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Der Dritte Zwilling.

Der Dritte Zwilling.

Titel: Der Dritte Zwilling. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Aber Jeannie sagte: »So ist es doch gar nicht.«
    Ghita gab nicht nach. »Doch, so ist es. Ich bitte dich, diese Liste zu vernichten.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Dann gibt es nichts mehr zu sagen.« Ghita schritt zur Tür.
    »So kannst du doch nicht gehen. Wir sind seit so langer Zeit befreundet!«
    Ghita drehte sich nicht einmal mehr um.
    »Scheiße!« fluchte Jeannie.
    Die Haustür knallte zu.
    Habe ich eben eine meiner ältesten Freundinnen verloren, fragte sich Jeannie.
    Ghita hatte sie enttäuscht. Aber Jeannie verstand die Gründe: Eine junge Frau, die Karriere machen wollte, war starkem Druck aus gesetzt. Trotzdem war es Jeannie, die unter Beschuß stand, nicht Ghita. Ghitas Freundschaft hatte die Prüfung einer Krise nicht bestanden.
    Ob es mit anderen Freunden genauso kommen würde?
    Niedergeschlagen duschte sie rasch und zog sich eilig an. Doch dann ermahnte sie sich, sich erst einmal alles durch den Kopf gehen zu lassen. Sie zog in die Schlacht und sollte sich lieber entsprechend kleiden. Sie schlüpfte aus ihren schwarzen Jeans und dem roten T-Shirt und fing von neuem an. Sie wusch und föhnte ihr Haar, trug ein sorgfältiges Make-up auf: Grundierung, Puder, Mascara und Lippenstift; dann zog sie ein schwarzes Kostüm an, mit taubengrauer Bluse, hauchdünner Nylonstrumpfhose über einem dünnen Slip und Lacklederpumps.
    Ihren Nasenring tauschte sie gegen einen schlichten Knopf.
    Vor dem hohen Spiegel blieb sie stehen und musterte sich eingehend. Sie war zu allem entschlossen, und so sah sie auch aus. »Mach sie fertig, Jeannie, mach sie alle fertig!« murmelte sie. Dann ging sie.

Kapitel 30

    Jeannie dachte an Steve Logan, während sie zur JFU brauste. Sie hatte ihn einen großen, kräftigen Jungen genannt, aber recht bedacht, war er reifer, als manche Männer je werden würden. Sie hatte sich an seiner Schulter ausgeweint, also mußte ihr Unterbewußtsein ihm vertrauen. Sein Geruch, wie Tabak, bevor er angezündet wird, war ihr angenehm gewesen. Trotz ihres Kummers war ihr seine Erektion nicht entgangen, obwohl er sich bemüht hatte, seine Erregung vor ihr zu verbergen. Sie fand es schmeichelhaft, daß es ihn so stimulierte, obwohl er nur die Arme um sie gelegt hatte. Es war wirklich schade, daß er nicht zehn oder fünfzehn Jahre älter war.
    Steve erinnerte sie an ihre erste Liebe, Bobby Springfield. Sie war damals dreizehn gewesen und er fünfzehn. Sie wußte so gut wie nichts über Liebe und Sex, aber er ebensowenig, und so hatten sie diese Entdeckungsreise gemeinsam angetreten. Sie errötete, als sie sich erinnerte, was sie samstags abends in der hintersten Reihe des Kinos getan hatten. Das Erregende an Bobby, genau wie jetzt an Steve, war die unterdrückte Leidenschaft gewesen. Bobby hatte sie so leidenschaftlich begehrt, und seine Erregung war bei der Berührung ihrer Brüste oder dem Anblick ihres Höschens noch gewachsen, so daß sie sich ungemein mächtig gefühlt hatte. Eine Zeitlang hatte sie diese Macht mißbraucht und ihn fast von Sinnen gebracht, nur um zu beweisen, daß sie dazu imstande war. Aber bald wurde ihr bewußt, obwohl sie erst drei zehn war, daß es ein verrücktes Spiel war. Trotzdem verlor es nie seinen Reiz und den Hauch von Risiko, mit einem geketteten Giganten zu spielen. Und so ging es ihr jetzt mit Steve.
    Er war der einzige Lichtblick an ihrem derzeitigen Horizont. Sie befand sich in schlimmen Schwierigkeiten. Ihren Posten hier in der JFU konnte sie nicht aufgeben. Nachdem die New York Times ihr öffentlich unterstellt hatte, sich ihren Chefs zu widersetzen, würde es ihr schwerfallen, eine andere Stellung im Wissenschaftsbetrieb zu bekommen. Wenn ich Professor wäre, würde ich bestimmt niemanden anstellen, der sich so aufführt, dachte sie.
    Aber jetzt war es zu spät für sie, ein besonneneres Verhalten an den Tag zu legen.
    Ihre einzige Hoffnung bestand darin, hartnäckig weiter zumachen, die FBI-Daten zu benutzen und so überzeugende wissenschaftliche Ergebnisse vorzuweisen.
    Dann würden die Leute ihre Methodik begreifen und sich ernsthaft mit ihrer Ethik befassen.
    Es war neun Uhr, als sie ihren Wagen auf dem Parkplatz abstellte. Als sie den Wagen abschloß und zur Klapsmühle ging, verspürte sie ein flaues Gefühl im Magen: Sie hatte nichts gegessen, und die Anspannung war zu groß.
    Kaum hatte sie ihr Büro betreten, erkannte sie, daß jemand hier gewesen war.
    Nicht die Raumpflegerinnen, mit deren Wirken war sie vertraut: die Stühle um ein paar Zentimeter

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