Der Dritte Zwilling.
verschoben, die Ringe der Kaffeetasse auf dem Schreibtisch weggewischt, der Papierkorb an der falschen Tischseite. Nein, das hier war anders. Jemand hatte an ihrem Computer gesessen. Die Tastatur stand in einem anderen Winkel; der Eindringling hatte sie unbewußt in die bei ihm oder ihr übliche Stellung gerückt. Die Maus befand sich mitten auf dem Pad, während sie sie immer direkt am Rand der Tastatur ablegte. Als sie sich genauer umsah, bemerkte sie, daß die Tür des Wandschränkchens einen Spalt offenstand und die Ecke eines Schriftstücks aus der Lade des Aktenschranks hervorlugte.
Ihr Büro war durchsucht worden!
Sehr amateurhaft allerdings, dachte sie, nicht, als wäre die CIA hinter mir her.
Trotzdem beunruhigte es sie außerordentlich, und sie hatte ein nervöses Kribbeln im Magen, als sie sich setzte und ihren PC einschaltete. Wer war hier gewesen?
Ein Institutsmitglied? Ein Student? Ein bestochener Wachmann! Jemand von außerhalb? Und warum?
Ein Umschlag war unter ihrer Tür hindurch geschoben worden. Er enthielt die Vollmacht von Lorraine Logan; Steve hatte sie zur Klapsmühle gefaxt. Sie nahm Charlotte Pinkers Vollmacht aus einem Ordner und steckte beide in ihre Aktenmappe. Sie würde sie zur Aventine-Klinik faxen.
Sie setzte sich wieder vor den Computer und rief ihre E-Mail ab. Da war nur eine: das Ergebnis des FBI-Scans. »Halleluja!« hauchte sie.
Mit unendlicher Erleichterung holte sie sich die Liste mit Namen und Adressen auf den Computer. Ihrer Ehrenrettung stand nichts im Wege; der Scan hatte tatsächlich Paare gefunden. Sie konnte kaum erwarten, sie zu überprüfen und festzustellen, ob weitere Anomalien wie Steve und Dennis darunter waren.
Ghita hatte ihr schon zuvor eine E-Mail gesandt, um ihr mitzuteilen, daß sie den Scan durchführen würde, erinnerte sich Jeannie. Sie fragte sich, ob sie von dem Eindringling abgefragt worden war. Das würde den panischen nächtlichen Anruf an Ghitas Chef erklären.
Sie wollte sich gerade die Namen auf der Liste ansehen, als das Telefon läutete.
Es war der Rektor. »Hier Maurice Obell. Ich glaube, wir sollten uns über diesen Artikel in der New York Times unterhalten, finden Sie nicht?«
Jeannies Magen verkrampfte sich. Jetzt geht es los, dachte sie beklommen. »Ja, natürlich. Welche Zeit würde Ihnen passen?«
»Ich dachte an sofort. Kommen Sie bitte in mein Büro.«
»Ich werde in fünf Minuten bei Ihnen sein.« Sie kopierte die FBI-Ergebnisse auf eine Diskette und verließ das Internet. Dann nahm sie die Diskette aus dem Computer und griff nach einem Stift. Nach kurzem Überlegen beschriftete sie den Aufkleber mit »Einkaufsliste«. Bestimmt eine unnötige Vorsichtsmaßnahme, aber Vorsicht war besser als Nachsicht.
Sie ordnete die Diskette in die Box mit ihren Sicherungsdateien ein und verließ die Klapsmühle.
Der Tag versprach warm zu werden. Während sie den Campus über querte, fragte sie sich, was sie sich von dieser Besprechung mit Obell erhoffen konnte. Das einzige, was sie sich momentan wünschte, war, mit ihrer Forschung weitermachen zu dürfen. Sie mußte ihren Standpunkt vertreten und Obell klarmachen, daß sie sich nicht herumkommandieren ließ; aber sie mußte ihm auch zu verstehen geben, daß sie zu dem einen oder anderen Zugeständnis bereit war.
Sie war froh, daß sie das schwarze Kostüm angezogen hatte, ob gleich sie darin schwitzte: Es ließ sie älter und bestimmter erscheinen. Ihre hohen Absätze klickten auf den Steinplatten vor Hillside Hall. Sie wurde sofort in das luxuriöse Büro des Rektors geführt.
Berrington Jones war ebenfalls da; er hielt eine New York Times in der Hand. Sie war froh, einen Verbündeten hier zu haben und lächelte ihn an. Er beantwortete es mit einem etwas kühlen Nicken und grüßte: »Guten Morgen, Jeannie.«
Maurice Obell saß in seinem Rollstuhl hinter dem riesigen Schreibtisch. Mit seiner üblichen Schroffheit sagte er: »Die Universität kann das nicht dulden, Dr. Ferrami!«
Er bot ihr keinen Stuhl an, aber sie dachte nicht daran, sich wie ein Schulmädchen abkanzeln zu lassen, so setzte sie sich auf den nächstbesten und überkreuzte die Beine. »Wie bedauerlich, daß Sie der Presse mitteilten, Sie hätten mein Forschungsprojekt eingestellt, ohne sich vorher zu informieren, ob Sie rechtlich dazu befugt sind«, sagte sie, so kühl sie konnte. »Ich pflichte Ihnen völlig bei, daß dies die Universität dumm aussehen ließ.«
Er fuhr auf. »Nicht ich war es, der uns dumm
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