Der dreizehnte Apostel
Hälfte des 2. Jahrhunderts), sind volkstümliche Legendensammlungen, die jedoch in einigen orientalischen mono-physitischen Gemeinden noch heute großes Ansehen genießen. Da erweckt Jesus einen vom Dach gestürzten Spielkameraden, dessen Tod man ihm zur Last legen will, zum Leben, worauf der Auferstandene bezeugt, daß jener ihn nur lebendig gemacht und nicht getötet hat; wie andererseits alle, die das Jesuskind ärgern, sofort tot umfallen oder wenigstens verkrüppeln: was kein Zufall ist, wie sich zeigt, als der Knabe sich zu erkennen gibt »und alle geheilt sind, die unter seinen Fluch gefallen waren« (Hennecke-Schneemelcher, NTA, Bd. 2,
S. 353 ff. Des israelitischen Philosophen Thomas Bericht über die Kindheit des Herrn). Von allen Legenden, die von der Kindheit Jesu erzählt wurden (der demnach im zartesten Alter die wunderbarste Machtvollkommenheit besaß, so daß er einen Mann, der in ein Maultier verzaubert war, zurückverwandeln und mit einer Frau verheiraten konnte, die er von der Lepra geheilt hatte usw.), hat sich keine größerer Beliebtheit erfreut als die von den Spatzen, die er an einem Sabbat aus Lehm geknetet haben soll; als man ihn wegen der Entweihung des Sabbats durch diese Tätigkeit ausschimpfte, befahl er »Fort mit euch!« – worauf die Sperlinge die Flügel geöffnet hätten und zwitschernd davongeflogen seien. Aus Lehm war ja Adam gemacht, »aus Lehm bin auch ich gemacht«, sagt Elihu zu Hiob (33,6). Daß aus Lehm geformte Tiere belebt werden können, wo dazu berufene Kraft waltet (oder ein Zauberer am Werke ist, der vorübergehend eine Kraft usurpieren kann, die ihm nicht zusteht), liest man in der jüdischen Sefer Jetsirah (um 200 n. Chr.), in den judenchristlichen ebionitischen Pseudo-Klementinen (4. Jahrhundert); das Geheimnis, Bildwerke lebendig zu machen, haben später Alchimisten, Kabbalisten und andere immer wieder zu finden sich bemüht, die nicht einmal vor dem Versuch zurückscheuten, einen Homunculus oder einen Golem nach ihrem eigenen Bilde zu machen. Die Erzählung des Kindheitsevangeliums ist übrigens von Juden und Muslimen unterschiedlich gewürdigt worden: Daß Jesus Vögel aus Lehm bildete, wird ihm in dem mittelalterlichen jüdischen Traktat Toledoth Jeschu vorgeworfen; während der Koran das Wunder als Beweis für Jesu Prophetentum gelten lässt : »Siehe, ich will euch erschaffen aus Ton die Gestalt eines Vogels und will in sie hauchen, und sie soll werden ein Vogel mit Allahs Erlaubnis« (3. Sure, 42).
23 Vergleiche die ähnliche Legende bei Matthäus (14,22-33).
24 Die Drei Weisen aus dem Morgenlande werden nur bei Matthäus erwähnt, während Lukas, dessen Geburtsgeschichte die ausführlichste der kanonischen Evangelien ist, nichts von ihnen zu wissen scheint.
25 In einer Fassung des Kindheitsevangeliums gibt Maria den Weisen aus dem Morgenlande ein Stück von einer Windel des Jesuskindes und, in die Heimat zurückgekehrt, »machten sie nach dem Gebrauch ihres Landes ein Feuer und verehrten es«. (Denn sie waren Zoroastrier.) »Und da sie die Windel in das Feuer warfen, nahm das Feuer sie und bewahrte sie. Und als das Feuer erlosch, nahmen sie die Windel unversehrt aus der Asche, als hätte das Feuer sie nicht berührt. Dann begannen sie sie zu küssen und legten sie auf ihre Köpfe und sagten: Dies ist gewiss eine unbezweifelbare Wahrheit.« Später hängt ein weiteres Stück dieser unendlichen Windel auf einer Wäscheleine, und als dieses den Kopf eines vom Teufel besessenen Kindes berührt, fährt diesem der böse Geist in Gestalt von Krähen und Schlangen aus dem Munde, und es ist geheilt. Diese kostbare Reliquie fand dann ihren Weg an den Hof Karls des Großen, und alle sieben Jahre wird im Aachener Münster den Pilgern die Windel gezeigt, im Verein mit dem Len dentuch , das Jesus am Kreuze trug, und dem Schleier Mariens.
26 Man tut gut daran, sich der bourgeoisen Ursprünge des Christentums zu erinnern. Ein Zimmermann im waldlosen Israel, wie ein Fischer, der ein eigenes Boot besaß, hätten nicht als so arme und geringe Leute gegolten, wie die Kirche glauben machen wollte.
27 Die Jesus z ugeschriebene Abstammung von ei nem römischen Centurio und einer Prostituierten wurde drei Jahrhunderte lang von vielen Gegnern der Christen als Tatsache genommen. Jüdische Pamphletisten wiesen gerne darauf hin, und Celsus, der Epikureer (dem dieserhalb Eusebius wider sprach), wollte sogar wissen, der Vater sei nur ein einfacher Soldat g ewesen,
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