Der Dritte Zwilling.
aussehen ließ!« Genug des Widerstands, fand sie, jetzt war der Augenblick, ihm zu sagen, daß sie beide am selben Strang zogen. Sie stellte die Beine nebeneinander. »Natürlich nicht«, sagte sie. »Tatsächlich ist es so, daß wir beide etwas überstürzt vorgegangen sind und die Presse das ausgenutzt hat.«
Berrington warf ein: »Geschehen ist geschehen - eine Entschuldigung ändert nichts mehr.«
»Ich habe mich nicht entschuldigt«, fauchte sie. Sie wandte sich wieder Obell zu und lächelte. »Ich finde jedenfalls, daß wir aufhören sollten, uns zu streiten.«
Wieder war es Berrington, der antwortete: »Dazu ist es zu spät.«
»Das ist es bestimmt nicht«, entgegnete sie. Sie fragte sich, wieso Berrington das gesagt hatte. Er müßte doch eigentlich für eine Aussöhnung sein, schließlich konnte es nicht in seinem Interesse sein, Öl auf die Flammen zu gießen. Ihr Blick und Lächeln war weiterhin auf den Rektor gerichtet. »Wir sind vernünftige Menschen. Wir müssen einen Kompromiß finden, der mir ermöglicht, mein Projekt fortzuführen, und gleichzeitig die Würde der Universität bewahrt.«
Obell gefiel diese Vorstellung offensichtlich, obwohl er die Stirn runzelte und sagte: »Ich weiß nicht recht, wie wir …«
»Das ist alles reine Zeitverschwendung«, warf Berrington ungeduldig ein.
Das war das dritte Mal, daß er sie in dieser Form attackierte. Jeannie schluckte eine hitzige Entgegnung. Wieso verhielt er sich so? Wollte er, daß sie ihre Forschung aufgab, sich bei der Universität unbeliebt machte und in Mißkredit brachte? Es sah allmählich so aus. War es Berrington gewesen, der sich in ihr Büro gestohlen, ihre E-Mail abgerufen und das FBI verständigt hatte? Konnte es etwa auch sogar sein, daß er die New York Times erst auf sie aufmerksam gemacht und das Ganze ins Rollen gebracht hatte? Sie war so betäubt von diesem plötzlich ganz logisch erscheinenden Gedankengang, daß sie schwieg.
»Das Vorgehen der Universität ist bereits beschlossen«, erklärte Berrington nun.
Jeannie wurde bewußt, daß sie die Machtstruktur in diesem Zimmer falsch eingeschätzt hatte. Berrington war hier der Chef, nicht Obell. Berrington war die Quelle für Geneticos Millionen, die Obell brauchte. Berrington hatte von Obell nichts zu befürchten; es war eher umgekehrt. Sie hatte den Affen beobachtet statt den Leierkastenmann.
Berringtons nächste Worte konnten nicht mehr darüber hinweg täuschen, wer hier tatsächlich das Sagen hatte. »Wir haben Sie nicht hierherzitiert, um Sie um Ihre Meinung zu fragen«, sagte er.
»Weshalb dann?« fragte Jeannie.
»Um Sie hinauszuwerfen«, antwortete er.
Wieder war sie wie betäubt. Sie hatte mit der Drohung gerechnet, sie zu entlassen, aber nicht, daß es wirklich so weit kommen würde. »Was meinen Sie damit?« fragte sie benommen.
»Ich meine damit, daß Sie gefeuert sind.« Berrington strich mit der Spitze des rechten Zeigefingers über seine Brauen, ein Zeichen, daß er sehr mit sich zufrieden war.
Jeannie war, als hätte er ihr einen Hieb in die Magengrube versetzt. Ich kann nicht entlassen werden, dachte sie. Ich bin erst seit ein paar Wochen hier. Ich kam so gut voran, arbeitete so hart. Ich bildete mir ein, daß mich, von Sophie abgesehen, alle mögen. Wie konnte das so schnell geschehen? Sie versuchte, sich zu sammeln. »Sie können mir nicht fristlos kündigen!«
»Das haben wir aber soeben.«
»Nein!« Als sie ihren Schock überwunden hatte, wurde sie wütend und starrköpfig. »Sie sind hier keine Stammeshäuptlinge. Es gibt ein Verfahren.«
Universitäten konnten Institutsmitglieder gewöhnlich nicht ohne eine Art Anhörung feuern. Es stand in ihrem Vertrag, aber sie hatte die Einzelheiten nie wirklich studiert. Plötzlich war es ungeheuer wichtig für sie.
Maurice Obell lieferte prompt die Information. »Selbstverständlich wird es ein Hearing vor dem Disziplinarkomitee des Universitätssenats geben.
Normalerweise ist eine vierwöchige Ankündigung erforderlich, aber angesichts der schlechten Publicity dieses Falls habe ich als Rektor ein Notverfahren bestimmt, und die Anhörung wird morgen Vormittag stattfinden.«
Jeannie war von dem schnellen Vorgehen bestürzt. Schon morgen Vormittag mußte sie vor das Disziplinarkomitee treten! Das war keine Besprechung, sondern eher eine Verhaftung. Fast erwartete sie, daß Obell ihr ihre Rechte vorlas.
Er tat etwas Ähnliches. Er schob ihr einen Ordner über den Schreibtisch zu. »Sie werden hier
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