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Der dritte Berg

Titel: Der dritte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. F. Dam
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abgedunkelte Limousine aus der Garage unter dem Haus hervortaucht. Der Wagen nimmt die gepflasterte Einfahrt und fährt durch das Tor. Der Diener nimmt geringfügig Haltung an. Ich laufe schnell hinüber zur Gartenhütte, sie ist nicht abgeschlossen, ziehe mir drinnen einen auf einem Regal liegenden sauberen Overall über, der hellbraun und viel zu klein ist, und setze mir einen mit Spinnweben verunreinigten Strohhut auf den Kopf. So ausgerüstet bewege ich mich bedächtig und mit dem Kopf nach unten in Richtung der Rückseite des Hauses, wo die Terrasse liegt.
    Der Garten an der Ostseite des Anwesens, wo meine Gärtnerhütte steht, ist buschig, nur zum Haus hin gibt es eine breite Rasenfläche. Ich schiele unter meinem Hut hervor; vor mir, an einem Gesims des Hauses dort drüben ist eine Kamera montiert (sie hat mich bestimmt schon entdeckt, aber nur einen alten Strohhut gefilmt), die diese ganze Seite abdecken soll, und bevor jemand Verdacht schöpfen kann, schlage ich mich in ein ausgedehntes vielfarbiges Hibiskus-, Zwergbambus- und Bougainvilleagebüsch. In seinem Schutz kann ich die nötigen zwanzig oder dreißig Meter unbeobachtet zurücklegen. In dem Gebüsch wühle ich mich an etwas entlang, das einem kleinen Pfad gleichkommt. Bis ich mittendrin auf eine kleine Lichtung stoße. Nun ja, man ist niemals gefeit gegen das Unerwartete. Und Bengalen bleibt seinen Traditionen treu. Nur ist das, was ich hier jetzt vor mir sehe, nicht für den Export bestimmt: Papaver somniferum! Rosarot, weißrot, violett, eine Augenweide nicht nur für den Morphinisten. Auf vierzig, fünfzig gut versteckten, besonnten Quadratmetern sorgt der Gärtner für den Eigenbedarf vor. Schlafmohn könnte man beinahe auf die imaginäre Kandidatenliste für Soma setzen. Ich muss achtgeben, dem Gärtner seine Ernte nicht zu zertrampeln, presse mich vorsichtig an eine leuchtend rote Bougainvillea. Und, wer weiß, vielleicht erntet er auch noch für Mukherjees Ehefrau, die Herrin von Haus und Garten, sonst könnte er das alles wohl nicht wagen. Mukherjee selber ist bestimmt keiner, der weiß, was in seinem ausgedehnten Garten vorgeht. Die ziehen da ihr Opium, damit der Gärtner den sympathischen grauen Chef-Butler nicht erschlägt, wenn der ihm wieder mal auf die Pelle rückt; und weil seine Herrin, nachdem sie das Haus in vishnuitischem, Navagraha-, Sufi-, Newari-, Delhi-17th-Century-, Jodhpuri-, Japan-18th-Century-Shogun-, in viktorianischem und Louis- XIV -Stil dekorieren und umdekorieren hat lassen und immer noch an ihren Depressionen leidet, sich auf Papaver somniferum verlegte, oder besser auf die Himmel, die dieser verspricht.
    Ich schleiche mich an dem Mohnfeld vorbei und wische mir den Schweiß von der Stirn. Total schade nur, dass diese Himmel für hundert Millionen Chinesen einmal die Hölle bedeuteten. Hand aufs Herz – ich bin aufgekratzt von meinem großartigen Vormittag und habe eine eher sarkastische Minute, was auch sonst, wenn man vorhat, was ich vorhabe – und drücke mich jetzt durch ein spinnenverseuchtes, vier Meter hohes Buschungetüm, gerade hing nur Zentimeter vor meinen Augen eine riesige hellgrüne Spinne in ihrem Netz, der Körper lang wie mein Zeigefinger, und ähnlich geformt, von ihren Beinen gar nicht zu reden, also Hand aufs Herz, denn mein tiefstes Bedauern gilt jedem stolzen kolumbianisch-mexikanischen Drogenkartell, dessen Geschäfte eine lächerliche Kinderei sind im Vergleich zu dem gigantischen, jahrzehntelangen Drogenhandel, den die Briten einst abzogen. In Bengalen zwangen sie die Bauern, statt unnützem Reis – dessen Handelsspanne, well , geringer war als die des Opiums – Schlafmohn anzubauen, the Invisible Hand called for it, it’s a dreadful hand, though , und dann ab damit nach China; doch waren um des freien Handels willen zwei Disziplinarkriege nötig, weil es dem Kaiser von China, ridiküle Gestalt, nicht gefiel, dass man sein gesamtes Land in Opiumrausch versetzte. Der Kaiser ließ sich überraschend umstimmen. Und am Ende, ein scharfkantiges Aststück schrammt an meinem rechten Auge vorbei, da würde auch das Cortison nicht mehr helfen, am Ende war wohl ein Viertel aller Chinesen süchtig, war Hongkong britisch, China eine Quasikolonie, Bengalen wieder einmal hungrig und die Adam Smith’sche Unsichtbare Hand des Kapitalismus, ein furchterregender Gott, in dessen

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