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Der dritte Berg

Titel: Der dritte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. F. Dam
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»Habe viel von Ihnen gehört. Schade nur, dass Sie unangemeldet kommen.«
    Mukherjees Gegenwart ist weich, angenehm, doch alles um ihn herum vibriert vor Selbstsicherheit. Nach wenigen Augenblicken bin ich auf allen Seiten von G.C . Mukherjee umgeben. Nichts kann diesem Mann entgleiten. Oder jedenfalls fast nichts.
    Â»Mr. Mukherjee, nehme ich an?«
    Â»Was führt Sie denn zu mir, Dr. Rai?« Mister und Doktor. Das hätten wir geklärt.
    Â»Ich habe drei Tage Urlaub gemacht«, sage ich so respektlos wie möglich. »In der Hölle. Dachte, etwas Abkühlung in Ihrer klimatisierten Bude würde mir guttun.«
    Â»Haben Sie denn«, sagt Mukherjee und blickt mir unbewegt in die Augen, »irgendwelche unangenehmen Erfahrungen gemacht – in Ihrem Urlaub ?«
    Mir bleibt bloß, diese Bemerkung zu ignorieren. »Ist Christian Fust zu Hause?«, frage ich.
    Â»Leider nein, Dr. Rai. Er ist außer Haus. Gestatten Sie mir daher, ganz allein Ihre Gesellschaft zu genießen.« Nach diesen Worten ruft er nach einem Hausangestellten und bestellt Getränke. Er bietet mir einen Stuhl im Schatten einer großen Markise an. Ein Ventilator aus edlem Holz, der gesprengte Rasen und mehrere Wasserflächen in Mukherjees Garten verschaffen uns Kühlung. Dazu regnet noch ein Schauer aus kühler Luft von einer unsichtbaren Kaltwasser-Klimaanlage auf uns herab. Die Getränke kommen. Eisgekühlter Gin Tonic und Limettensaft. Nichts davon rühre ich an.
    Â»Ich hoffe, Dr. Rai«, sagt Mukherjee, »der Grund Ihres Besuches ist kein unerfreulicher. Ich weiß natürlich, dass es in Deutschland Unannehmlichkeiten gegeben hat. Das war auf Missverständnisse vonseiten unseres etwas unbedachten Professor Maettgen zurückzuführen, respektive seiner Leibwächter. Aus triftigen Gründen hatten wir auf einem solchen Schutz bestehen müssen. Sie waren von unserer kleinen Niederlassung in Mannheim angestellt worden.«
    Â»Missverständnisse? Aaach, Sie meinen, weil mir ein paar Leute mit Messern auf den Pelz gerückt sind? Nicht der Rede wert.« Es hört sich nicht so an, doch fällt es mir zunehmend schwer, gegenüber diesem Mann meine Empörung aufrechtzuerhalten.
    Â»Sie müssen wissen«, sagt Muhkerjee mit einem dünnen Lächeln, »in unserer Branche muss man große Vorsicht walten lassen. Man kann nur ausgewählten Leuten trauen. Abhöraktionen, eingeschleuste Leute, Kameras, Diebstähle. Nessun dorme, nessun dorme . Aus diesem traurigen Grund muss man geeignete Maßnahmen ergreifen. Eine davon ist der Ihnen für einige Zeit verborgen gebliebene Aufenthaltsort von Professor Fust. Und lassen Sie mich Ihnen Folgendes mitteilen. Ich vertraue in dieser Angelegenheit ganz auf Ihre Verschwiegenheit, Dr. Rai. Wir planen, wobei ich Aroga und die Professoren Fust und Maettgen meine, in das Geschäft mit ayurvedischer Medizin einzusteigen, die auf den traditionellen Kenntnissen mit Naturheilmitteln fußt. Aber nicht in der billigen Art, wie sie heute in Indien gang und gäbe ist, sondern auf internationalem Niveau. Man hat inzwischen Erfolge in der Identifizierung alter Heilpflanzen. Und all das müssen wir, Sie verstehen das mit Sicherheit, im Verborgenen vorbereiten. Überraschungsangriff. Daran hat sich seit undenklichen Zeiten nichts geändert. Kapitalismus ist nichts als sublimierter Krieg.« Mukherjee lacht und bleckt Zahnveneers. »Und wir führen ihn, weil wir wissen, dass das Leben, die REALITÄT « (die Großbuchstaben sind nicht zu überhören, und ich begreife, dass ich einer kurzen Predigt teilhaftig werde) »nicht in Kultur, Philosophie oder Religion besteht, nein, das sind doch bloß eskapistische Attitüden, es geht am Ende, in der REALITÄT , immer bloß um diesen Satz: essen oder nicht essen, gut leben oder schlecht leben . Die Menschheit wäre gut beraten, dessen in jedem Augenblick eingedenk zu sein.«
    Ich glotze Mukherjee an. Ich weiß nicht so recht, was hier abgeht. Was will mir der Kerl sagen? Und warum gibt er sich solche Mühe, ist ausführlich und so tiefgründig, wie es seinem Ökonomengehirn nur möglich ist. Weil er anderes nicht ausführen möchte? Ich nippe an meinem Saft und begreife. Manöver. Und ich gäbe jetzt ein mittleres Königreich für ein Quentchen Wut. Der Wind ist aus meinen Segeln verschwunden, Flauten drohen, Rossbreiten und

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