Der Dreitagemann - Der Dreitagemann - The Pursuit of Alice Thrift
Variante, so als hätte er noch nie in seinem Leben von einer derart kometenhaften Karriere gehört. Wenn das nicht Balsam für meine Seele war, die täglich mit Füßen getreten wurde! Ein willkommener Ausgleich zu den Beurteilungen meiner Leistung als fachmännisch und meiner sozialen Kompetenz als unterkühlt . Hatte ich nicht schon die längste Zeit darauf gewartet, dass mich endlich jemand bewunderte?
»Ich bin bestimmt nicht die erste Ärztin, die Ihnen bisher über den Weg gelaufen ist. Sie hatten doch sicher Schulkameradinnen, die Medizin studiert haben.«
»Ob Sie’s glauben oder nicht - nein.«
»Uns gibt’s zu Tausenden, wenn nicht zu Millionen. Ein Drittel meiner Kommilitonen war Frauen.«
»Na, so soll es sein. Ich persönlich war jedenfalls heilfroh, dass Sie damals ins Sprechzimmer kamen. Das hat mir mehr geholfen, als wenn irgendein Typ zu mir gesagt hätte: ›Mit Ihrer Nase ist alles in Ordnung.‹ Da hätte ich vielleicht gedacht, dass der mich hässlich bleiben lassen will, damit er nicht noch mehr Konkurrenz kriegt.«
Ich hoffte, er habe das im Scherz gesagt, aber humoristisches Verständnis war noch nie meine Stärke. Ich fragte ihn, ob ich damals irgendwelche Messungen angestellt oder seine Krankengeschichte aufgenommen habe.
Noch immer lächelnd sagte er: »Sie können sich überhaupt nicht an mich erinnern, stimmt’s?«
»Doch, doch. Langsam dämmert’s mir wieder«, und - mit einem Blick auf seine Nase im Profil - »Ich bin keine Schönheitschirurgin. Ich war bloß zur falschen Zeit am falschen Ort.«
»Ganz im Gegenteil. Ihnen hab ich es zu verdanken, dass ich mich mit meiner Nase abgefunden habe und schaue, was draus wird. Ich kenn ein paar Typen, die sich die Nase operieren haben lassen - nicht, dass sie bei irgendwelchen Koryphäen gewesen wären -, aber mir kommen die jetzt ziemlich unecht vor.«
Um nur ja niemandem auf die Zehen zu steigen - falls jemand von den verdienteren Ärzten zuhörte -, sagte ich: »Wir haben ein paar richtige Künstler bei uns im Haus. Sie sollten sich mal die Vorher-/Nachher-Fotos ansehen. Die sind wirklich ermutigend.«
Doch er winkte ab. »Ich könnte bei der Operation draufgehen, und dann steht in meiner Todesanzeige: Starb, ohne je krank gewesen zu sein. Auf der Jagd nach einem schöneren Gesicht. Was würde mein Pa von mir denken? Von ihm habe ich meine Nase schließlich geerbt.«
»Vollnarkose ist immer ein Risiko, und natürlich gibt es Schwellungen und Ekchymosen, aber ich bezweifle, dass bei uns jemals ein Patient bei einer Nasenkorrektur ums Leben kam.«
Wieder lächelte er. Er tätschelte mir die Hand und sagte: »Sie sind ein ernster Mensch, stimmt’s?«
Ich konnte das nur bestätigen. Ich war ein ernster Säugling gewesen, ein ernstes Kind, ein ernster Teenager, eine ernste Studentin. Und nun war ich eine ernste Erwachsene. Und würde es auch bleiben.
»Nicht die schlechteste aller menschlichen Eigenschaften.«
»Es käme mir aber in allen Lebensbereichen sehr zugute, wenn ich ein wenig geselliger wäre.«
»Eine total überschätzte Eigenschaft. Jeder Dödel, jeder Discjockey, jeder Vertreter, jede Kellnerin kann gesellig sein. Aber die können nicht, was Sie können.«
Das klang beinahe logisch. Er fragte, ob eine Tasse Kaffee zum Abendessen wirklich reichte. Vielleicht wollte ich mich ja an einen der Tische setzen und einen Hamburger essen. Oder wir könnten irgendwo hingehen und uns eine Karaffe Wein zusammen gönnen.
Ich lehnte ab.
»Mein Wagen steht hier im Parkhaus. Ich hab mich auf einen reservierten Parkplatz gestellt, weil ich mir dachte, dass die meisten Ärzte eh schon weg sind.« Er zog ein dickes Bündel Geldscheine aus der Tasche, das eine Klammer in Form eines Dollarzeichens zusammenhielt. Er blätterte es vor und zurück und sagte dann, er habe nichts Kleineres als einen 50-Dollar-Schein.
»Ich hab’s klein.«
Mit der Bezahlung der $ 2.10 hatte ich anscheinend stillschweigend eine Einladung zum Abendessen angenommen, denn gleich darauf half er mir in meinen Parka und führte mich ein paar Stufen hinauf und durch eine Tür mit der Aufschrift Garage . Unter dem Schild Reserviert für Dr. Hamid stand Rays tief gelegter roter Wagen. Das Lenkrad war mit schwarzem Leder überzogen.
»Richtig angeschnallt? Genug Platz für die Beine?« Er streichelte das Armaturenbrett und sagte: »Hab mir gerade heute Winterreifen montieren und Öl wechseln lassen.«
»Ich habe nie Auto fahren gelernt.«
Er lachte, als
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