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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Europäer ein genaues Nachvollziehen unseres Aufstiegs und Falls.
    Innerhalb der letzten paar Jahrzehnte haben wir die Mittel entwickelt, um Funksignale zu fremden Sternen zu senden, aber auch die, uns über Nacht in die Luft zu jagen. Doch selbst wenn es nicht zu diesem schnellen Ende kommt, beschleunigt sich doch die Ausbeutung der Produktivität unseres Planeten durch den Menschen sowie die Ausrottung von Arten und die Zerstörung der Umwelt in einem solchen Maße, daß es so nicht einmal die nächsten hundert Jahre weitergehen kann. Es ließe sich einwenden, daß keine klaren Anzeichen dafür zu erkennen sind, daß der Höhepunkt unserer Geschichte schon bald erreicht ist. Doch die Anzeichen sind deutlich, wenn man sie genau genug anschaut und dann ex­trapoliert. Hunger, Umweltverschmutzung und Ver­nichtungstechnologien sind auf dem Vormarsch, wäh­rend Anbauflächen, die Nahrungsvorräte der Ozeane und andere Erzeugnisse der Natur ebenso im Schwin­den begriffen sind wie die Fähigkeit der Umwelt, stei­gende Mengen unseres Abfalls zu absorbieren. Das Kon­kurrieren von immer mehr Menschen um immer we­niger Ressourcen kann nicht ohne gravierende Folgen bleiben.
    Was wird also geschehen?
    Es gibt viele Gründe für Pessimismus. Selbst wenn alle heute lebenden Menschen morgen tot umfielen, würden die Schäden, die wir unserer Umwelt bereits zu­gefügt haben, dafür sorgen, daß der Verfall noch Jahr­zehnte weiterginge. Unzählige Arten gehören schon jetzt zu den »lebenden Toten«, mit so niedrigen Popula­tionen, daß eine Erholung unmöglich ist. Trotz unseres selbstzerstörerischen Verhaltens in der Vergangenheit, aus dem wir hätten lernen können, bestreiten viele, die es besser wissen müßten, daß eine Begrenzung unserer Bevölkerungszahl notwendig ist, und setzen die Angrif­fe auf unsere Umwelt ungebremst fort. Andere schließen sich aus egoistischem Profitinteresse oder aus purer Un­wissenheit an. Eine noch größere Zahl von Menschen ist zu sehr mit dem Kampf ums Überleben beschäftigt, um es sich überhaupt leisten zu können, die Folgen des ei­genen Handelns abzuwägen. All dies läßt fürchten, daß der Zug bereits unaufhaltsam auf den Abgrund zurollt, daß auch wir bereits zu den lebenden Toten gehören und unsere Zukunft so düster wie die der beiden ande­ren Schimpansen sein wird.
    Ein Satz des holländischen Entdeckungsreisenden Professor Arthur Wichmann, den dieser 1912 in einem anderen Zusammenhang schrieb, trifft diesen Pessimis­mus haargenau. Wichmann hatte zehn Jahre seines Le­bens dem Verfassen einer monumentalen dreibändi­gen Abhandlung über die Geschichte der Entdeckung und Erforschung Neuguineas gewidmet. Auf 1198 Sei­ten wertete er jede Informationsquelle über Neuguinea, derer er habhaft werden konnte, aus, von den frühesten Berichten, die nach Indonesien sickerten, bis zu den gro-ßen Expeditionen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Ernüchterung stellte sich bei ihm ein, als er erkannte, daß die verschiedenen Forschungsreisenden nacheinan­der immer die gleichen Dummheiten begangen hatten: Sie prahlten mit Leistungen, die keine waren, weiger­ten sich, verhängnisvolle Mißgeschicke einzugestehen, ignorierten die Erfahrungen früherer Forscher, wieder­holten alte Fehler und stolperten dadurch unnötig in Leid und Tod. Im Rückblick auf diese lange Geschich­te prophezeite Wichmann, künftige Forschungsreisende würden sicher wieder die gleichen Fehler machen. Der bittere Schlußsatz seines Werkes lautete : »Nichts gelernt und alles vergessen !«
    Trotz all der erwähnten Gründe, die ein ähnliches Licht auf das Schicksal der Menschheit werfen, halte ich unsere Lage nicht für ausweglos. Wir schaffen unse­re Probleme ganz allein und haben es deshalb in unse­rer Macht, sie zu lösen. Mag auch unsere Sprache, Kunst und Landwirtschaft nicht so einzigartig sein, wie wir meist denken, unterscheiden wir uns doch von allen Tie­ren darin, daß wir aus den Erfahrungen von Artgenos­sen an entfernten Orten oder in ferner Vergangenheit lernen können. Grund zur Hoffnung sehe ich zum Bei­spiel darin, daß eine ganze Reihe realistischer, breit dis­kutierter Strategien zur Vermeidung der Katastrophe er­dacht wurden, wie die Eindämmung des Bevölkerungs­wachstums, die Erhaltung natürlicher Lebensräume und der Schutz der Umwelt auf vielfältige Weise. Zahlreiche Regierungen praktizieren bereits in manchen Fällen ei­nige dieser naheliegenden Maßnahmen.
    So

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