Der dritte Schimpanse
Nashörnern oder Tapiren hätten die europäischen Eindringlinge sicher niedergewalzt, aber dazu sollte es nicht kommen.
Ein sechster Verwandter des Pferdes, der Afrikanische Wildesel, war ein Vorfahr des Hausesels, der sich als prächtiges Lasttier erwies, aber als Schlachtroß nicht taugte. Der siebte Pferdeverwandte, der Persische Halbesel, diente vermutlich ab 3000 v. Chr. mehrere Jahrhunderte lang als Zugtier, er wird jedoch in allen Schilderungen mit Adjektiven wie »übellaunig«, »reizbar«, »unnahbar«, »unveränderbar« und »von Natur aus eigensinnig« versehen. Dem Bösewicht mußte ständig ein Maulkorb angelegt werden, da er sonst jeden biß, der sich ihm nä-herte. Als um 2300 v. Chr. das domestizierte Pferd den Mittleren Osten erreichte, landete der Persische Halbesel auf dem Schrotthaufen der gescheiterten Domestikationsversuche.
Pferde revolutionierten die Kriegführung wie kein anderes Tier in der Geschichte, nicht einmal Elefanten und Kamele. Ihre Domestikation war es vermutlich, die schon bald zur Expansion der ersten indogermanischen Sprachen führte, die sich nach und nach über einen gro-ßen Teil der Welt ausbreiten sollten. Vor Streitwagen gespannt, wurden Pferde ein paar tausend Jahre später die unaufhaltbaren Sherman-Tanks der Antike. Nach der Erfindung von Sattel und Steigbügeln konnte Attila der Hunnenkönig Teile des Römischen Reiches verwüsten, Dschingis-Khan eroberte zu Pferde ein Reich, das sich von Rußland bis China erstreckte, und in Westafrika entstanden Militärkönigreiche. Ein paar Dutzend Pferde und ein paar hundert Spanier verhalfen Cortes und Pizarro zum Sieg über die beiden bevölkerungsreichsten und am höchsten entwickelten Staaten der Neuen Welt, das Azteken- und das Inkareich. Mit erfolglosen Attacken der polnischen Kavallerie gegen Hitlers einfallende Armeen ging schließlich im September 1939 nach 6000 Jahren die Ära der militärischen Bedeutung des am meisten gepriesenen aller Haustiere zu Ende.
Tragischerweise waren Verwandte der Pferde, auf denen Cortes und Pizarro geritten kamen, einst in der Neuen Welt heimisch gewesen. Hätten sie überlebt, wä-ren die Konquistadoren womöglich von Montezumas und Atahualpas eigener Kavallerie geschlagen worden. Doch wie es das Schicksal wollte, waren Amerikas Pferde schon lange ausgestorben, zusammen mit 80 bis 90 Prozent der größeren Säugetierarten Amerikas und Australiens. Es geschah um die Zeit, als die ersten menschlichen Siedler – Vorfahren der heutigen Indianer und australischen Ureinwohner – auf diesen Kontinenten eintrafen. Nord- und Südamerika verloren nicht nur die Pferde, sondern auch andere potentiell domestizierbare Arten wie große Kamele, Bodenfaultiere und Elefanten. In Australien verschwanden Riesenkänguruhs, Riesenwombats und die nashornartigen Diprotodonten. Am Ende gab es in Australien und Nordamerika gar keine domestizierbaren Säugetierarten mehr, es sei denn, die Hunde der Indianer stammten von nordamerikanischen Wölfen ab. Südamerika blieben nur das Meerschweinchen (das als Nahrung diente), das Alpaka (Wolle) und das Lama (ein Last-, aber kein Reittier) erhalten.
Domestizierte Säugetiere steuerten deshalb nichts zur Proteinversorgung der australischen und amerikanischen Ureinwohner bei, außer in den Anden, wo ihr Beitrag jedoch viel geringer war als in der Alten Welt. Kein in Amerika oder Australien heimisches Säugetier zog jemals einen Pflug, einen Karren oder Streitwagen, gab Milch oder trug einen Reiter. Die Zivilisationen der Neuen Welt schlenderten mit menschlicher Muskelkraft allein dahin, während die Alte Welt mit der Energie von Tieren, Wind und Wasser voranstürmte.
Es ist noch umstritten, ob das prähistorische Aussterben der meisten großen amerikanischen und australischen Säugetiere klimatische Ursachen hatte oder auf das Konto der ersten menschlichen Einwanderer ging. Wie dem auch sei, war die fast unausweichliche Folge, daß die Nachfahren jener ersten Siedler über 10 000 Jahre später von Menschen aus Eurasien und Afrika, den Kontinenten, auf denen die meisten großen Säugetierarten überlebt hatten, unterworfen wurden.
Gilt ähnliches auch für Pflanzen ? Einige Parallelen fallen sogleich auf. Wie bei den Tieren erwies sich nur ein kleiner Bruchteil aller wildwachsenden Pflanzenarten als geeignet, domestiziert zu werden. So gelang die Domestikation bei Pflanzenarten, die sich durch Selbstbestäubung
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