Der dritte Zustand
verquollen und häßlich wie eine Rübe, löschte Fima das Licht. Mit äußerst zärtlichen Fingern liebkoste er ihre Schultern, ihren Hals, verharrte dort wohl eine Viertelstunde, bevor er zur Brustsenke fortschritt, sich aber zurückhielt, den Gipfel zu berühren. Die ganze Zeit über ließ er nicht von seinen väterlichen Küssen ab, mit deren Hilfe er sie von seinen Fingern abzulenken hoffte, die zur Innenseite ihrer Knie weiterglitten. Mir geht’s schlecht, Efraim, schlecht, und ich bin nichts wert. Fima erwiderte flüsternd,du bist großartig, Annette, du faszinierst mich, und mit diesen Worten stahl sich sein Finger in die Nähe ihrer Scham und hielt inne, bereit, sich klaglos von dort verdrängen zu lassen. Als ihm klar wurde, daß sie in ihre Schmach versunken war, immer wieder in abgehacktem Gewisper das ihr zugefügte Unrecht schilderte, ohne sein Tun zu bemerken, begann er ihr sanft aufzuspielen, bemüht, das Fingerklopfen ihres Ehemannes aus ihren Gedanken zu vertreiben, bis sie aufseufzend eine Hand in seinen Nacken legte und sagte, du bist ja so gut. Aus diesem Geflüster schöpfte er den Mut, ihre Brüste zu befummeln und seine Begierde an ihre Seite zu schmiegen, wagte aber noch nicht, sich an ihr zu reiben. Fuhr nur fort, sie hier und da zu streicheln, ihre Saiten spielen zu lernen und sie dabei mit tröstendem und versöhnendem Gewisper zu überhäufen, auf das er selbst nicht achtete. Bis er endlich spürte, daß seine Geduld sich auszuzahlen begann, ein sanftes Aufwallen ihres Körpers, ein leichtes Kräuseln, Beben wahrnahm, obwohl sie weiter unaufhörlich redete, klagte, sich und ihm erläuterte, was sie falsch gemacht hatte, womit sie Jerry wohl auf die Nerven gegangen war, wie sie sich an Mann und Kindern versündigt hatte, und in der Dunkelheit eingestand, daß es außer der Geschichte in Amsterdam noch zwei weitere Affären mit zwei seiner Freunde gegeben hatte, hohle, dumme Abenteuer zwar, aber womöglich folge daraus doch, daß sie das, was ihr widerfahren sei, verdient habe. Inzwischen hatte sein Finger den richtigen Takt gefunden, zwischen ihren Seufzern tauchten andere ächzende Laute auf, und sie protestierte nicht, als er seine Leidenschaft an ihrer Taille zu reiben begann. Fima fand sich also großzügig mit ihrem Spiel ab, so zu tun, als sei sie derart in Trauer versunken, daß sie gar nicht merke, wie ihre Wäsche abgestreift wurde, während ihr Körper ansprach, ihre Schenkel seine musizierende Hand zu drücken begannen und ihre Finger seinen Nacken streichelten. Aber gerade, als er seinen Augenblick für gekommen hielt und höchstpersönlich den Platz seines Fingers einnehmen wollte, versteifte sich ihr Körper, und ein sanfter, kindlicher, überraschter und begeisterter Wonneschrei brach aus ihr hervor. Und sie erschlaffte sofort. Brach von neuem in Tränen aus. Schlug ihm mit zwei schwächlichen Fäusten auf die Brust und jammerte, warum hast du das getan, warum hast du mich gedemütigt, ich bin doch schon am Boden zerstört. Drehte ihm den Rücken zu und heulte wie ein Baby vor sich hin. Fima wußte, daß er zu spät gekommen war. Die Gelegenheit versäumt hatte. Den Bruchteil einer Sekunde durchwirbelten ihn Heiterkeit undWut und schmerzliche Begierde und Schadenfreude über sich selbst in einem solchen Strudel, daß er in diesem Augenblick fähig gewesen wäre, den zuckersüßen Siedler mitsamt seinem Advokaten und dem entsprechenden Knessetmitglied mit der Pistole abzuknallen, während er sich selber als Idioten bezeichnete. Eine Minute später steckte er zurück. Fand sich damit ab, daß er verzichten und vergeben mußte.
Er stand auf, deckte Annette zu und fragte kleinlaut, ob er ihr noch ein Tröpfchen Likör einschenken dürfe. Oder ein Glas Tee machen? Sie setzte sich mit einem Ruck auf, preßte sich das unsaubere Laken an die Brust, fummelte wütend nach einer Zigarette, zündete sie an und fauchte: »Was bist du für ein Schuft!«
Fima, bemüht, sich beim Anziehen bedeckt zu halten, um die Schmach seines verzweifelten Nashornismus vor ihr zu verbergen, stammelte wie ein gemaßregeltes Kind: »Aber was hab’ ich denn gemacht. Ich hab’ doch nichts getan.«
Und wußte, daß diese Worte wahr und gelogen waren, wäre beinah in blasses, krankhaftes Gelächter ausgebrochen, ja, hätte um ein Haar »asoi« gemurmelt. Aber er beherrschte sich, meinte entschuldigend, er sei selber entsetzt, begreife gar nicht, was ihm passiert sei, ihre Nähe habe ihn derart verwirrt,
Weitere Kostenlose Bücher