Der dritte Berg
konnte. Ich gehe wieder zu den Einlegeblättern, die überschrieben sind mit
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Handschrift auf Palmblatt,
Rigveda, Buch 9,
mit Kommentar von Virachara Bhatta
(Kommentar aus Mitte d. 19. Jhdts.)
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Bibliothek von Pandit Himprasad Geomli, Kathmandu,
Katalog No. 217
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Dieses Buch, obwohl von unbekannter Bedeutung, liegt wie ein wertvoller, schwerer Schatz in meinen Händen. Und in Wien habe ich es fast achtlos zur Seite gelegt. Mit dem Buch in der Hand gehe ich jetzt zur Tür, öffne sie und werfe einen Blick hinaus. Niemand. Ich schlieÃe die Tür wieder und versperre sie mit dem im Schloss steckenden Schlüssel.
Abermals lege ich den rotledernen Band hin und wühle mich eine Viertelstunde lang durch all die herumliegenden Blätter und Unterlagen auf dem Schreibtisch und auf dem Boden. Für die Notizbücher will ich mir am Ende noch ausreichend Zeit nehmen. Dann sortiere ich das Interessanteste aus und sichte diesen Teil meiner Beute:
Visitenkarten von einem italienischen Restaurant mit dem Namen La Caverna , einem Buchladen und einem Outdoor-Store, alle in der Independence Road gelegen, der gröÃten EinkaufsstraÃe Kalonagars; auf die Restaurantkarte, die ganz oben liegt, ist eine Zahl gekritzelt: 17.30;
ein kleines Foto eines grotesk fetten Mannes, der, obwohl das Gesicht undeutlich zu sehen ist, nur dieser S.R. Dasgupta vom Research Centre for Geography and Himalayan Studies sein kann, und zwar in Begleitung einer hübschen, sehr jungen, splitternackten Dame, bei der es sich bestimmt nicht um seine Frau handelt;
zahllose detaillierte Satellitenbilder der Nordregion von Sikkim einschlieÃlich GPS -Daten;
mehrere ausgedruckte Artikel zum Thema Zellbiologie.
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Ich schiebe diese Funde beiseite und ziehe, mit noch immer nervösen Fingern, die beiden Notizbücher zu mir heran. Mit ihnen setze ich mich auf den Boden. Christian notiert alles ihm wichtig Erscheinende in diese Bücher. Später tippt er die Notizen in sein Notebook und archiviert sie auf einem Datenträger. Damit der Menschheit kein einziger genialer Gedanke verlorengehe. Ich blättere. Die Notizbücher stammen aus den letzten zwei Wochen, zum überwiegenen Teil umfassen sie Christians Aufenthalt in Indien. In diesen Notizen (noch niemals zuvor habe ich Christians persönliche Aufzeichnungen gelesen) sind nicht nur Ereignisse beschrieben. Sie sind überdies vollgestopft mit Gedanken, Stichwörtern, Statements, wissenschaftlichen Materialien.
Bevor ich aber geordnet zu lesen anfangen kann, höre ich Stimmen. Ich springe auf, laufe zur Tür und lege mein Ohr an das Türblatt. Christian kommt. Er spricht mit jemandem im Treppenhaus. Es ist der graue Diener. Ich laufe rasch wieder zurück und lasse meine Augen durch eines der beiden Notizbücher streifen. Christians Stimme nähert sich nicht. Eine andere, weibliche Stimme kommt hinzu.
Bei meiner Lektüre schnappe ich unter diesen verschärften Bedingungen jetzt nur Bruchstücke auf. Oft sehe ich Maggies Namen. Dieser Gelehrte aus Kathmandu, Pandit Geomli, kommt mehrere Male vor. Er besitzt eine kleine Bibliothek mit alten Manuskripten auf Palmblatt und Birkenrinde.
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Diese von Mäusedreck besudelten Manuskripte in der Bibliothek von Pandit Geomli, dem Hüter des Neunten Buches!, dabei doch er so nett, vor allem wenn mit gutem Alkohol befüllt, jawoll, bestimmt hat eine Menge dieser Manuskripte noch niemals jemand zu Gesicht bekommen â sie haben jahrhundertelang einfach so dagelegen, wie eine Frau dagelegen und gewartet. Sie haben ihre Palmblätter auseinandergespreizt und haben mich eingelassen!
Das neue Neunte Buch! Maggie hat mich zu ihm geführt. Bei ihr, der MUSE , bin ich auf den entscheidenden Gedanken gestoÃen. Ja, beim Ficken.
Drei Wochen lang, oder sind es vier gewesen?, habe ich gelesen, übersetzt, den Pandit bezirzt, mit Whiskey bestochen, am Abend ein Umtrunk, und über zweihundert Handschriften später war es da â Euphorie und Irrsinn, wie kann man das anders nennen, und die musste ich vor dem Pandit verbergen, tagelang!!!
Dann der Kommentar von Virachara Bhatta, NIEMALS ist dergleichen niedergeschrieben worden.
Man hat es sich allenfalls in Ohren geflüstert.
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Ich habe verstanden, annähernd verstanden. Scheint es doch, Christian habe eine funkelnagelneue Handschrift des neunten Buches des Rigveda entdeckt. Und zwar eine, die von den bekannten
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