Der Dreissigjaehrige Krieg
als wenn man hätt Hexen brennen wollen, maßen sie auch einen von den gefangenen Bauren bereits in Backofen steckten, und mit Feuer hinter ihm her waren, ohnangesehen er noch nichts bekannt hatte; einem andern machten sie ein Seil um den Kopf und reitelten [drehten] es mit einem Bengel [Holzscheit] zusammen, daß ihm das Blut zu Mund, Nas und Ohren heraus sprang. In Summa, es hatte jeder seine eigene Invention, die Bauren zu peinigen, und also auch jeder Bauer seine sonderbare Marter: Allein mein Knan war meinem damaligen Bedünken nach der glückseligste, weil er mit lachendem Mund bekennete, was andere mit Schmerzen und jämmerlicher Weheklag sagen mußten, und solche Ehre widerfuhr ihm ohne Zweifel darum, weil er der Hausvater war, denn sie setzten ihn zu einem Feuer, banden ihn, daß er weder Händ noch Füß regen konnte, und rieben seine Fußsohlen mit angefeuchtem Salz, welches ihm unser alte Geiß wieder ablecken, und dadurch also kitzeln mußte, daß er vor Lachen hätte zerbersten mögen; das kam so artlich, daß ich Gesellschaft halber, oder weil ichs nicht besser verstund, von Herzen mitlachen mußte: In solchem Gelächter bekannte er seine Schuldigkeit, und öffnet’ den verborgenen Schatz, welcher von Gold, Perlen und Kleinodien viel reicher war, als man hinter Bauren hätte suchen mögen.
Von den gefangenen Weibern, Mägden und Töchtern weiß ich sonderlich nichts zu sagen, weil mich die Krieger nicht zusehen ließen, wie sie mit ihnen umgingen: Das weiß ich noch wohl, daß man teils hin und wider in den Winkeln erbärmlich schreien hörte, schätze wohl, es sei meiner Meuder und unserm Ursele nit besser gangen als den andern. Mitten in diesem Elend wendet ich Braten, und half nachmittag die Pferd tränken, durch welches Mittel ich zu unserer Magd in Stall kam, welche wunderwerklich zerstrobelt aussah, ich kennete sie nicht, sie aber sprach zu mir mit kränklicher Stimm: ,»O Bub lauf weg, sonst werden dich die Reuter mitnehmen, guck daß du davonkommst, du siehest wohl, wie es so übel«; mehrers konnte sie nicht sagen.
Da machte ich gleich den Anfang, meinen unglücklichen Zustand, den ich vor Augen sah, zu betrachten, und zu gedenken, wie ich mich förderlichst ausdrehen möchte; wohin aber? dazu war mein Verstand viel zu gering, einen Vorschlag zu tun, doch hat es mir so weit gelungen, daß ich gegen Abend in Wald bin entsprungen … Als aber der Morgenstern im Osten hervorflackerte, sah ich meines Knans Haus in voller Flamme stehen, aber niemand der zu löschen begehrte; ich begab mich hervor, in Hoffnung, jemand von meinem Knan anzutreffen, wurde aber gleich von fünf Reutern erblickt, und angeschrien: »Junge, komm heröfer, oder schall mi de Tüfel halen, ick schiete dik, dat di de Dampf zum Hals utgaht.« Ich hingegen blieb ganz stockstill stehen, und hatte das Maul offen, weil ich nicht wußte, was der Reuter wollte oder meinte, und indem ich sie so ansah, wie ein Katz ein neu Scheurtor, sie aber wegen eines Morastes nicht zu mir kommen konnten, welches sie ohn Zweifel rechtschaffen vexierte [wurmte], lösete der eine seinen Karbiner auf mich, von welchem urplötzlichen Feuer und unversehnlichem Klapf [Knall], den mir Echo durch vielfältige Verdoppelung grausamer machte, ich dermaßen erschreckt ward, weil ich dergleichen niemals gehöret oder gesehen hatte, daß ich alsobald zur Erden niederfiel, ich regete vor Angst keine Ader mehr, und wiewohl die Reuter ihres Wegs fortritten, und mich ohn Zweifel für tot liegen ließen, so hatte ich jedoch denselbigen ganzen Tag das Herz nicht, mich aufzurichten.
SCHWEDISCHES COMEBACK
Mit dem Sieg bei Wittstock 1636 festigten die Skandinavier
ihre fast schon verlorene Machtposition.
Von
Dietmar Pieper
A ufregende Nachrichten sind es, mit denen die schwedischen Späher gegen Abend in ihr Lager zurückkehren. Der Feind marschiert wieder! Die kaiserliche Truppe hat ihre sichere Position vor Perleberg aufgegeben und sucht den Zusammenschluss mit einer verbündeten Armee, die tiefer im Osten operiert. Nun ist höchste Eile geboten. Johan Banér, der schwedische Feldmarschall, weiß genau: Er muss verhindern, dass seine Gegner übermächtig werden. Also Aufbruch am nächsten Morgen.
Banér, ein harter, unbarmherziger Heerführer, treibt seine Männer zu einem Gewaltmarsch an. Für ihn, den ranghöchsten Offizier der schwedischen Krone auf deutschem Boden, geht es jetzt um alles. Die nächste Niederlage könnte mehr sein als nur eine verlorene
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