Der dritte Schimpanse
wächst das Umweltbewußtsein der Bevölkerung und auch der politische Einfluß ökologisch orientierter Bewegungen. Nicht jede Schlacht wird heute mehr von den Verfechtern eines blindwütigen Wirtschaftswachstums gewonnen, und nicht immer gewinnen kurzsichtige ökonomische Argumente die Oberhand. In vielen Ländern konnte die Geburtenrate in den letzten Jahren gesenkt werden. Genozid geschieht zwar nach wie vor, doch die Ausbreitung der modernen Kommunikationstechnologie besitzt wenigstens das Potential, unsere alte Fremdenfeindlichkeit zu verringern und es uns schwerer zu machen, die Angehörigen fremder Völker als von uns völlig verschiedene »Untermenschen« abzustempeln. Ich war sieben Jahre alt, als die Atombomben über Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden, und kann mich deshalb gut an das Gefühl der unmittelbaren Gefahr eines atomaren Holocausts erinnern, das danach mehrere Jahrzehnte lang in uns war. Doch inzwischen sind fast 50 Jahre vergangen, ohne daß es zu einem erneuten Einsatz von Atomwaffen gekommen ist. Die Gefahr atomarer Verwüstung scheint heute geringer als zu irgendeinem Zeitpunkt seit dem 9. August 1945.
Meine Einstellung ist durch die Erfahrungen geprägt, die ich seit 1979 als Berater der indonesischen Regierung beim Aufbau eines Systems von Naturreservaten im indonesischen Teil Neuguineas (Provinz Irian Jaya) sammeln konnte. Indonesien bietet auf den ersten Blick nicht viel Hoffnung auf Erfolg bei der Erhaltung schrumpfender natürlicher Lebensräume. Vielmehr treten die Probleme tropischer Länder der Dritten Welt hier in akuter Form an den Tag. Mit über 180 Millionen Einwohnern hat Indonesien die fünftgrößte Bevölkerung der Welt und zählt zu den ärmeren Ländern. Das Bevölkerungswachstum verläuft rapide, was sich zum Beispiel daran zeigt, daß fast die Hälfte der Indonesier jünger ist als 15 Jahre. Einige besonders dicht besiedelte Provinzen exportieren ihren Bevölkerungsüberschuß zu den dünner besiedelten (zum Beispiel nach Irian Jaya). Weder erfreut sich die Beobachtung von Vögeln großer Beliebtheit noch gibt es einheimische Umweltschutzbewegungen mit großer Mitgliederzahl. Die Regierungsform ist nicht demokratisch im westlichen Sinne, Korruption gilt als verbreitetes Übel. Und die Abholzung der unberührten Regenwälder wird in ihrer Bedeutung als Devisenquelle nur von der Öl- und Erdgasförderung übertroffen.
Aus all diesen Gründen würde man nicht erwarten, daß die Erhaltung von Arten und natürlichen Lebensräumen in Indonesien eine ernsthafte Priorität darstellt. Als ich zum erstenmal nach Irian Jaya flog, hatte ich insgeheim Zweifel, ob am Ende meiner Arbeit ein wirksames Umweltschutzprogramm stehen würde. Zum Glück erwies sich dieser Pessimismus als falsch. Dank der aktiven Rolle einer Gruppe von Indonesiern, die von der Bedeutung des Umweltschutzes überzeugt waren, besitzt Irian Jaya heute Ansätze eines Systems von Naturreservaten, deren Fläche nicht weniger als 20 Prozent der Provinz beträgt. Und diese Reservate existieren nicht etwa bloß auf dem Papier. Im Laufe meiner Tätigkeit stieß ich des öfteren angenehm überrascht auf Sägewerke, die stillgelegt worden waren, weil sie im Konflikt mit Naturreservaten standen, und begegnete immer wieder Parkaufsehern auf Patrouillengängen. All diese Maß-nahmen wurzelten nicht in idealistischen Einstellungen, sondern im nüchtern kalkulierten nationalen Eigeninteresse. Wenn aber Indonesien zu solchen Schritten fä-hig ist, sind es auch andere Länder, in denen vergleichbare Hindernisse den Umweltschutz blockieren, und natürlich auch die viel reicheren Länder mit ihren starken Umweltschutzbewegungen.
Wir brauchen keine neuen Technologien zu erfinden, um unsere Probleme zu lösen. Wir brauchen nur mehr Regierungen, die viel mehr der naheliegenden Dinge tun, die manche Regierungen bereits in einigen Fällen unternehmen. Es ist auch nicht richtig, daß der Durchschnittsbürger keinen Einfluß hat. In vielen Fällen trugen Bürgerinitiativen in den letzten Jahren dazu bei, bedrohte Arten vor dem Aussterben zu bewahren – ich spreche zum Beispiel vom kommerziellen Walfang, der Pelzjagd auf Großkatzen und dem Import in freier Wildbahn gefangener Schimpansen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Gerade in diesem Bereich kann jedermann auch mit einer kleinen Spende große Wirkung erzielen, da die Umweltschutzorganisationen an
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