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Der dreizehnte Apostel

Der dreizehnte Apostel

Titel: Der dreizehnte Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilton Barnhardt
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rechtzeitig entdeckt und besiegt.«
    »Ist das belegt?«
    »Ja. lyasu, der Kommandant der Moslems, wanderte fünf Jahre in der Wüste herum, dann suchte man nach ihm und brachte ihn in goldenen Ketten zurück nach Addis Abeba, wo er den Rest seines Lebens im Gefängnis verbrachte. Mit seinem Harem allerdings. Die Äthiopier si nd keine Unmenschen, wie Sie se hen.«
    Gemächlich spazierten Lucy und O’Hanrahan auf das Dorf zu. »Tausende von marihuanabekifften Jamaikanern warten auf die Rückkehr des Ras Tafari, auf Haile Selassie, Löwe Judäas, da seine Leiche nach seiner Ermordung im Jahr 1977 nie gezeigt wurde. Die Drusen warten auf die Rückkehr al-Hakims, da man auch seinen Leichnam nie gefunden hat; die Sudanesen warten auf den Mahdi, die Christen wollen Jesus wiederhaben, die Juden erwarten jeden Tag den Messias, die Schiiten warten auf die Rückkehr des Achten Imam … ein ganzer Planet, der nach einem neuen Auftritt Gottes schreit.« Er sah zu Boden und stieß mit dem rechten Fuß gegen einen harten Erdklumpen. »Die Welt erwartet einen Erlöser.«
    Sie schlenderten in das ausgeraubte, nahezu verlassene Dorf an der Kreuzung der holprigen Fernstraßen. Ein paar mit Brettern vernagelte Häuser, nur wenige bewohnte Hütten, eine propere, gut instand gehaltene Polizeiwache – natürlich –, obwohl keine Soldaten zu sehen waren. In dieser Woche spielte sich der Krieg anderswo ab. Vor einer Kirche blieben Lucy und O’Hanrahan stehen.
    »Oh, sehen Sie sich die Frau an«, flüsterte O’Hanrahan, als eine magere Äthiopierin aus der Kirche kam, eingehüllt in ein indigoblaues Gewand, um den Hals ein glänzendes äthiopisches Kreuz und etwas, was sie für einen Schal hielten. Aber als die Frau scheu an ihnen vorbeiging, erkannten sie, daß es eine Rolle aus Schafshaut mit aufgemalten Symbolen und Worten war.
    »Das ist so etwas wie ein Gebetsriemen«, sagte O’Hanrahan, »aber mit stärkeren magischen Kräften. Als ich zuletzt in Lalibela war, habe ich gesehen, wie ein Abba eine Frau scharf tadelte, weil sie ziellos über den Marktplatz spazierte. Ihre unbewachte Schönheit werde sicher einen ganen anlocken, einen bösen Geist.«
    »Klingt nicht besonders christlich«, meinte Lucy. »Und wir klingen für sie nicht christlich«, verteidigte O’Hanrahan die Äthiopier.
    »Ein dabtara, also ei ner jener unordinierten Geistlichen , die mit der Kirche verbunden sind, sagte ihr, sie solle zu einem zartaenqway gehen, einem Kultspeziali sten , der in Trance fallen und über ihre Probleme nachdenken werde. Ein zar, ein guter Engel, werde durch seinen Mund sprechen und den Namen des Dämons rufen, der an ihrem Unglück schuld sei. Und dann sollten das verordnete Heilmittel, die Heiligsten Worte, der Heiligste Name Gottes und das Geheimnis der Heiligen Schrift genannt werden. Der dabtara stellt eine magische Schriftrolle her, mit einem Bild von Michael und Gabriel, ihren Schutzengeln, und vielleicht einem Bild von einem besonders geliebten Heiligen. Vielleicht von St. Liqanos, der im 6. Jahrhundert nach Tigre kam, wo die Schlange Arway das Volk tyrannisierte und von dem Heiligen mit Hilfe des Erzengels Michael durch Blitze getötet wurde. Vielleicht der heilige Alexander der Große, der als Beherrscher der Welt lange unvergessen war, der einen Adler mit einem Pferd kreuzte und auf dem geflügelten Sproß an den Rand der Welt ritt, wo er auf den Engel der Finsternis stieß, der über das Ende eines jeden Tages wacht, der schwärzeste Afrikaner, den man sich vorstellen kann, der tief in seinem Gewand die schwärzeste aller Nächte verbirgt. St. Alexander der Große, der Eroberer und Patron Abessiniens, traf dort mit Enoch zusammen, der die äthiopische Schrift erfand und dem der Eine, Der kommen wird geweissagt wurde: Jesus Christus.«
    »Was ist aus der schönen Frau geworden?« fragte Lucy. »Ist sie ihren Dämon losgeworden?«
    O’Hanrahan erklärte, er habe den speziellen Fall nicht weiter verfolgt. Doch grundsätzlich müsse eine vom bösen Geist befallene Frau auf ihrem eigenen Grund ein Lamm schlachten, und zwar ein Tier von einer bestimmten Fellfarbe – je nachdem, welcher Dämon sie heimsuchte. Sie müsse ferner hinter ihrem Haus eine Grube graben und dreimal darum herumtanzen – für den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist; dann muss sie mit dem Blut des Lammes übergossen werden, denn Dämonen lieben Lammblut, und wenn es über die nackte Haut fließt, kommen sie aus dem Körper, um das Blut zu kosten, und

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