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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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erster Hand über Orte und Völker zu erfahren, die sie nie zuvor ge­sehen hatten. Dieser Prozeß erfuhr mit der Reise des Kolumbus im Jahre 1492 eine jähe Beschleunigung, so daß heute nur noch wenige Stämme in Neuguinea und Südamerika auf einen Erstkontakt mit Außenstehen­den harren. Die Ankunft der Archbold-Expedition im Grand Valley wird als einer der letzten solcher Begeg­nungen mit einer großen menschlichen Population in Erinnerung bleiben. Sie war ein Meilenstein im Prozeß des Übergangs der Menschheit von der Zersplitterung in Tausende winziger Gesellschaften, die zusammen nur einen Bruchteil des Globus bewohnten, zu Welterobe­rern mit Weltwissen.
    Wie konnte es angehen, daß ein so großes Volk wie das der 50 000 Papuas im Grand Valley bis 1938 völlig unentdeckt blieb ? Wie konnten umgekehrt die Papuas ohne jede Kenntnis der Außenwelt leben ? Wie veränderten Erstkontakte menschliche Gesellschaften? Ich werde zeigen, daß die Welt vor dem Zeitalter der Erst­kontakte, das noch in unserer Generation zu Ende ge­hen wird, den Schjüssel zu den Ursprüngen kultureller Vielfalt birgt. Jetzt, wo wir als Eroberer der Welt daste­hen, sind wir eine Spezies von über fünf Milliarden, ver­glichen mit nur zehn Millionen vor dem Aufkommen der Landwirtschaft. Ironischerweise erlebte unsere kul­turelle Vielfalt im gleichen Zuge einen jähen Rückgang.
    Wer noch nie in Neuguinea war, muß die lange Verbor­genheit von 50 000 Menschen als unvorstellbar empfin­den. Schließlich liegt das Grand Valley nur 185 Kilome­ter sowohl von der Nord- als auch Südküste der Insel entfernt. Neuguinea wurde 1526 von Europäern ent­deckt, holländische Missionare ließen sich 1852 dort nie­der, und europäische Kolonialregierungen wurden 1884 eingesetzt. Warum brauchte man noch 54 Jahre, um das Grand Valley zu entdecken?
    Die Gründe – Terrain, Nahrung, Träger – werden klar, sobald man Neuguinea betritt und versucht, sich ab­seits der Pfade zu bewegen. Sümpfe im Tiefland, endlose Reihen messerscharfer Kämme im Gebirge und der al­les bedeckende Dschungel erlauben im günstigsten Fall eine Tagesleistung von ein paar Kilometern. Auf meiner Expedition in die Kumawa-Berge im Jahre 1983 brauch­ten meine zwölf neuguineischen Begleiter und ich zwei Wochen, um nur elf Kilometer ins Landesinnere vorzu­dringen. Und dabei hatten wir es noch leicht, verglichen mit den britischen Ornithologen der Jubilee Expedition .
    Sie waren am 4. Januar 1910 an der Küste Neuguineas vor Anker gegangen und von dort zu den schneebedeck­ten Bergen aufgebrochen, die sie in nur 160 Kilometer Entfernung erspäht hatten. Am 12. Februar 1911 gaben sie schließlich auf und kehrten um, nachdem sie in 13 Monaten weniger als die Hälfte der Strecke (70 Kilome­ter) zurückgelegt hatten.
    Zu dem schwierigen Terrain kommt noch hinzu, daß es in Neuguinea kein Großwild gibt und so die Möglich­keit entfällt, während des Marsches für frischen Provi­ant zu sorgen. Im Dschungel des Tieflands wächst die Sagopalme, die den Neuguineern als Hauptnahrungs­mittel dient. Aus ihrem Mark wird eine scheußlich schmeckende, gummiartige Substanz gewonnen. Doch nicht einmal die Einheimischen können in den Bergen genügend Nahrung zum Überleben finden. Dies wur­de durch den schrecklichen Anblick illustriert, der sich dem britischen Entdecker Alexander Wollaston bot, als er auf einem Dschungelpfad aus dem Gebirge herabstieg und auf die Leichen von 13 gerade gestorbenen Neugui­neern und zwei im Sterben liegende Kinder stieß, die auf der Rückkehr vom Tiefland zu ihren Gemüsegärten im Gebirge verhungert waren, weil sie nicht genug Proviant mitgenommen hatten.
    Das spärliche Nahrungsangebot des Dschungels zwingt Forschungsreisende, die in unbesiedelte Gebiete vordringen oder nicht damit rechnen können, Nahrung aus den Gärten der Einheimischen zu beziehen, zum Mitführen eigenen Proviants. Ein Träger kann 35 Pfund tragen, etwa das Gewicht der Lebensmittel, von denen er sich 14 Tage ernähren kann. Bevor Flugzeuge den Ab­wurf von Proviant aus der Luft ermöglichten, mußten deshalb alle Expeditionen in Neuguinea, deren Ziel wei­ter als sieben Tagesmärsche (14 Tage hin und zurück) von der Küste entfernt lag, Trägermannschaften hin und her marschieren lassen, um unterwegs Lebensmittelde­pots anzulegen. Ein typischer Plan sah so aus : 50 Träger brechen an der Küste mit 700 Tagesrationen auf, depo­nieren 200 fünf Tagesmärsche entfernt im

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