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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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seufzte danach zufrieden und reichte die Flasche an den Professor weiter. »Vielen Dank, meine Süße.«
    »Keine Ursache, mein Gatte.«
    O’Hanrahan goss sich etwas Wasser in die Handfläche und betupfte sich das Gesicht damit, dann tat auch er so, als würde er einen Schluck nehmen. »Nicht gerade der Drink, den ich bevorzuge«, murmelte er. Der Junge verschwand wieder, aber sein unbeschwertes Lächeln blieb ihnen den ganzen Tag über im Gedächtnis.
    Zurück auf die Straße. Immer wieder dasselbe. Sand und noch einmal Sand; die warme Brise, die untergehende Sonne, die sie durch die Windschutzscheibe versengte. Und als die Wüste um halb sechs Uhr nachmittags orangefarben leuchtete, kam endlich Abu Dom in Sicht. Lucy hatte schon bei jedem der letzten fünf Dörfer gemeint, ihr Elend sei endlich zu Ende.
    Da es im Dorf frisches Wasser geben würde, konnten sie das lauwarme Wasser in ihren Flaschen verschwenden. Im Schatten des Lastwagens goss Lucy sich das restliche Wasser übers Gesicht und wusch mehrere Schichten des feinen sudanesischen Staubs ab.
    »Ich möchte in einem Seven-Eleven sein«, sagte sie sehnsüchtig. »Wissen Sie, da gibt es diese Sonderangebote für den großen Durst. Diese großen Becher, man wirft Eiswürfel hinein, und dann das ganze Cola, ein Fass Cola …«
    »Nein, Baby, Sie wissen, was ich gern hätte.«
    »Ja, ich weiß, was Sie gern hätten«, sagte sie und tanzte mit einem fanatischen Blick in den Augen um ihn herum. »Ein bisschen durstig, Doc? Ein schönes
    kühles Bier jetzt auf der Stelle? Ein schönes kühles Harp Lager. Extra stark, das Glas außen beschlagen – nein, besser ein extra gekühlter Krug.«
    O’Hanrahan lehnte sich an den Lastwagen, schloss die Augen und bekreuzigte sich. »Weiche von mir, großer Satan, hinweg!«
    »Oder vielleicht ein Gläschen Jamesons? Wie wär’s mit dem Black Bush, dreifach destilliert?« fuhr Lucy fort und erinnerte sich an die Besichtigung der Whis kyfabrik mit David im County Antrim. »Vielleicht brechen Sie Ihre Regel einmal und werfen ein oder zwei Eiswürfel ins Glas. Ich höre, wie es im Glas klirrt, das Geräusch von Whisky, der sich mit den Eiswürfeln vermischt, klirr, klirr …«
    »Gott«, brummte er, »wenn jemand einen schon damit quälen kann, daß er das Geräusch eines Drinks beschreibt, dann ist man wirklich in der Klemme.« Dann lachte er. »Aber das wartet alles im Hilton von Khartum auf uns, Schwester Lucy. Eine westliche Oase voller Hamburgers und Pizzas …«
    »Jesus«, stöhnte sie und spürte ein Messer, das sich in ihre Eingeweide bohrte. »Pizza – Sie gemeiner Kerl, ausgerechnet Pizza mussten Sie sagen …«
    »Ein saftiger amerikanischer Hamburger, Salatblatt, Tomate, ein Zwiebelring …«
    »Oh, und ein Zimmer mit Dusche.«
    »Klimaanlage. Eine göttliche, subarktische Hotel klimaanlage .«
    An der Tankstelle in Abu Dom brachte Mohammed ihnen die Nachricht, daß das fahrplanmäßige Boot ein paar Tage Verspätung habe, das heißt, es war am Tag zuvor dagewesen. Warum es nicht einfach einen Tag gewartet habe, um wieder im normalen Rhythmus zu sein, wollte O’Hanrahan wissen. Nein, es sei schon eine Woche verspätet, erklärte Mohammed, und der Kapitän müsse sich sputen, um die Zeit wieder einzuholen … Wie auch immer. Ein mit ihm befreundeter Lastwagenfahrer, der in der Nacht nach Khartum fuhr, würde sie mitnehmen. Morgen Nachmittag würden sie in Khartum sein. Die Fahrer zogen es vor, diese höllische Wüstenstrecke, ein paar hundert Meilen vom Nil aus landeinwärts, in der Nacht zu fahren.
    Lucy und O’Hanrahan sahen einander an. Es gab kein Quartier; in der Nähe brieten grünliche Hähn chenteile , umsummt von Fliegen, an einem Holzkoh lenspieß , daneben hing ein Huhn ohne Kopf, das ausbluten sollte. Schwarze Kinder mit früher einmal schönen Gesichtern, die jetzt zerstört waren von Ausschlag, ungesunden Zähnen und einem Leben im Schmutz, streckten die Hände aus. In Lucy zog sich alles zusammen. »Fahren wir«, sagte sie.
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    Noch hundert Meilen bis Khartum. »Endlich wieder sauber sein!« meinte Lucy.
    »Eine Flasche, eine ganze Flasche – hm, was? Was soll es sein? Bourbon, Wild Turkey, fünfzehn Jahre alt? Ich fange an mit einem Malt-Whisky – einem Bal venie . Oder sollte ich einen Malt von den Inseln nehmen …« Lucy starrte mit ausdruckslosem Gesicht auf die Straße, die seit dem letzten Militärstützpunkt ein schönes neues Pflaster hatte. Nichts zählte – außer dem Anblick

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