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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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bei den drei Arten aus dem Nahen Osten vergingen jedoch Jahrtausende bis zur Entstehung hoch­ertragreicher Maissorten, die als Ernährungsgrundlage ganzer Dörfer oder Städte dienen konnten. Und selbst dann noch bereitete die Frucht den indianischen Bauern größere Schwierigkeiten als die Getreidearten der Alten Welt den dortigen Bauern. Maiskolben mußten einzeln von Hand geerntet werden statt en gros mit der Sichel ; die Kolben mußten aus ihrer Hülle geschält werden ; die Körner fielen nicht ab, sondern mußten abgeschabt oder -gebissen werden; und zur Aussaat mußten die Körner einzeln in die Erde gepflanzt statt en gros ausgestreut werden. Vom Nährwert her blieb das Ergebnis ebenfalls hinter den Getreidearten der Alten Welt zurück : nied­rigerer Proteingehalt, Mangel an wichtigen Aminosäu­ren, kein Vitamin Niacin (dadurch größere Häufigkeit der Mangelkrankheit Pellagra). Durch eine alkalische Behandlung der Ernte wurden diese Mängel wenigstens zum Teil behoben.
    Kurzum, die Eigenschaften der Hauptnahrungspflan­ze der Neuen Welt machten es den Menschen viel schwe­rer, ihren potentiellen Wert schon in der Natur zu er­kennen. Sie erwies sich als weniger leicht domestizier­bar und selbst nach der Domestikation als mühevoller zu ernten. Ein großer Teil der Kluft zwischen den Zivili­sationen der Alten und Neuen Welt könnte auf diese Be­sonderheiten einer einzigen Pflanze zurückgehen.

    Abb. 6 : Achsen der Alten und Neuen Welt
    Bis hierher habe ich die Funktion der Geographie, oder besser Biogeographie, in bezug auf lokale Wildtiere und -pflanzen erörtert, die sich zur Domestikation eigneten. Doch noch ein weiterer wichtiger Aspekt der Geogra­phie verdient Beachtung. Sämtliche Zivilisationen wa­ren nicht nur auf Nahrungspflanzen, die sie selbst do­mestiziert hatten, angewiesen, sondern auch auf Pflan­zen, deren Domestikation ganz woanders erfolgt war. Die eher in Nord-Süd-Richtung verlaufende Achse der Neuen Welt erschwerte eine solche Diffusion von Nah­rungspflanzen, während die vorherrschende Ost-West-Achse der Alten Welt sie erleichterte (siehe Abb. 6).
    Heute erscheint uns die allgemeine Verbreitung der Pflanzen als so selbstverständlich, daß wir nur selten fragen, woher unsere Nahrung stammt. Eine typische amerikanische oder europäische Mahlzeit besteht zum Beispiel aus Huhn (Ursprung Südostasien) mit Mais (aus Mexiko) oder Kartoffeln (aus den südlichen Anden), gewürzt mit Pfeffer (aus Indien), dazu einem Stück Brot (aus nahöstlichem Weizen) und Butter (von nahöstli­chen Rindern) und einer Tasse Kaffee (aus Äthiopien) zum Herunterspülen. Doch die Diffusion gepriesener Pflanzen und Tiere fing nicht erst in der Neuzeit an: Sie geschah seit Jahrtausenden.
    Innerhalb einer Klimazone breiten sich Pflanzen und Tiere rasch und mühelos aus, da sie an die dort herr­schenden Bedingungen angepaßt sind. Eine Ausbreitung außerhalb dieser Zone erfordert die Entstehung neuer Sorten mit der Fähigkeit zum Überleben unter anderen klimatischen Bedingungen. Ein Blick auf die Karte der Alten Welt in Abb. 6 zeigt, welche Distanzen dort ohne Verlassen der Klimazone zurückgelegt werden konnten. Viele solcher Wanderungen sollten von enormer Bedeu­tung für das Aufkommen der Landwirtschaft in Gebie­ten sein, in denen sie noch nicht Fuß gefaßt hatte, oder sie anderswo bereichern. Zwischen China, Indien, dem Nahen Osten und Europa konnten sich Arten in bei­de Richtungen bewegen, ohne je die gemäßigten Brei­ten der nördlichen Hemisphäre zu verlassen. In einem in Amerika gern stolz gesungenen Lied, »America the Beautiful«, ist die Rede von Amerikas weiten Horizon­ten und seinen gelbbraunen, wogenden Kornfeldern. In Wirklichkeit hatte die Alte Welt die weitesten Horizonte der nördlichen Halbkugel : Gelbbraune Felder verwand­ter Getreidearten erstreckten sich über mehr als 11 000 Kilometer von den Küsten Frankreichs bis zum Ostchi­nesischen Meer.
    Schon die Römer bauten Weizen und Gerste aus dem Nahen Osten, Pfirsiche und Zitrusfrüchte aus China, Gurken und Sesam aus Indien, Hanf und Zwiebeln aus Mittelasien, außerdem Hafer und Mohn aus Europa an. Pferde gelangten vom Nahen Osten bis nach Westafri­ka und lösten eine Revolution in der Kriegführung aus, während Schafe und Rinder den Weg über das Hoch­land von Ostafrika bis in den Süden des Kontinents fan­den, wo sie Hottentotten, denen es an eigenen Haustie­ren mangelte, zu Hirten machten. Sorghum und Baum­wolle

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