Der dreizehnte Apostel
das im Frühjahr vorgefallen ist …« »Dieser kleine Bastard?«
»Er sagte, als er und Dr. O’Hanrahan nach Rom gefahren seien, um die Rolle zu kaufen, hätten sie Sie in Jerusalem zurückgelassen. Aber dann ist Gabriel Ihnen in Rom über den Weg gelaufen, als Sie versucht haben, die Schriftrolle heimlich, hinter O’Hanrahans Rücken, zu kaufen.«
»Wollen Sie mir das vorwerfen?« fragte der Rabbi. »Es sieht nicht besonders nett aus, aber mein Verdacht gegen Gabriel hat sich als richtig erwiesen, nicht wahr? Hey, ich lebe seit vierzig Jahren in Jerusalem, ich habe meine Informationsquellen. Ich habe gehört, daß die Franziskaner versuchen wollten, den Matthias zu stehlen – und hatte ich nicht recht? Wie? Also bin ich als Verstärkung nach Rom gefahren. Paddy hat das Hotel verlassen, nachdem Gabriel verschwunden war, und so bin ich nie dazu gekommen, Kontakt zu ihm aufzunehmen.« Er machte eine Pause und sammelte seine Gedanken. »Schauen Sie, kleines Mädchen. Ich habe Patrick O’Hanrahan aufgefordert, zusammen mit mir an diesem Projekt zu arbeiten, erinnern Sie sich? Wenn ich die Schriftrolle in Rom bekommen hätte, hätte ich Paddy zu mir nach Jerusalem geholt, um dort mit ihm daran zu arbeiten. Jede Unterstellung, ich w ürde gegen ihn intrigieren – ob wohl er in erster Linie durch mich hier ist – ist einfach Quatschl«
Tatsächlich, was Gabriel betraf, war der Instinkt des Rabbis richtig gewesen … und wahrscheinlich trog ihn sein Instinkt auch nicht, wenn er meinte, daß O’Hanrahan die Kontrolle über sein Leben verlor. Vielleicht war das Matthäusevangelium eine Aufgabe für Pater Beaufoix, eine Aufgabe für ein Team etablierter Wissenschaftler – nicht für einen verrückten alten Mann, der den Freundschaftssinn des Rabbis stark strapaziert hatte, und auch nicht für eine durchschnittliche Doktorandin aus Chicago.
»Sind Sie denn in Sicherheit dort?« fragte der Rabbi.
Lucy war sich bewusst , daß sie weinerlich und kindisch klang, aber sie war nahe daran, dem Rabbi das Schlimmste zu erzählen. »Eigentlich nicht. In Kairo ist jemand in unser Hotelzimmer eingedrungen. O’Hanrahan trägt die Rolle die meiste Zeit bei sich; wer also auch immer es war, er hat sie nicht gefunden. Dann haben wir das Hotel gewechselt, und am nächsten Tag ist dasselbe passiert. Wir haben beschlossen, nicht mehr mit der Kreditkarte der Merriwether Industries zu bezahlen – irgendjemand benutzt sie offenbar, um uns auf der Spur zu bleiben.«
»Was haben Sie dann für Geld zur Verfügung?«
»Dr. O’Hanrahan nimmt wieder seine eigene Kreditkarte, die aber wohl ziemlich bald ihr Limit erreicht hat, weil ich wette, daß er seit Monaten keine Rechnungen mehr bezahlt hat.«
»Das mögen die Kreditkartenheinis besonders gern. Wahrscheinlich erhöhen sie ihm sein Limit.«
Lucy seufzte und teilte weitere Neuigkeiten mit: »Oh, und dann wären wir fast mit dem fanatischen Frater zusammengetroffen – als wir in den ägyptischen orthodoxen Klöstern in Wadi Natrun waren. Man hat uns dort gesagt, daß einen Tag vor uns ein Mönch dagewesen sei, der nach dem Matthäusevangelium und nach Büchern über das Meroïtische gefragt habe.«
»Der fanatische Frater? Der griechisch-orthodoxe Mönch, von dem uns Pater Vico erzählt hat – dieser Mönch –, der das Matthäusevangelium vernichten will?«
»Ich habe keine Ahnung, welche Mission er verfolgt. Ich weiß, daß dieser Frater in Assisi, in Athen und auf dem Berg Athos aufgetaucht ist, und jetzt ist er in Kairo. Es ist unheimlich, wie genau er zu wissen scheint, wo er suchen muss . Er verfolgt uns nicht – er ist immer vor uns an den jeweiligen Orten.«
»Hören Sie, sagen Sie Paddy, er soll sich in Khartum schnell holen, was er braucht, und dann machen, daß er da wegkommt; wir treffen uns dann alle wieder in Chicago.«
»Okay. Äh, Rabbi, noch eine Kleinigkeit.«
»Ja, was denn?«
»Wie ist in Israel die rechtliche Lage mit Adoptionen und Abtreibung?«
»Abtreibung gibt es nicht. Adoption ja, wenn das Baby jüdisch ist«, erklärte er, »obwohl es in beiden Fällen zweifellos auch Sonderregelungen gibt. War
um fragen Sie? Hat Ihnen jemand ein Kind gemacht?«
Gezwungenes Lachen. »Natürlich nicht!«
»Man würde sich in Israel um Sie kümmern, wenn es das ist, was Sie wissen wollen. Ich würde dafür sorgen. Sie sind bestimmt nicht schwanger? Tun Sie und Paddy etwas, wofür Sie sich schämen müssten ?«
»Rabbi, nein!«
Er glaubte ihr nicht. »O weh«,
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