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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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Köstlichkeiten des Restaurants zeigten, ein Büffet, das eines Sultans würdig gewesen wäre … und darunter war noch eine Karte mit westlichen Leckerbissen: Hamburger, Pizza, Sundae Eiscreme!
    »Es tut mir leid, Sir«, sagte der Empfangschef, »aber die Karte ist nicht angenommen worden.«
    »Aber das ist unmöglich«, erklärte der Professor. »Würden Sie es bitte noch einmal versuchen?« Höflich erfüllte der Angestellte die Bitte, mit demselben Ergebnis.
    »Sagt das Gerät, warum?« fragte O’Hanrahan mit schwacher Stimme. »Sir, wir haben keine Möglichkeit, das herauszufinden.« Lucy und O’Hanrahan traten ein paar Schritte beiseite und berieten sich. Sollten sie doch die VisaCard von Merriwether Industries benutzen? Aber das würde verraten, wo sie waren, und dann mussten sie mit weiteren heimlichen Besuchern rechnen. Und der Sudan war ohnehin eine weitgehend gesetzlose Gesellschaft – vielleicht würden die angeheuerten Gangster sie einfach erschießen und dann in aller Ruhe nach der Schriftrolle suchen.
    »Nein«, gab Lucy nach, »nehmen Sie nicht die Merriwether-Karte.« O’Hanrahan meinte, sie könnten mit seiner Bargeldreserve bezahlen, aber das Hilton verlangte westliche Preise, und das würde sein Budget rasch auffressen.
    Lucy wusste , was sie zu tun hatte. Anderswo und unter anderen Umständen hätte sie diese Möglichkeit nicht ins Auge gefasst , aber hier, gestrandet in Khartum, in der glühenden Hitze und mit dem dringenden Bedürfnis nach einer Dusche … »Dr. O’Hanrahan, ich habe«, ihre Stimme gehorchte ihr kaum, »die MasterCard meiner Schwester.« O’Hanrahan war ganz aus dem Häuschen. »Ja, es ist wahr.«
    »Sie … Sie …«
    »Ich habe damit in Oxford Geld für Sie besorgt und mir in Assuan damit ein wenig Taschengeld geholt – seitdem wurde sie nicht benutzt.« Das Mikrophon des Minaretts fing an zu knacksen und brachte den nachmittäglichen Gebetsruf. O’Hanrahan starrte immer noch Lucy an, ermutigt durch den Ruf des Muezzin, Gott und dem Jüngsten Gericht ins Antlitz zu sehen.
    »Oh, hören Sie auf, mich so anzusehen«, sagte Lucy und ging vor ihm durch die kühle Hotelhalle hinaus in die Backofenhitze. »Wenn ich Ihnen früher davon erzählt hätte, dann hätten Sie sie benutzt. Nein, schlimmer, Sie hätten sie mir gestohlen und mich sitzengelassen!«
    »Ich bin … es verletzt mich, Miss Dantan, daß Sie glauben, ich könnte …«
    »Sparen Sie sich das, alter Mann. Ich will eine Dusche. Ich will die Dusche haben, die ich die ganzen 800 Meilen über in der Wüste gewollt habe. Wir nehmen ihre sudanesischen Pfund für ein Taxi und fahren in die Innenstadt, irgendwohin, wo es billiger ist und unsere Kreditkarte länger reicht. Ich weiß nicht, wieviel Kredit wir noch haben.«
    »Irgendwo« war das bescheidenere Hotel El Qasr an einem Boulevard mit demselben Namen. Ein einfaches Haus, erbaut in den Tagen des Kolonialismus und nun ein wenig heruntergekommen. Der Besitzer führte sie unter vielen Verbeugungen und Kratzfüßen herum; die Räume waren groß und hoch, die Fenster standen weit offen, konnten aber mit Läden verschlossen werden, und jedes Zimmer war mit Dec kenventilator und Waschbecken ausgestattet. Lucy inspizierte grimmig die Toiletten: Auf jedem Stockwerk war eine, zusammen mit einer rostigen Badewanne und einer tropfenden kalten Dusche im selben Raum. Die Toilette stank, war aber besser als üblich, eine Schüssel ohne Sitz mit einer Art Spülvorrich tung , damit die Sudanesen sich mit der linken Hand abwischen konnten, während sie einen Wasserstrahl auf den Hintern bekamen. Und heiße Duschen gab es nirgendwo im Sudan, schwor der Besitzer. »Ich will gar kein heißes Wasser«, sagte Lucy müde. »Sie nehmen also zwei Zimmer?«
    O’Hanrahan antwortete, ja, er und seine Tochter hätten gern zwei Zimmer nebeneinander. Mit unschuldiger Miene holte er von neuem die ungültige MasterCard aus der Brieftasche. »Nehmen Sie die Karte, Sir?«
    »Ja, MasterCard, ja!«
    Der Besitzer überprüfte O’Hanrahans stornierte Karte gar nicht. »Möchte der werte Herr vielleicht ein Bier?« fragte ein Faktotum. »Allah ist zu gütig«, stimmte O’Hanrahan zu.
    KHARTUM
    20. August 1990
    O’Hanrahan lag stöhnend und schwitzend unter der leichten Decke, immer noch in seinem kurzärmeligen blauen Hemd; das Jackett hing über einem Stuhl, seine Krawatte, seine Hose und seine Socken lagen auf dem Fußboden, so wie er sie hingeworfen hatte. »Wollen Sie, daß ich einen Priester

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