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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Jahrhun­derts. Sie galt in Amerika und Europa in der Vergan­genheit nicht und wird auch heute im größten Teil der Welt noch nicht angewandt, wo Ehen statt dessen von den beteiligten Familien arrangiert werden. Braut und Bräutigam lernen sich oft erst am Tag der Hochzeit ken­nen. Wie könnten meine Behauptungen auf solche Ehen zutreffen?
    Natürlich können sie es nicht, wenn man nur von le­galen Ehen spricht. Doch sie träfen immer noch für die Wahl außerehelicher Sexualpartner zu, die für die Zeu­gung einer gar nicht so unerheblichen Zahl von Kindern verantwortlich sein dürften, wie Blutgruppenuntersu­chungen an amerikanischen und britischen Kindern ergaben. Ich gehe sogar davon aus, daß außereheliche Vaterschaften in Gesellschaften mit fremdvermittelten Ehen noch häufiger vorkommen als in Gesellschaften, in denen die Frauen ihre sexuelle Präferenz bei der Ehe­gattenwahl frei ausüben können.
    Es ist folglich nicht einfach so, daß Neuguinea-Män­ner Neuguinea-Frauen Kalifornierinnen vorziehen und umgekehrt : Unsere Suchbilder sind viel präziser. Doch trotz dieser Einsichten bleiben noch immer Fragen offen. Ist mein Suchbild nun angeboren oder erlernt ? Könn­te ich zwischen Sex mit meiner Schwester oder mit ei­ner Fremden wählen, so würde ich mit Sicherheit das Angebot meiner Schwester und wahrscheinlich auch das meiner Cousine ersten Grades ablehnen, aber würde ich meiner Cousine zweiten Grades den Vorzug vor ei­ner Fremden geben (da mir die Cousine wahrscheinlich stärker ähnelt) ? Diese Fragen ließen sich experimentell eindeutig beantworten – zum Beispiel, indem man ei­nen Mann mit seinen Cousinen ersten, zweiten, dritten, vierten und fünften Grades in einen großen Käfig sperr­te und Buch darüber führte, wie oft er mit jeder von ih­nen sexuell verkehrte ; natürlich müßte das Experiment mit vielen Männern (bzw. Frauen) und ihren Cousinen (bzw. Cousins) wiederholt werden. Doch für solche Ex­perimente geben sich Menschen nun einmal nicht her. Dafür wurden sie an mehreren Tierarten durchgeführt, wobei sehr interessante Ergebnisse herauskamen. Ich will nur Beispiele von Wachteln, Mäusen und Ratten an­führen. (Unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen, sind nicht geeignet, da sie so wenig wählerisch sind.)
    Schauen wir uns zunächst die japanischen Wachteln an, reizende Vögel mit einem braunen oder weißen Gefieder. Im Normalfall wachsen sie bei ihren biologischen Eltern und Geschwistern auf. Man kann jedoch auch Eier aus verschiedenen Nestern vor dem Ausschlüpfen der Jun­gen vertauschen. Auf diese Weise bringt man »Pflege­eltern« dazu, ein Wachteljunges zusammen mit seinen »Pseudogeschwistern« aufzuziehen, das heißt mit seinen Nestgefährten, mit denen es zur gleichen Zeit aus dem Ei schlüpft, aber nicht verwandt ist.
    Um die Präferenzen männlicher Wachteln zu testen, sperrte man ein Männchen zusammen mit zwei Weib­chen in einen Käfig und beobachtete dann, mit wel­chem Weibchen das Männchen mehr Zeit verbrachte bzw. kopulierte. Es stellte sich heraus, daß Männchen bei Weibchen immer die Farbe bevorzugten, die sie von ihren Nestgefährtinnen kannten. Und weiter, wenn ein Männchen mit Braunpräferenz zwischen mehreren braunen Weibchen wählen konnte, die er noch nie ge­sehen hatte (obgleich manche seine Verwandten wa­ren, von denen man ihn vor dem Ausschlüpfen getrennt hatte), bevorzugte es die Cousine ersten Grades vor der Cousine dritten Grades oder einem nicht mit ihm ver­wandten Weibchen, doch es bevorzugte auch die Cou­sine ersten Grades vor der eigenen Schwester. Offen­bar prägen sich männliche Wachteln während des Auf­wachsens das Bild ihrer Schwestern (oder Mutter) ein und suchen dann eine Paarungsgefährtin, die diesem Bild sehr ähnelt, aber auch nicht zu sehr. Wie so man­ches im Leben ist Inzucht anscheinend in Maßen gut – ein wenig Inzucht bitte sehr, aber nicht zuviel. So be­vorzugt ein Männchen, das die Wahl zwischen mehre­ren nicht mit ihm verwandten braunen Weibchen hat, ein fremdes gegenüber einem vertrauten Weibchen, mit dem es im gleichen Nest aufgewachsen war (also einer »Pseudoschwester«, die beim Männchen den »Nicht­zu­viel-Inzest-Alarm« auslöst).
    Mäuse und Ratten lernen ebenfalls bereits als Jun­ge, worauf es ihnen bei späteren Paarungspartnern an­kommt. Allerdings treffen sie ihre Wahl eher nach dem Geruch als nach dem Aussehen. Weibliche Mäusejunge, deren Eltern mehrfach mit Parfüm der

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