Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
Vom Netzwerk:
war ! Unter den Kindern, die seit der Geburt derselben Kleingrup­pe Gleichaltriger angehört hatten, kam es nicht nur zu keinen Eheschließungen, sondern es fanden auch weder in der Jugend noch im Erwachsenenalter irgendwelche heterosexuellen Aktivitäten statt. Dies ist eine erstaun­liche Zurückhaltung seitens der fast 3000 jungen Män­ner und Frauen, denen sich fast täglich Gelegenheit zum Sammeln sexueller Erfahrungen miteinander bot und die außerhalb ihrer Gruppen viel weniger Gelegenheit dazu besaßen. Dieses Ergebnis veranschaulicht auf dra­matische Weise, daß der Zeitraum zwischen der Geburt und dem Alter von sechs Jahren eine entscheidende Be­deutung für die Herausbildung unserer sexuellen Prä-ferenzen darstellt. Wir lernen , wie unbewußt auch im­mer, daß unsere engen Gefährten aus diesem Lebens­abschnitt als Sexualpartner nicht in Betracht kommen, nachdem wir geschlechtsreif’ geworden sind.
    Auch den Teil unseres Suchbildes, der die positiven Suchkriterien enthält, scheinen wir zu erlernen, nicht nur den mit den negativen. So war eine meiner chine­sischen Bekannten in einem Umfeld aufgewachsen, in dem nur weiße Familien lebten. Als Erwachsene zog sie in eine Gegend mit vielen Chinesen und ging eine Zeit­lang sowohl mit chinesischen als auch mit weißen Män­nern aus, erkannte dann aber, daß sie weiße attraktiver fand. Sie heiratete zweimal, beide Male einen Weißen. Durch die eigenen Erfahrungen neugierig geworden, befragte sie ihre chinesischen Freundinnen nach de­ren Hintergrund. Es stellte sich heraus, daß die meisten von ihnen, die in weißen Enklaven aufgewachsen wa­ren, ebenfalls weiße Männer geheiratet hatten, während diejenigen, die in chinesischer Umgebung groß gewor­den waren, einen chinesischen Ehemann hatten – wobei es keiner an Auswahl unter Männern beider Rassen ge­fehlt hatte. Es prägen demnach diejenigen Personen des anderen Geschlechts, die sich während des Aufwach­sens in unserer Nähe befinden, unsere Schönheitsmaß-stäbe und unser Suchbild, wenngleich sie selbst als spä-tere Partner nicht in Frage kommen.
    Überlegen Sie einmal: Welche Sorte von Männern bzw. Frauen finden Sie selbst körperlich attraktiv, und wie ist Ihr Geschmack entstanden ? Ich denke, die mei­sten sind wie ich in der Lage, ihre Präferenzen auf das Aussehen ihrer Eltern oder Geschwister oder Kindheits­freunde zurückzuführen. Lassen Sie sich also von den ganzen Alltagsweisheiten über Sex-Appeal – »Blondi­nen werden bevorzugt«, »Brillenträgerinnen haben bei Männern wenig Chancen« usw. – nicht entmutigen. Jede dieser »Regeln« trifft nur auf einige von uns zu, und es gibt genügend Männer, die eine kurzsichtige Brünette zur Mutter hatten. Zum Glück für meine Frau und mich – wir sind beide brünette Brillenträger mit ebensolchen Eltern – ist Schönheit im Auge des Betrachters.

Kapitel 6
Sexuelle Selektion und der Ursprung der menschlichen Rassen
    »White man ! Lookim this­feller line three­feller man. This­feller number­one he belong Buka Island, na ’nother­feller number­two he belong Makira Island, na this­feller number­three he belong Sikaiana Island. Yu no savvy ? Yu no enough lookim straight ? I think, eye­belong­yu he bugger­up finish?« (»Weißer Mann! Kuck­en die drei Männer in Reihe dort drüben. Nummer­eins-Mann von Buka-Insel, Nummer­zwei-Mann von Maki­ra-Insel, Nummerdrei-Mann von Sikaiana-Insel. Du nix kapieren ? Du nix kucken scharf ? Ich glauben, du Auge kaputt fertig?«)
    Nein, verflucht. Meine Augen waren nicht völlig ka­putt. Es war mein erster Besuch auf den südpazifischen Salomoninseln, und ich erklärte meinem erbosten Füh­rer in Pidgin-Englisch, daß ich sehr wohl die Unter­schiede zwischen den drei Männern erkennen konnte, die dort drüben nebeneinander standen. Der erste war pechschwarz und hatte krauses Haar, der zweite war viel hellhäutiger und hatte ebenfalls krauses Haar, und der dritte hatte glatteres Haar und leichte Schlitzaugen. Was mit mir los war ? Nichts, außer daß ich keinerlei Erfah­rung damit hatte, wie die Bewohner jeder der Salomo­ninseln aussahen. Am Ende meiner ersten Tour durch die Inseln konnte auch ich die Einheimischen nach ih­rer Haut, ihren Haaren und Augen der richtigen Her­kunftsinsel zuordnen.
    Was solche variablen Merkmale betrifft, sind die Sa­lomoninseln ein Mikrokosmos der Menschheit. Durch bloßes Anschauen eines Menschen können selbst Laien oft sagen, aus welchem

Weitere Kostenlose Bücher