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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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kulturellen Unterschiede wurden früher auf eine genetische Überlegenheit der vordringenden, »hö-her entwickelten« Völker über die eroberten »Wilden« zurückgeführt. Dafür fehlt indessen jeder Beweis. Daß Erbanlagen die ihnen zugedachte Rolle spielen könn­ten, wird schon durch die Leichtigkeit widerlegt, mit der Menschen unterschiedlichster Abstammung frem­de kulturelle Techniken meistern, wenn sie nur die Ge­legenheit bekommen, sie zu erlernen. Neuguineer, de­ren Eltern noch in der Steinzeit lebten, fliegen heute mo­derne Jets, und Amundsen und sein norwegisches Team konnten den Südpol nur erreichen, weil sie den Eskimos abgeguckt hatten, wie man mit Hundeschlitten reist.
    Es stellt sich also vielmehr die Frage, warum man­che Völker auch ohne nachweisbare genetisch beding­te Überlegenheit die kulturellen Vorteile erwarben, die sie zu Herren über andere Völker werden ließen. War es zum Beispiel purer Zufall, daß die aus Äquatorialafrika stammenden Bantu-Völker die Khoisaniden (Hottentot­ten und Buschmänner) in den meisten Teilen des südli­chen Afrikas verdrängten und nicht umgekehrt ? Zwar können wir bei Eroberungen kleineren Ausmaßes nicht erwarten, die letztlich entscheidenden Umweltfaktoren ausfindig zu machen, aber wenn wir unser Augenmerk auf größere, über längere Zeiträume erfolgte Bevölke­rungsverschiebungen richten, dürfte der Zufall weniger ins Gewicht fallen, und die wirklich ursächlichen Fak­toren sollten deutlicher zum Vorschein treten. In Kapi­tel 14 und 15 werden zwei der größten solcher Verschie­bungen in der jüngeren Geschichte untersucht: das Vor­dringen der Europäer nach Amerika und Australien und das große Rätsel, wie die indogermanischen Spra­chen einen so großen Teil Eurasiens von ihrer ursprüng­lich begrenzten Ausgangsbasis aus überrennen konnten. Wir werden im ersten Fall klar erkennen und im zwei­ten eher Spekulationen darüber anstellen, wie die Kultur und Wettbewerbsposition jeder Gesellschaft von ihrem biologischen und geographischen Erbe geprägt ist, ins­besondere davon, welche Pflanzen- und Tierarten sich zur Domestikation anboten.
    Die Rivalität unter Artgenossen ist keine Besonder­heit des Menschen. Bei allen Tierarten sind die größ-ten Rivalen zwangsläufig die Angehörigen der gleichen Art, da sie die stärkste ökologische Ähnlichkeit auf­weisen. Starke Unterschiede gibt es jedoch in den For­men, die der Konkurrenzkampf annimmt. In der ein­fachsten Form fressen sich Rivalen gegenseitig das Fut­ter weg, ohne daß offene Aggression ausbricht. Um eine milde Eskalation handelt es sich bei rituellen Darbietun­gen oder beim Verjagen von Rivalen. Als letztes Mittel wird der Gegner umgebracht, ein inzwischen bei vielen Arten nachgewiesenes Verhalten.
    Erhebliche Unterschiede bestehen auch darin, wer an den Auseinandersetzungen beteiligt ist. Bei den mei­sten Singvögeln, zum Beispiel beim Rotkehlchen, kämp­fen einzelne Männchen oder Paare gegeneinander. Bei Löwen und gewöhnlichen Schimpansen ziehen kleine Gruppen von Männchen, oft Brüder, gemeinsam in den Kampf, der auch tödlich enden kann. Wölfe und Hyä-nen liefern sich rudelweise Gefechte, während Ameisen­staaten regelrecht Krieg gegen andere Staaten führen. Kämpfe dieser Art mögen zwar für einzelne Tiere mit dem Tod enden, aber es gibt keine Tierart, deren Über­leben als ganze durch sie auch nur im entferntesten ge­fährdet wäre.
    Wie die meisten Tierarten konkurrieren auch Men­schen um Raum. Da wir in Gemeinschaften leben, spielt sich der Konkurrenzkampf zum Großteil in Form krie­gerischer Auseinandersetzungen zwischen benachbar­ten Gemeinschaften ab, gleicht also eher den Kriegen zwischen Ameisenstaaten als den Kämpfen der Rot­kehlchen. Ähnlich wie bei Wölfen und gewöhnlichen Schimpansen waren auch bei uns die Beziehungen zwi­schen Nachbarstämmen traditionell von Ablehnung ge­genüber Fremden gekennzeichnet, unterbrochen nur durch den gelegentlichen Austausch von Gatten (bei unserer Spezies auch von Gütern). Fremdenfeindlichkeit ist beim Homo sapiens besonders naheliegend, da un­ser Verhalten so stark kulturell und nicht genetisch be­stimmt ist und so ausgeprägte kulturelle Unterschiede zwischen menschlichen Populationen bestehen. Diese Merkmale machen es uns, im Gegensatz zu Wölfen und Schimpansen, leicht, Mitglieder fremder Gemeinschaf­ten auf einen Blick an der Kleidung oder Haartracht als solche zu erkennen.
    Was den

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