für die Invasion. »Also beschließen wir dieses Jahr wieder in Furcht und Schröcken«, schrieb der Prior von Andechs, »vielleicht noch schröcklicher, wenn wir nicht fast schon an alles Übel gewöhnt wären.«
Wenig später allerdings starb Bernhard von Weimar, und der Krieg verlagerte sich auf andere Schauplätze. 1639 drangen die Schweden unter Banér wieder in Böhmen ein und legten zahlreiche Städte in Schutt und Asche. In Katalonien und Portugal brachen 1640 mit französischer Unterstützung Aufstände aus. Tatsächlich erreichte das seit 1580 mit Spanien verbundene Königreich Portugal unter Johann von Braganza (1604 bis 1656) die noch heute bewahrte Unabhängigkeit. Scharenweise desertierten in den Niederlanden portugiesische Soldaten, um über Amsterdam in ihre Heimat zu gelangen; Holland half dabei natürlich gern. Auch der Aufstand in Katalonien diente Frankreichs Interessen: Langfristig sollte er im Pyrenäenfrieden von 1659 dazu führen, dass das Roussillon um die Stadt Perpignan französisch blieb.
Durch die Oberpfalz drangen um die gleiche Zeit schwedisch-französische Truppen brennend und sengend bis Regensburg vor, wo sie Anfang des folgenden Jahres sogar den Reichstag bedrohten. Beinahe wäre
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