Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)
verhalten hatte.
Naggits Ausführungen hatten ihn trotz allem deprimiert. Enttäuscht machte er sich auf den Weg in die Kantine. Zu dieser späten Stunde war niemand mehr da. Der ganze Saal gehörte ihm allein, bis die Schichten zwei Stunden nach Mitternacht, bei den Söldnern hieß das Null-Zweihundert, wieder gewechselt wurden.
Aber er bleib nicht lange allein. Naggit fand ihn bald darauf und gesellte sich zu ihm. Er landete vor ihm auf dem Tisch, diesmal sogar ohne nennenswerte Schäden anzurichten.
„Du bekommst wohl langsam Übung.“
Naggit hob den Kopf. „Das glaubt Ihr doch selber nicht. Ich brauche keine Übung, ich bin ein Naturtalent. Außerdem hat Tippet mich gebeten, mehr auf mich zu achten und keine unnötigen Risiken mehr einzugehen, aber einer wie ich ist höchstens einmal unaufmerksam. Und gliche Euer Gesicht nicht einem Kübel Sauerteig, hättet Ihr schon früher Zeuge von so manch einer perfekten Landung werden können.“
„Sauerteig?“, fragte Hockster.
„Macht Euch nichts daraus. Ein bisschen Sonne und ein geflüstertes Liebeswort Eurer holden Maid, und schon geht es Euch besser.“
Hockster hob die Tasse und schaute hinein. „Ich frage mich, ob einer wie du kopfüber hier hineinpasst.“
„Natürlich nicht!“
„Ich soll es also nicht probieren!“
„Ich verbiete es.“
„ADA sagt, praktische Versuche würden meine theoretische Ausbildung forcieren und vertiefen.“ Er sah noch einmal in den Becher. „Zugegeben, es ist wenig komfortabel hier drin, aber ich würde natürlich nachhelfen.“
„So seht Ihr aus!“ Naggit begegnete Hocksters Blick. „Also, Auserwählter, jetzt da Tippet da ist und sie gern mit mir ihr Leben verbringen will ...“
„Was? Ich meine ... das ging aber schnell. Ich dachte immer, du bist einer von der wilden Sorte. Ein einsamer Jäger, der sich nicht bindet. Teilst du Ihre Gefühle?“
„Nun ja, sie ist hübsch und alles ... und ich weiß nicht, was ich fühle.“ Er seufzte. „Ich werde mit ihr nach Artesian zurückkehren, um es herauszufinden.“
„Schön!“
„Ich denke, das ist die richtige Entscheidung.“
„Gut!“
„Was denn, Ihr seid einverstanden?“
Hockster runzelte die Stirn. „Natürlich. Warum sollte ich nicht?“
Naggit sah Hockster an, dann wurde seine Miene sehr nachdenklich. „Also“, begann er zögernd, „ist es an der Zeit, Euch hier und jetzt einige Sachen zu sagen. Unterbrecht mich bitte nicht, es ist wichtig.
Ich wollte Euch nicht allein lassen, damals in Trenadil, wisst Ihr, aber wir alle spürten den Sog, den die Auserwählte auf uns ausübte, und folgten ihr bedingungslos. Eure Liebe zu ihr und die daraus resultierende Eifersucht – jaja, Ihr wart sehr wohl eifersüchtig, da braucht Ihr gar nicht so grimmig aufzuschauen – Eure Eifersucht war eine seltsame Art von Schutz. Gepaart mit Eurem nicht unerheblichen Stolz war es Euch gar nicht mehr möglich, hinter ihr herzulaufen und Euch auf diese Weise zum Narren zu machen, wie wir Anderen es taten. Ihr seid Euch treu geblieben, zwar grimmig, übellaunig und ständig mit Eurem Schicksal hadernd, aber frei. Unglücklicherweise habt Ihr deshalb auch Euren Attentäter erst viel zu spät bemerkt. Liebe macht blind und in Eurem Fall hat sie Euch fast das Leben gekostet.
Wisst Ihr, Auserwählter, hätte es diesen Anschlag nie gegeben und hättet Ihr zudem den Krieg überlebt, wären wir alle wieder frei von Liebe und Pflicht gewesen und ich wäre mit Euch durch die Länder des Nordens gewandert.“
Naggit hob den Kopf und senkte ihn gleich wieder. „Ich sehe ein, dass unsere Begegnung nur von kurzer Dauer ist und doch waren wir einst Freunde, Ihr und ich. Ein klein wenig hatte ich gehofft, Ihr seht das ähnlich wie ich. Dann hättet Ihr auf meine Ankündigung, nach Artesian zurückzukehren, sagen können: Naggit, bleib. Ich brauche dich hier bei mir! Wer soll auf mich aufpassen, wenn du erst weg bist?“
Hockster überlegte kurz und sagte dann. „Tut mir leid.“
„Heißt es nicht, die Zeit heilt alle Wunden?“
„Ja, aber die Narben bleiben als sichtbare Zeichen vergangener Kämpfe. Unsere Reise ist vorbei. Du solltest dein Leben nicht auf einer Schuld aufbauen, die nicht vorhanden ist. Geh mit Tippet nach Burnyk, gründe eine Familie.“
Naggit ließ den Kopf hängen. „Ich könnte aber auch auf der Independence bleiben und mit Madigan und Tira durch das All reisen. Es gibt so viel zu sehen, sagen alle Söldner.“
„Egal, wofür du dich
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