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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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aussehenden, länglichen Servierwagen mit quietschendem Silberdeckel an. Lucy sah auf ihren Teller mit Speck, Spiegeleiern und geröstetem Brot – Butterbrot, das man zusätzlich im Frühstücks fett geröstet hatte, Lucy spürte förmlich, wie ihre Arterien sich verengten – und einer Art gebratenem Kartoffelkuchen mit Kohlstückchen.
    »Das nennt man bubble and squeak«, erklärte O’Hanrahan, glücklich, das Thema wechseln zu können. »Dieses Stück Bratwurst ist ein banger. Und diese Köstlichkeit ist black pudding.« Er deutete mit dem Messer auf die beiden schwarzen Scheiben, die Lucy irrtümlich für Wurstpasteten nach amerikanischer Art gehalten hatte. »Ich bin sozusagen Vegetarierin«, gestand Lucy.
    »Lucille, jeder, der hin und wieder Gemüse isst , ist sozusagen Vegetarier. Sie wollen mir doch nicht sagen, daß ich das alles umsonst bestellt habe?«
    »Nein, aber es wäre mir recht, wenn Sie den Speck und diesen banger da nehmen würden. Ich finde es wichtig, auch die Küche anderer Länder zu probieren.«
    O’Hanrahan kaute gleichmäßig, während er sprach. »England hat keine Küche. Sogar das Wort cuisine müssten sie entlehnen.« Lucy kaute langsam ein Stückchen von ihrer Blutwurst. Nicht schlecht, aber es schmeckte irgendwie komisch. »Was ist black pudding?«
    »Geronnenes Tierblut mit Fett-und Fleischstück chen .« Lucy schluckte das Zeug vor Schreck hinunter und spülte den Mund mit Orangensaft aus. Dann ging sie wieder in die Offensive: »Sehen Sie, es gibt nur zwölf Apostel. Ich weiß praktisch, hinter was Sie her sind, warum sagen Sie es mir also nicht?«
    »Weil ich Sie nicht kenne«, erklärte O’Hanrahan, während er seinen Speck schnitt.
    »Ich bin wirklich vertrauenswürdig.«
    »Das hat Gabriel auch von sich behauptet.«
    Lucy brannte darauf, nach Gabriel zu fragen, aber das wäre wohl die aussichtsloseste aller Fragen gewesen. »Wenn ich errate, was Sie suchen, sagen Sie es mir dann?« fragte sie höflich.
    Lucy dachte, sie werde auf schroffe Zurückweisung stoßen, aber O’Hanrahan sah sie merkwürdig an, wie er es vor kurzem schon einmal getan hatte. Und er überraschte sie: »Ja.«
    »Wirklich?«
    »Weil ich weiß, daß Sie es nie erraten.«
    »Wie oft darf ich raten?«
    »Einmal.«
    »Einmal ist nicht sehr fair.«
    »Was würden Sie vorschlagen, Miss Dantan?«
    »Zehnmal wäre prima.« Er würdigte sie nicht ein
    mal einer Antwort.
    »Okay, sechs. Fünfzig zu fünfzig.«
    Er tunkte ein Stück Steak in die Sauce. »Auch bei
    zehn Versuchen kämen Sie nicht darauf.«
    Ach ja? dachte Lucy.
    »Aber was springt für mich dabei heraus?« fragte O’Hanrahan und schob ein Stückchen Hering in süßsaurer Sahne in den Mund.
    Darüber hatte Lucy nicht nachgedacht. »Ich könnte zurück nach Chicago fliegen und jedem dort erzählen, daß es etwas ganz Aufregendes und Wichtiges ist, hinter dem Sie her sind.«
    O’Hanrahan tat so, als schwenke er ein Partyfähn chen . »Juhu, juhu. Lasst die Glocken läuten. Das würde mir ja sooo viel bedeuten«, nickte er sarkastisch.
    »Gut, dann schließen wir eine Art Tauschhandel ab«, schlug Lucy vor.
    »Dafür, daß ich Sie sechsmal raten lasse?«
    »Genau, dafür, daß ich sechsmal raten darf.«
    Er sah zur Decke. »Wieviel Geld haben Sie? Wieviel können Sie lockermachen?«
    »Ich habe 500 Dollar Taschengeld bekommen, und das kostet wahrscheinlich schon dieses Frühstück.«
    »Nur 500?«
    »Vielleicht kann ich noch mehr kriegen«, schlug Lucy matt vor. O’Hanrahan stand auf und tätschelte seinen Bauch. »Miss Dantan, führen Sie ein paar Telefongespräche, und bringen Sie heraus, welche zusätzlichen Mittel Sie für mich bekommen können. Dann reden wir über die Sache, in Ordnung?«
    Lucy nickte hastig und griff nach ihrer Handtasche. »Ja klar, okay, aber warten Sie – warten Sie, was ist mit dem Brief Ihrer Schwester?«
    »Ins Feuer, ins Feuer!« erwiderte er, während er einfach an ihr vorbeimarschierte. Weg war er.
    Weg waren kurz darauf auch 60 Pfund 32 … oder, wie Lucy umrechnete, 100 Dollar. Während sie zwischen dem eleganten Sheldonian Theatre auf der einen und einer Reihe malerischer Geschäfte, einem Pub und der al tehrwürdigen Buchhandlung Black wells auf der anderen Seite die historische Broad Street hinunterging, sann sie darüber nach, wie sie neue Geldquellen für O’Hanrahan erschließen könnte. Immerhin, sie hatte die Kreditkarte ihrer älteren Schwester. Cecilia, die verheiratete, zuverlässige Schwester, die

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