Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
Vom Netzwerk:
wächst das Umweltbewußtsein der Bevölkerung und auch der politische Einfluß ökologisch orientierter Bewegungen. Nicht jede Schlacht wird heute mehr von den Verfechtern eines blindwütigen Wirtschaftswachs­tums gewonnen, und nicht immer gewinnen kurzsich­tige ökonomische Argumente die Oberhand. In vielen Ländern konnte die Geburtenrate in den letzten Jahren gesenkt werden. Genozid geschieht zwar nach wie vor, doch die Ausbreitung der modernen Kommunikations­technologie besitzt wenigstens das Potential, unsere alte Fremdenfeindlichkeit zu verringern und es uns schwerer zu machen, die Angehörigen fremder Völker als von uns völlig verschiedene »Untermenschen« abzustempeln. Ich war sieben Jahre alt, als die Atombomben über Hiroshi­ma und Nagasaki abgeworfen wurden, und kann mich deshalb gut an das Gefühl der unmittelbaren Gefahr ei­nes atomaren Holocausts erinnern, das danach mehrere Jahrzehnte lang in uns war. Doch inzwischen sind fast 50 Jahre vergangen, ohne daß es zu einem erneuten Ein­satz von Atomwaffen gekommen ist. Die Gefahr atoma­rer Verwüstung scheint heute geringer als zu irgendei­nem Zeitpunkt seit dem 9. August 1945.
    Meine Einstellung ist durch die Erfahrungen geprägt, die ich seit 1979 als Berater der indonesischen Regierung beim Aufbau eines Systems von Naturreservaten im in­donesischen Teil Neuguineas (Provinz Irian Jaya) sam­meln konnte. Indonesien bietet auf den ersten Blick nicht viel Hoffnung auf Erfolg bei der Erhaltung schrumpfen­der natürlicher Lebensräume. Vielmehr treten die Pro­bleme tropischer Länder der Dritten Welt hier in aku­ter Form an den Tag. Mit über 180 Millionen Einwoh­nern hat Indonesien die fünftgrößte Bevölkerung der Welt und zählt zu den ärmeren Ländern. Das Bevölke­rungswachstum verläuft rapide, was sich zum Beispiel daran zeigt, daß fast die Hälfte der Indonesier jünger ist als 15 Jahre. Einige besonders dicht besiedelte Provin­zen exportieren ihren Bevölkerungsüberschuß zu den dünner besiedelten (zum Beispiel nach Irian Jaya). We­der erfreut sich die Beobachtung von Vögeln großer Be­liebtheit noch gibt es einheimische Umweltschutzbewe­gungen mit großer Mitgliederzahl. Die Regierungsform ist nicht demokratisch im westlichen Sinne, Korruption gilt als verbreitetes Übel. Und die Abholzung der unbe­rührten Regenwälder wird in ihrer Bedeutung als Devi­senquelle nur von der Öl- und Erdgasförderung über­troffen.
    Aus all diesen Gründen würde man nicht erwarten, daß die Erhaltung von Arten und natürlichen Lebensräumen in Indonesien eine ernsthafte Priorität darstellt. Als ich zum erstenmal nach Irian Jaya flog, hatte ich ins­geheim Zweifel, ob am Ende meiner Arbeit ein wirksa­mes Umweltschutzprogramm stehen würde. Zum Glück erwies sich dieser Pessimismus als falsch. Dank der ak­tiven Rolle einer Gruppe von Indonesiern, die von der Bedeutung des Umweltschutzes überzeugt waren, be­sitzt Irian Jaya heute Ansätze eines Systems von Natur­reservaten, deren Fläche nicht weniger als 20 Prozent der Provinz beträgt. Und diese Reservate existieren nicht etwa bloß auf dem Papier. Im Laufe meiner Tätigkeit stieß ich des öfteren angenehm überrascht auf Sägewer­ke, die stillgelegt worden waren, weil sie im Konflikt mit Naturreservaten standen, und begegnete immer wieder Parkaufsehern auf Patrouillengängen. All diese Maß-nahmen wurzelten nicht in idealistischen Einstellungen, sondern im nüchtern kalkulierten nationalen Eigenin­teresse. Wenn aber Indonesien zu solchen Schritten fä-hig ist, sind es auch andere Länder, in denen vergleich­bare Hindernisse den Umweltschutz blockieren, und natürlich auch die viel reicheren Länder mit ihren starken Umweltschutzbewegungen.
    Wir brauchen keine neuen Technologien zu erfin­den, um unsere Probleme zu lösen. Wir brauchen nur mehr Regierungen, die viel mehr der naheliegenden Dinge tun, die manche Regierungen bereits in einigen Fällen unternehmen. Es ist auch nicht richtig, daß der Durchschnittsbürger keinen Einfluß hat. In vielen Fäl­len trugen Bürgerinitiativen in den letzten Jahren dazu bei, bedrohte Arten vor dem Aussterben zu bewahren – ich spreche zum Beispiel vom kommerziellen Walfang, der Pelzjagd auf Großkatzen und dem Import in frei­er Wildbahn gefangener Schimpansen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Gerade in diesem Bereich kann je­dermann auch mit einer kleinen Spende große Wirkung erzielen, da die Umweltschutzorganisationen an

Weitere Kostenlose Bücher