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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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Rabbis sind.«
    »Und so weiter«, unterbrach O’Hanrahan. »Raten Sie mal, an wen Morey die Bücher verkaufen will! Raten Sie!«
    Der Rabbi blieb ruhig. »Ich habe meine Fühler ausgestreckt und mir vorgestellt, daß ich vielleicht ein paar tausend Dollar dafür bekommen würde. Dann habe ich eine Anzeige in ein amerikanisches Baptist Conference Magazine gesetzt und peng – die BobJones-University bietet mir 45.000 Dollar für die gesamte Bibliothek. Von Oral Roberts habe ich auch ein verdammt gutes Angebot.«
    Der Professor war entrüstet. »Lucy, können Sie sich das vorstellen? Eine erstklassige Bibliothek an Bob Jones zu verkaufen? Warum nicht an eine Abteilung für Judaica an irgendeinem kleinen College in Brooklyn?« Während die beiden Freunde debattierten, begnügte Lucy sich damit, die vorbeipromenierenden Israelis zu betrachten, manche sahen weltlich-modern aus, andere ultraorthodox und streng. Zwei ernste chassidische Jungen hielten männliche amerikanische Touristen auf und baten sie um eine Minute Zeit; und wenn die Leute stehenblieben, fragten sie, ob sie Juden seien. Wenn nicht, wurden sie flüchtig willkommen geheißen; waren sie aber Juden, wurden sie zu einem Gottesdienst eingeladen und sofort in eine Diskussion verwickelt: Warum trugen sie keine Yarmulke auf dem Kopf? Wo hatten sie an Gebeten teilgenommen? Was taten sie am Sabbat? Warum hatten sie nicht den Talmud, die Mischna, die Pirke Avoth studiert? Warum gab es in Amerika diese ganze Dekadenz? Aber der Teufel war erst los, wenn die Unschuldigen sich als Reformjuden entpuppten. Das Ritual des Judaismus ist der Streit, dachte Lucy. »Und dann sind diese Typen in ihren Anzügen hereingekommen und haben sich zu mir gesetzt«, sagte der Rabbi gerade. »Und haben mich etwas gefragt, was
    ich euch jetzt fragen will: Habt ihr jeden Satz ›Der Flug des Adlers‹ gehört?«
    »›Flug des Adlers‹?« fragte O’Hanrahan zurück.
    »Genau was ich sagte. Ich habe gefragt, warum diese Knacker von der israelischen Regierung das wissen wollten, und sie antworteten, das könnten sie mir nicht sagen, sie wollten nur wissen, ob ich das schon einmal gehört hätte. Komisch.«
    O’Hanrahan berichtete von seinem Aneinandergeraten mit geheimnisvollen Behörden. »Wir haben heute Morgen auch einen komischen Besuch gehabt. Einen Clem Underwood, der angeblich in Griechenland an der amerikanischen Botschaft arbeitet. Er hat geholfen, mich nach meinem Ärger auf dem Berg Athos aus der Patsche zu ziehen.«
    »Was wollte er?«
    O’Hanrahan verdrehte die Augen gen Himmel. »Wer weiß? Ich hielt es für seltsam, daß ein Beamter vom Konsulat in Thessaloniki einen Trip nach Israel macht, um mich nach meiner Gesundheit zu fragen. Also habe ich bei der Botschaft angerufen und gefragt, ob ich Underwood persönlich sprechen könne, und so getan, als wollte ich mich noch einmal bei ihm bedanken … und weißt du, was? Bei der Botschaft in Griechenland ist kein Underwood beschäftigt?« Lucy richtete sich auf.
    All diese anderen, die hinter ihnen herreisten, erbosten den Rabbi, der ungeduldig rief: »Ist Pater Vico käuflich? Ich habe daran gedacht, diesen Burschen zu bestechen, damit er uns das Matthäusevangelium aushändigt. Wie lange wird es dauern, bis jemand anders es stiehlt?« O’Hanrahan trank sein Glas aus. Er hätte es um sein Leben nicht zugegeben, aber ihm war es lieber, daß die Rolle dort blieb, wo sie war. An einem Ort, bei dem er, Patrick O’Hanrahan, der Mittelsmann war. Wer konnte sagen, was passieren würde, wenn die Hebräische Universität die Rolle erst wiederhatte? Man könnte sie anderen Gelehrten anvertrauen. Mordechai Hersch könnte eine Überset zergruppe zusammenrufen, die sie unterstützen sollte, darunter Pater Beaufoix. Rabbi Hersch war es vollkommen gleichgültig, wer das Ansehen und die Ehre einheimsen würde; er wollte nur, daß die Rolle übersetzt würde, damit er sein Josephus-Buch fertigstellen konnte. O’Hanrahan klatschte in die Hände, als wolle er diese Entwicklung abwenden. »Erzähl uns eine Geschichte, Rabbi.«
    Lucy, die den billigen, süßen Rotwein genoss und sich auf dem Berg Zion beschwipst und wohl fühlte, zog die Beine an den Körper und machte es sich auf ihrem Stuhl bequem.
    »In Ordnung«, erwiderte der Rabbi. »Aber ich erwarte eine Interpretation von Ihnen, kleines Mädchen. Es ist eine Geschichte über Elimelech von Liz hensk , der 1786 gestorben ist, ein Schüler keines Geringeren als des Dov Baer von

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