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Der dritte Mond

Der dritte Mond

Titel: Der dritte Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und ohne Vorwarnung zu erscheinen, wie es ihnen paßt?« keuchte Skudder. »Theoretisch, ja«, antwortete Gurk. »Praktisch nein. Diese Technik verschlingt unvorstellbare Mengen an Energie. Und sie ist gefährlich. Es wird Monate dauern, bis sie in der Lage sind, es noch einmal zu versuchen.« »Wie beruhigend«, knurrte Skudder. »Dann haben wir ja gar  nichts zu befürchten.« »Ende der Fragestunde«, sagte Gurk patzig. »Ich habe euch eine Antwort versprochen, und ihr habt zwei bekommen. Ich finde, das ist großzügig genug. Jetzt bin ich dran, eine Frage zu stellen.« »Nur zu«, sagte Skudder. »Kocht ihr immer noch so gräßlichen Kaffee wie früher, oder habt ihr mittlerweile gelernt, wie man’s macht?« fragte Gurk.

Kapitel 4
    Obwohl Charity gerade erst sechsunddreißig Stunden am Stück geschlafen hatte, war sie doch noch so müde, daß sie sich bald in ihr Quartier zurückzog und erst spät am nächsten Vormittag wieder wach wurde; diesmal auf ihre gewohnte, abrupte Weise. Aber beinahe hätte sie sich gewünscht, daß es anders gewesen wäre, denn diesmal erinnerte sie sich an ihre Träume. Sie waren nicht besonders angenehm gewesen. Riesige Männer in schwarzen Anzügen hatten darin eine Rolle gespielt, Männer ohne Gesichter, die auch gesichtslos blieben, als Charity im Traum einen dieser Anzüge geöffnet hatte – drinnen war nur Leere gewesen, und ein unheimliches Gefühl der Bedrohung, das aber sonderbarerweise zugleich auch ein beinahe vertrautes Empfinden in ihr auslöste. Versuchte dieser Traum, ihr etwas zu sagen? Charity gelangte zu dem Schluß, daß sie die Antwort auf diese Frage nicht finden würde – zumindest nicht jetzt –, öffnete die Augen und schwang die Beine vom Bett. Heute saß niemand neben ihr, der besorgt darauf wartete, daß sie erwachte, aber sie war trotzdem nicht allein: Aus der benachbarten Küche drang ein gedämpftes Klappern und Hantieren herüber, und sie hörte leise Stimmen, die sich unterhielten. Sie konnte die Worte nicht verstehen, aber manchmal vernahm sie so etwas wie ein Lachen. War es eine Kinderstimme? Aber Hartmann hatte doch gesagt, daß er Net und die Zwillinge fortgebracht hätte. Charity stand auf, schlurfte mit hängenden Schultern zur Küchentür und blinzelte überrascht, als sie sah, wem die Stimmen gehörten, deren fröhlicher Klang sie wahrscheinlich geweckt hatte. Gurk stand an der Anrichte und briet Eier in einer Pfanne. Die Kaffeemaschine blubberte hektisch, und auf der anderen Seite der winzigen Küche war ein vielleicht zehnjähriges, hellblondes Mädchen damit beschäftigt, einen kleinen Teil Butter auf zwei Scheiben Toast und einen sehr viel größeren auf sämtliche Möbelstücke in ihrer Nähe zu schmieren. »Melissa?« murmelte Charity überrascht. Die Kleine hörte auf, die Küche mit synthetischer Butter zu attackieren, und drehte sich zu ihr herum, und Gurk krähte fröhlich: »Guten Morgen – obwohl es ja eigentlich fast schon Mittag ist.« An Melissa gewandt, fügte er hinzu: »Siehst du? Genau, wie ich es dir gesagt habe.« »Was hat er dir gesagt?« fragte Charity mißtrauisch. »Daß du aufwachst, sobald du was zu essen riechst«, antwortete Melissa. »Er sagt, das wäre immer so bei euch. Daß der Magen stärker ist als der –« »Ich hatte doch recht, oder?« unterbrach Gurk sie hastig – vermutlich, ehe das Mädchen Dinge wiederholen konnte, die nicht unbedingt für Charitys Ohren gedacht waren. »Du bist wach.« »Ja«, bestätigte Charity. »Was tust du hier, Melissa? Hartmann hat alle Zivilisten evakuieren lassen.« »Aber ich wollte zu dem kleinen Mann«, antwortete Melissa. »Er hat mir das Leben gerettet. Und deiner Freundin und den beiden anderen Kindern auch.« »Das stimmt«, erwiderte Charity. »Kannst du dich zufällig auch erinnern, wie er das geschafft hat?« Melissa runzelte die Stirn, als müsse sie angestrengt über die Frage nachdenken, doch Gurk kam ihr mit einem Kopfschütteln zuvor. »Aber, aber«, sagte er. »Wer wird denn kleine Kinder aushorchen wollen?« »Jemand, der von kleinen Männern keine befriedigenden Antworten bekommt«, sagte Charity. Sie wandte sich wieder an Melissa. »Wie kommst du hierher? Die ganze Basis ist abgeriegelt. Wir haben immer noch Alarm.« »Das war nicht schwer«, antwortete Melissa. »Niemand kann mich aufhalten, wenn ich irgendwo rein will.« Charity seufzte. »Allmählich verstehe ich, warum du sie so magst, Gurk«, sagte sie. »Könnt

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