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Der dritte Schimpanse

Der dritte Schimpanse

Titel: Der dritte Schimpanse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Kommunikationssysteme. Wir fangen gerade erst an, die Differenziertheit mancher von ihnen zu begrei­fen. Ferner werden wir sehen, daß es doch einige simple Sprachen gibt, die von modernen Menschen unwillkür­lich erfunden wurden und die überraschend aufschluß-reich sind.
    Kapitel 9 handelt vom Ursprung der Kunst, der edel­sten aller menschlichen Erfindungen. Wieder scheint es eine unüberwindliche Kluft zwischen der Kunst des Menschen, die vermeintlich nur erfunden wurde, um Vergnügen zu stiften, und die nichts mit der Verbreitung unserer Gene zu tun hat, und jedem tierischen Verhal­ten zu geben. Dennoch gleichen Malereien und Zeich­nungen in Zoos lebender Menschenaffen und Elefan­ten, unabhängig von den Motiven dieser eingesperr­ten Künstler, menschlichen Arbeiten so sehr, daß selbst Kunstsammler getäuscht werden konnten, die diese Werke kauften. Tut man schon solche Ergebnisse künst­lerischen Schaffens von Tieren mit dem Hinweis ab, sie seien ja nicht auf natürliche Weise entstanden, will man doch nicht etwa auch jene sorgfältig arrangierten Farb­kunstwerke, wie sie ganz normale männliche Lauben­vögel präsentieren, von der Hand weisen? Die bunt ge­schmückten Lauben spielen zweifellos eine entscheiden­de Rolle bei der Weitergabe von Genen. Ich werde zeigen, daß die menschliche Kunst ursprünglich ebenfalls die­sen Zweck hatte und ihm auch heute noch vielfach dient. Da Kunstwerke im Gegensatz zur Sprache archäologi­sche Spuren hinterlassen, wissen wir, daß die Kunst erst zur Zeit des »großen Sprungs« ihren Vormarsch be­gann.
    Für die Landwirtschaft, Gegenstand von Kapitel 10, gibt es im Tierreich einen Präzedenzfall, wenn auch kei­nen Vorläufer, und das sind die Gärten der Blattschnei­derameisen, die weit von unserem Stammbau entfernt angesiedelt sind. Archäologischen Erkenntnissen zufol­ge geschah die »Wiedererfmdung« der Landwirtschaft durch den Menschen innerhalb der letzten 10 000 Jah­re, also lange nach dem »großen Sprung«. Der Über­gang vom Jäger- und Sammlerdasein zur Landwirt­schaft wird gemeinhin als bedeutender Einschnitt unse­res Werdegangs angesehen, da wir durch sie eine stabile Nahrungsmittelversorgung und erstmals freie Zeit er­langten, was als Voraussetzung für die großen Errun­genschaften der modernen Zivilisation gilt. Bei sorgfältiger Un­tersuchung jenes Übergangs kommt man aber zu einem ganz anderen Schluß: Für die meisten Menschen brach­te die Landwirtschaft Infektionskrankheiten, Fehler­nährung und eine verkürzte Lebenserwartung. Zu den allgemeinen Veränderungen zählte, daß sich das relati­ve Los der Frauen verschlechterte und die Klassengesell­schaft begründet wurde. Mehr als jeder andere Meilen­stein entlang dem Pfad vom Schimpansen- zum Men­schentum vereint die Landwirtschaft untrennbar die Ursachen für unseren Aufstieg und Niedergang.
    Der Mißbrauch toxischer Substanzen ist als weitver­breitete Eigenart des Menschen nur für die letzten 5000 Jahre belegt, seine Wurzeln könnten aber durchaus bis zu einer Zeit lange vor der Einführung der Landwirt­schaft zurückreichen. Anders als bei dieser handelt es sich beim Drogenmißbrauch nicht um eine zweischnei­dige Errungenschaft, sondern um ein Übel in Reinkul­tur, das eine Bedrohung für das Überleben von Indivi­duen, wenn auch nicht das unserer Spezies darstellt. Wie bei der Kunst denkt man auch beim Drogenmißbrauch zunächst weder an tierische Vorläufer noch an biologi­sche Funktionen. In Kapitel 7 werde ich jedoch zeigen, daß sich der Drogenmißbrauch in ein breites Spektrum tierischer Körpermerkmale und Verhaltensweisen ein­fügt, die für den Träger gefährlich sind, deren Funktion aber paradoxerweise gerade auf dieser Gefahr beruht.
    Während sich also tierische Vorläufer für fast jedes unserer typischen Merkmale finden lassen, handelt es sich dennoch um Besonderheiten, da wir die einzigen Lebewesen auf der Erde sind, die sie derart auf die Spit­ze trieben. Wie einzigartig sind wir aber im Universum? Wie wahrscheinlich ist die Entstehung intelligenter Le­bensformen mit hochentwickelter Technik, wenn ein Planet die Voraussetzungen dafür einmal erfüllt ? War ihre Entstehung auf der Erde geradezu zwangsläufig ? Und ist mit ihnen auch auf unzähligen anderen Plane­ten zu rechnen, die um fremde Sterne kreisen ?
    Es läßt sich nicht direkt nachweisen, daß Geschöpfe mit der Fähigkeit zur Entwicklung von Sprache, Kunst, Landwirtschaft und

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