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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Taugenichtse blieben übrig. Was für eine stinkende Abfallgrube würde da aus unserer armen Welt ?«
    Sherlock Holmes wäre erfreut zu hören, daß seine Sorgen aus heutiger Sicht unbegründet erscheinen.

TEIL III
Wie einzigartig ist der Mensch ?
    In Teil I und II ging es um die genetisch festgelegten Fundamente unserer kulturellen Besonderheiten. Wie wir sahen, zählen dazu die typischen Merkmale unse­res Skelettbaus wie die große Schädeldecke und die ana­tomischen Voraussetzungen für den aufrechten Gang. Ferner gehören zu diesen Fundamenten die Besonder­heiten unseres Gewebes, unseres Verhaltens und der en­dokrinen Drüsen, die für die Fortpflanzung und die so­ziale Organisation von Bedeutung sind.
    Wären solche genetisch definierten Merkmale jedoch das einzige, was der Mensch an Besonderheiten vorzu­weisen hätte, so würden wir nicht wirklich aus dem Tier­reich herausragen und auch keine Gefahr für das Über­leben unserer eigenen und anderer Spezies darstellen. Straußen gehen wie wir aufrecht auf zwei Beinen. Ande­re Tiere haben ein relativ großes Gehirn, wenngleich un­seres größer ist. Wieder andere leben monogam in Kolo­nien (beispielsweise viele Seevögel) oder können sehr alt werden (wie Albatrosse und Schildkröten).
    Unsere Besonderheit besteht vielmehr in jenen kul­turellen Merkmalen, die auf diesen genetischen Funda­menten beruhen und uns unsere Macht verleihen. Zu ihnen zählen die gesprochene Sprache, die Kunst, Tech­nik und Landwirtschaft. Diese kurze Aufzählung ver­mittelt jedoch ein allzu selbstgefälliges, einseitiges Bild. Denn die erwähnten Eigenarten sind ja nur die, auf die wir stolz sind. Doch archäologische Funde zeigen bei­spielsweise, daß die Einführung der Landwirtschaft ein durchaus zweifelhafter Fortschritt war, der den einen Menschen nützte, den anderen aber schadete. Ein ein­deutig negatives Merkmal unserer Spezies ist der Dro­genmißbrauch, der aber wenigstens keine Gefahr für unser Überleben darstellt wie zwei weitere kulturelle Praktiken des Menschen: der Genozid und der Massen­mord an anderen Arten. Es bringt uns in Verlegenheit, wenn wir entscheiden sollen, ob es sich hierbei um ge­legentliche krankhafte Abweichungen handelt oder um Merkmale, die genauso zum Wesen des Menschen gehö-ren wie jene, auf die wir so stolz sind.
    Sämtliche dieser kulturellen Wesenszüge, die den Menschen ausmachen, scheinen bei den Tieren zu feh­len, selbst bei unseren nächsten Verwandten. Folglich müssen sie sich herausgebildet haben, nachdem unsere Vorfahren vor rund sieben Millionen Jahren die Gesell­schaft der anderen Schimpansen verließen. Zwar können wir nicht wissen, ob die Neandertaler sprechen konn­ten oder Drogen nahmen und Genozid verübten, aber klar ist, daß sie nichts von Landwirtschaft oder Kunst verstanden und auch keine Radios bauen konnten. Bei diesen Eigenarten muß es sich deshalb um Innovatio­nen handeln, die erst innerhalb der letzten Jahrzehntau­sende erfolgten. Doch aus dem Nichts können sie auch nicht entstanden sein. Es muß Vorläufer im Tierreich geben, die wir nur zu entdecken brauchen.
    Für jede unserer kulturellen Besonderheiten müssen wir also die Frage nach den möglichen Vorläufern stel­len. Wann erreichte sie innerhalb unserer Ahnenreihe seine moderne Form? Welches waren die Frühstadien dieser Evolution, und lassen sich diese archäologisch zurückverfolgen ? Wir sind sicher etwas Besonderes auf der Erde, aber wie einzigartig sind wir eigentlich im Universum ?
    In diesem Teil geht es um einige der oben aufgeworfe­nen Fragen im Hinblick auf unsere noblen, zweischnei­digen oder nur maßvoll zerstörerischen Eigenarten. Ka­pitel 8 fragt nach dem Ursprung der gesprochenen Spra­che, die, wie ich oben erwähnte, Auslöser des »großen Sprungs« gewesen sein könnte und auf jeden Fall zu den wichtigsten Unterscheidungsmerkmalen zwischen Mensch und Tieren gehört. Auf den ersten Blick er­scheint es als Ding der Unmöglichkeit, die Entwicklung der menschlichen Sprache zurückzuverfolgen. Vor der Erfindung der Schrift hinterließ die Sprache keine Spu­ren für Archäologen, anders als unsere frühen Experi­mente mit Kunst, Landwirtschaft und Werkzeugen. An­scheinend ist keine simple menschliche Sprache (oder Tiersprache) übriggeblieben, die als Beispiel für die Frühstadien dienen könnte.
    In Wirklichkeit gibt es unzählige Vorläufer im Tier­reich, nämlich die von etlichen Arten entwickelten laut­lichen

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