Der Dritte Zwilling.
kaum trauend, schlang er behutsam die Arme um sie. Sie war fast so groß wie er. Von Schluchzen geschüttelt legte sie den Kopf an seine Schulter. Er streichelte ihr Haar. Es war weich und schwer. Er fühlte seinen Penis hart werden wie einen Feuerwehrschlauch und rückte vorsichtig ein wenig von ihr weg. Hoffentlich bemerkte sie es nicht. »Es wird alles wieder gut«, beruhigte er sie. »Sie werden die Dinge bestimmt in Ordnung bringen können.«
Sie blieb einen langen, wundervollen Moment kraftlos in seinen Armen. Er spürte die Wärme ihres Körpers und atmete ihren Duft ein. Er fragte sich, ob er sie küssen solle, zögerte jedoch, denn er befürchtete, wenn er sie zu sehr bedrängte, würde sie ihn abweisen. Nach einigen Sekunden war der himmlische Augenblick vergangen.
Sie wischte sich die Nase am Saum ihres um einige Nummern zu großen T-Shirts ab, wodurch ihm ein sexy Blick auf ihren flachen, sonnengebräunten Bauch
vergönnt wurde. »Danke. Eine Schulter zum Ausweinen war genau, was ich brauchte«, gestand sie.
Ihr nüchterner Ton enttäuschte ihn. Für ihn war es ein Augenblick heftigen Gefühls gewesen; für sie nichts weiter als die Möglichkeit, ein paar Tränen der Enttäuschung loszuwerden. »Gehört mit zum Service«, witzelte er und wünschte sich sogleich, er hätte den Mund gehalten.
Sie öffnete einen Hängeschrank und holte Teller heraus. »Ich fühle mich bereits besser«, gestand sie. »Wie war’s, wenn wir jetzt essen.«
Er setzte sich auf einen Hocker an ihre Arbeitsplatte. Sie schnitt die Pizza und zog den Korken aus der Weinflasche. Es gefiel ihm, wie sie in ihrer Küche herumhantierte, eine Schublade mit der Hüfte schloß, blinzelnd ein Weinglas begutachtete, um festzustellen, ob es auch wirklich sauber war, wie sie den Korkenzieher mit den langen, geschickten Fingern handhabte. Er entsann sich des ersten Mädchens, in
das er je verschossen gewesen war. Sie hieß Bonnie und war sieben, genauso alt wie er. Er hatte auf ihre rotblonden Ringellocken gestarrt und gedacht, welch ein Wunder es doch war, daß ein so vollkommenes Geschöpf wie sie sich auf dem Spielplatz der Spillar-Road-Grundschule befinden konnte. Eine Zeitlang hatte er darüber nachgedacht, ob sie nicht wirklich ein echter Engel war.
Er dachte nicht, daß Jeannie ein Engel war, aber sie hatte eine so graziöse Anmut, daß sie fast etwas wie Ehrfurcht in ihm weckte.
»Sie lassen sich offenbar nicht unterkriegen«, bemerkte sie. »Bei unserer letzten Begegnung sahen Sie grauenvoll aus. Das ist erst vierundzwanzig Stunden her, und trotzdem wirken Sie jetzt völlig erholt.«
»Ich bin ja glimpflich davongekommen. Ich habe eine wunde Stelle, wo Detective Allaston meinen Kopf an die Wand geschlagen hat, und einen ordentlichen Bluterguß, wo Porky Butcher mir heute um fünf Uhr früh den Fuß in die Rippen schmetterte. Aber ich bin okay, solange ich nie wieder in ein Gefängnis geworfen werde.« Er verbannte diesen Gedanken aus dem Kopf. Der DNS-Test würde zweifelsfrei feststellen, daß er als Täter nicht in Frage kam.
Er blickte auf Jeannies Bücherregal. Sie besaß eine Menge Sachbücher, Biographien von Darwin und Einstein und Francis Bacon, außerdem ein paar Bücher von Erica Jong und Joyce Carol Oates, von denen er noch nichts gelesen hatte, fünf oder sechs Romane von Edith Wharton, sowie einige moderne Klassiker. »He, Sie haben meinen Lieblingsroman!« rief er.
»Lassen Sie mich raten: Wer die Nachtigall stört.« Er staunte. »Woher wissen Sie das?«
»Woher schon! Der Held ist ein Anwalt, der gegen gesellschaft liche Vorurteile ankämpft, um einen Unschuldigen zu verteidigen. Ist das nicht Ihr Traum?
Außerdem könnte ich mir nicht vorstellen, daß Sie sich für Frauen von Marilyn French interessieren.«
Er schüttelte resigniert den Kopf. »Sie wissen so viel über mich. Es ist nicht zu glauben!«
»Was würden Sie sagen, ist mein Lieblingsbuch?«
»Ist das ein Test?«
»Was denken Sie?«
»Oh - äh, Middlemarch. T. S. Eliot.«
»Wieso?«
»Im Mittelpunkt der Geschichte steht eine starke, selbstbewußte Heldin.«
»Aber sie tut nichts! Außerdem, das Buch, das ich meine, ist kein Roman. Raten Sie noch einmal.«
»Also ein Sachbuch.« Da kam ihm der Geistesblitz. »Ich weiß! Die Geschichte eines brillanten, eleganten Wissenschaftlers, die wesentliche Dinge der menschlichen Existenz berührt. Ich wette, es ist Watson, Die Doppelhelix.«
»He, das ist sehr gut!«
Sie fingen an zu essen. Die Pizza
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