Der dritte Schimpanse
aus Afrika trafen um 2000 v. Chr. in Indien ein, während Bananen und Yamswurzeln aus dem tropischen Südostasien den Indischen Ozean überquerten und das Spektrum der Anbaupflanzen im tropischen Afrika erweiterten.
In der Neuen Welt dagegen erstrecken sich zwischen der gemäßigten Zone Nordamerikas und ihrem Gegenstück in den Anden und im südlichen Teil Südamerikas Tausende von Kilometern tropischer Gebiete, in denen Arten aus den gemäßigten Breiten keine Überlebenschance haben. Deshalb fanden auch Lama, Alpaka und Meerschweinchen in prähistorischer Zeit nie den Weg von den Anden nach Nordamerika oder auch nur nach Mexiko, was beide Gebiete ohne Haustiere zum Transport von Lasten oder als Lieferanten von Wolle oder Fleisch ließ (mit Ausnahme von Hunden, die mit Mais gemästet wurden). Auch die Kartoffel gelangte von den Anden nie nach Mexiko oder Nordamerika, während umgekehrt die Sonnenblume ihr Verbreitungsgebiet in Nordamerika nicht verließ. Von vielen Anbaupflanzen, die offenbar in prähistorischer Zeit in beiden Hälften des Doppelkontinents genutzt worden waren, traten später unterschiedliche Sorten oder sogar Unterarten in Nord- und Südamerika auf, was vermuten läßt, daß sie hier wie dort unabhängig voneinander domestiziert worden waren. Das scheint beispielsweise bei Baumwolle, Bohnen, Limabohnen, Chili und Tabak der Fall gewesen zu sein. Dem Mais gelang tatsächlich die Ausbreitung von Mexiko nach Nord- wie auch Südamerika. Doch einfach war das offenbar nicht, vielleicht, weil es so lange dauerte, bis Sorten entstanden, die an andere Breiten angepaßt waren. Erst um 900 n. Chr. – Jahrtausende nach seinem ersten Auftauchen in Mexiko – wurde Mais im Tal des Mississippi zum Hauptnahrungsmittel und verspäteten Auslöser des Aufstiegs jener geheimnisvollen Zivilisation des amerikanischen Mittelwestens, die durch ihre Grabhügel Bekanntheit erlangte (die sogenannten Moundbuilder).
Wären Alte und Neue Welt um 90 Grad um die jeweilige Achse gedreht worden, so hätte die Ausbreitung von Anbaupflanzen und Haustieren in der Alten Welt einen langsameren und in der Neuen Welt einen rascheren Verlauf genommen. Das Tempo der Entstehung und des Aufstiegs von Zivilisationen wäre entsprechend anders gewesen. Wer weiß, ob nicht dieser Unterschied Montezuma oder Atahualpa genügt hätte, auch ohne Pferde in Europa einzumarschieren?
Das unterschiedliche Tempo, in dem sich auf den verschiedenen Kontinenten Zivilisationen entfalteten, war also kein Ergebnis des Zufalls, bedingt vielleicht durch ein paar Genies. Sie waren auch nicht das Ergebnis biologischer Unterschiede, wie sie bei Tieren über den Ausgang von Konkurrenzkämpfen entscheiden – daß also etwa manche Populationen schneller laufen oder Nahrung besser verwerten konnten als andere. Und sie beruhten auch nicht auf Unterschieden im Erfindungsreichtum der Völker, für die es ohnehin keine Beweise gibt. Vielmehr lag die Ursache in Einflüssen der Biogeographie auf die kulturelle Entwicklung. Hätte man die Bewohner Europas und Australiens vor 12 000 Jahren miteinander vertauscht, so wären es die nach Europa verpflanzten ehemaligen australischen Ureinwohner gewesen, die früher oder später Amerika und Australien erobert hätten.
Die Geographie bestimmt die Grundregeln der biologischen wie auch der kulturellen Evolution aller Arten einschließlich des Menschen. Ihre Rolle in der modernen Geschichte ist sogar noch offenkundiger als ihre Bedeutung für das Tempo der Domestikation von Pflanzen und Tieren. Es ist daher fast komisch, daß die Hälfte aller amerikanischen Schulkinder nicht einmal weiß, wo Panama liegt. Alles andere als komisch mutet es an, wenn Politiker die gleiche Unwissenheit zur Schau stellen. Von den vielen unrühmlichen Beispielen für Tragö-dien, die auf das Konto geographisch ahnungsloser Politiker gehen, will ich nur zwei nennen: die unnatürlichen Grenzen zwischen afrikanischen Staaten, die im 19. Jahrhundert von den europäischen Kolonialmächten am grünen Tisch gezogen wurden und eine schwere Hypothek für die Stabilität mancher heutiger Staaten dieses Kontinents darstellen, und die osteuropäischen Grenzen, die 1919 im Versailler Vertrag von Politikern festgelegt wurden, die von dieser Region herzlich wenig verstanden und so Zündstoff schufen, der mit zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs beitrug.
Bis vor wenigen Jahrzehnten war
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