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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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finden konnte. Er dachte nach über Mustafa al-Waswasah und die vielen anderen Palästinenser, die von den jüdischen Intellektuellen und der Universitätsgemeinde profitierten, die von so vielen Arabern verachtet wurden. Was für eine Banausenstadt war Jerusalem vor der Besetzung durch Israel gewesen. König Hussein von Jordanien ließ die christlichen Kirchen in Trümmern liegen und weiter verfallen; Juden durften nicht an der Klagemauer beten. Palästinenser und Philister entstammen derselben Wurzel, dachte O’Hanrahan – ein Grund dafür, daß es im Nahen Osten immer nur dieselben Konflikte gab, die von jeder Generation in endloser Reihe neu ausgetragen wurden. »Zum Hotel El-Khodz, mein Freund?« fragte der palästinensische Taxifahrer noch einmal nach.
    Dank seines Umgangsarabisch war O’Hanrahan gegen Betrügereien ziemlich gefeit. Da der Fahrer gesprächig war, riskierte der Professor eine Frage: »Was halten Sie von dem Einmarsch des Irak in Kuwait und von Saddam Hussein?«
    »Die Welt ist verrückt, wenn sie glaubt, ihn aufhalten zu können«, antwortete der Fahrer höflich. »Ich glaube, daß nicht einmal die Juden ihn aufhalten können. Er ist ein Held.«
    »Er ist ein Ungeheuer, wissen Sie.«
    »Sie wissen nur, was Ihre Regierung Ihnen erzählt, der CIA …« Aber der Taxifahrer war zu intelligent, um sich mit der wahnhaften Rhetorik zufriedenzugeben, auf die Palästinenser sich so gut verstanden. »Nein, er ist ein w irklich schlimmer Typ. Aber Sha mir auch. Saddam kann vielleicht die West Bank befreien und Israel zerstören. Für die Palästinenser ist er die große Hoffnung – verstehen Sie nicht?« Shamir und diese halsstarrigen Typen vom Likud-Block werden mit den Palästinensern niemals wirklich verhandeln, es sei denn für einen sehr einseitigen Frieden, dachte O’Hanrahan. Kein Zweifel, viele Palästinenser werden, so wie die Morgenausgabe der Jerusalem Times berichtete, nach Bagdad gehen, um für Saddam Hussein zu sterben, da er gelobte, chemische Waffen gegen Israel einzusetzen, wenn es zu Problemen kommen sollte. Genau die Art von Unheil, die sie bejubeln. »Wir werden verfolgt«, sagte der Fahrer nebenbei, als ob das eine Bagatelle wäre.
    O’Hanrahan drehte sich rasch um und sah einen schwarzen Mercedes hinter ihnen herfahren. »Sind Sie sicher?«
    »O ja.«
    Der Taxifahrer bog in eine schmale Straße ein, die dem Schild nach nur für Fußgänger war. Er hatte das Fenster heruntergedreht und nickte lachend allen Leuten zu, die er in dieser engen Gasse behinderte; palästinensische Frauen und Kinder drängten sich in die Hauseingänge, damit das Auto vorbeikam. Ein solches Manöver ist ihnen vielleicht schon vertraut, dachte O’Hanrahan. Dann erkannte der Fahrer drei Männer, die in einem Café saßen; sie winkten und lachten und taten so, als würden sie sich beschimpfen. Ein Junge hielt drei gackernde Hühner fest, die versuchten, sich von der Schnur zu befreien, die ihre Klauen zusammenhielt. O’Hanrahan sah über die Schulter – der schwarze Mercedes hatte tatsächlich nicht versucht, ihnen zu folgen.
    Der Fahrer bog in eine noch engere Gasse ein, die wieder auf eine Hauptstraße führte. Ein arabischer Zeitungsverkäufer, der mehrere Blätter mit einem großen, schlecht gedruckten Konterfei des heroisch lächelnden Saddam Hussein feilbot, rückte seinen improvisierten Holzstand zur Seite, damit das Taxi sich durchschlängeln konnte. »Shukran«, sagte O’Hanrahan, der nach weiteren Ausdrücken des Lobes auf arabisch für dieses gelungene Entkommen suchte. »Sie sind ein Freund der Palästinenser, nicht wahr?« fragte der Fahrer. »Sie sprechen die arabische Sprache.«
    »Ja, ich bin ein Freund«, bestätigte O’Hanrahan, der nicht das Gefühl hatte, sich damit für Terroristen Aktionen der PLO auszusprechen. »Sie haben meine Sympathie.«
    »Immer mehr Amerikaner«, sagte der Taxifahrer, als er das Taxi vor dem Seiteneingang des Hotels anhielt, »sehen allmählich, wie wir bluten.«
    »Das ist wahr«, erwiderte O’Hanrahan, der nicht einen Augenblick glaubte, daß der stämmige Fahrer mit seinem teuren Taxi inmitten des israelischen Wohlstands allzu viel Entbehrung und Härte erduldet hatte. »Lassen Sie sich nicht vom Mossad erwischen!« lachte der Taxifahrer. O’Hanrahan fragte sich, ob der schwarze Mercedes wirklich vom Mossad kam. Kein Mossad-Agent würde ein Auto so offensichtlich verfolgen … oder gehörte das vielleicht zur gewaltsamen Taktik des modernen Israel?

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