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Der dritte Berg

Titel: Der dritte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. F. Dam
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Aura ich in Mukherjees Haus gleich noch einmal eintauchen werde – ja, was war sie, konnte sie das wollen? Nun aber mal ehrlich, meine lieben, sperrigen, burmesischen Bougainvilleae, kann diese Hand denn mit etwas unzufrieden sein, das der MARKT (gepriesen sei Sein Name!) hervorbringt?
    Endlich breche ich schwitzend, zerkratzt und zerzaust aus den Büschen; ich befinde mich nun fast auf der Höhe von Mukherjees Terrasse. Ein paar Schritte über den Rasen, dann verschwinde ich kurz vor der Hausecke im toten Winkel einer weiteren Kamera. Dort entledige ich mich meiner Schuhe und schleiche ein Stück an der Hausmauer entlang. Ich denke an Mukherjees Ehefrau, sofern pässlich, an seine Kinder oder Enkel, und an den Rest der Dienerschaft. An all die Leute, die ich jetzt auf keinen Fall treffen will. Schließlich trete ich seelenruhig auf die Terrasse. Und durch die Terrassentür von Mukherjees Arbeitszimmer schlüpfe ich ganz frech ins Haus. Sie steht noch einen Spaltbreit offen. Da hat ein Diener wohl geschlampt. Von dem dunklen Büro Mukherjees öffne ich die Tür in eine große Eingangshalle, um die eine Galerie läuft. Vollkommene Stille. Christians Zimmer wird sich im oberen Stockwerk befinden. Also die weiße Marmortreppe hinauf und oben nach rechts in Richtung jener Zimmer, deren Fenster sich auf den Teich hin öffnen. Mukherjee hat seinem Gast bestimmt nichts Geringeres angeboten und Christian hat nichts Geringeres erwartet. Auf dieser Hausseite befinden sich vier Zimmer. Bei keinem davon kann es sich um das Schlafzimmer der Mukherjees handeln, denn das würde in die andere, weniger spektakuläre, aber ruhigere Richtung weisen. Noch immer lässt sich niemand blicken. Ich entspanne mich und öffne rasch die erste Tür. Ein Badezimmer. Die zweite lasse ich sein, Christian wohnt nicht neben einem Bad. Und die dritte Tür führt in ein Zimmer in desolatem Zustand. Der Hand jeglicher Dienstbrigaden entzogen. Christians Koffer liegt geöffnet auf dem Boden, Hosen und Hemden verunzieren das Bett, Schuhe und Socken wild auf dem Boden. Unter all dem Kram der Büstenhalter, den Sophia an unserem ersten Abend in Kalonagar getragen hat. Ich notiere seine Anwesenheit emotionslos. Der Schreibtisch ist mit Papier jeder Art übersät, das auch den Boden um den Schreibtisch bedeckt. Kein Notebook. Inmitten dieses papierenen Chaos liegen bloß eine großformatige Fotografie, ein Buch und zwei dunkelblau gebundene Notizbücher.
    Ich begutachte das dreißig oder vierzig Jahre alte Foto näher. Es zeigt einen kleinen Fluss, im Vordergrund eine Bank aus Steinen und etwas Sand. Darauf eine große Feuerstelle. Linker und rechter Hand – großteils außerhalb des Bilds – steigen dschungelbewachsene Hänge steil nach oben, von denen dichtes Astwerk, Baumrhododendren und auch ein Felsvorsprung in das Tal hineinragen und der Sonne nur wenig Gelegenheit geben, es zu erhellen. Im Hintergrund ist zwischen Blattwerk ein riesiger, alles andere überragender Baum zu sehen. Offenbar eine Deodarzeder. Aus ihrer Richtung kommend nähert sich ein undeutlich sichtbarer Mann in heller Kleidung. Er trägt angegrautes, langes Haar, Vollbart, hat ein dunkles Tuch um die Schultern gelegt und wirkt so entspannt und gleichmütig, dass die Kamera Schwierigkeiten hatte, ihn auf ihren Film zu bannen. Im linken Vordergrund des Bilds hockt ein weiterer Mann (ein Inder wie der erste), er ist jung und etwas beleibt, und sein Körper wird von der Linse noch etwas in die Breite gezogen. Sein Gesicht ist nur im Profil zu sehen, da er den Kopf gesenkt hält und sich mit seiner Ausrüstung beschäftigt.
    Nicht nur wegen dieses Fotos weiß ich sogleich, dass ich am Ziel bin.
    Halb unter Papier verborgen liegt ein rot gebundenes Buch. Ich befreie es von den Blättern und nehme es zur Hand, eine sogleich erregte, flatternde Hand. Denn es handelt sich um den rotledernen Oktavband des neunten Buches des Rigveda. Frisch eingeflogen aus Christians Haus in Wien. Ich schlage es auf und blättere. Dieselben Fähnchen. Dieselben Einlegeblätter mit handgeschriebenem Sanskrit zwischen Hymne 89 und 90. Christian hat vor seiner Indienreise sogar noch einen Abstecher nach Wien-Hütteldorf gemacht, Stunden nach meinem Einbruch in sein Haus. Er hat das Buch zum Kongressabend mitgenommen und vor aller Augen damit angegeben. Hat Sanskrithymnen gelesen, die niemand verstehen

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