Der Dritte Zwilling.
Klienten moralisch ins Abseits manövriert hatte. Aber zweifellos gehörte es zu seiner Routine, unerschütterlich zu bleiben, egal, wie schlecht sein Fall stand.
Quinn sagte: »Professor, wenn die Universität Dr. Ferramis Forschungsprogramm nicht aufgegeben und sie nicht fristlos entlassen hätte, würde das etwas an der Übernahme von Genetico durch Landsmann geändert haben?«
»Absolut nichts«, erwiderte Berrington. »Danke. Keine weiteren Fragen.«
Das war kurz und effektiv, dachte Steve grimmig. Dadurch ist mein ganzes Kreuzverhör mit wenigen Worten zunichte gemacht. Er bemühte sich, Jeannie seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.
Jetzt war Jeannie an der Reihe. Steve erhob sich und leitete sie durch ihre Beweisführung. Sie war ruhig und unmißverständlich, als sie ihr Forschungsprogramm beschrieb und die Wichtigkeit betonte, getrennt aufgezogene Zwillinge zu finden, die Straftäter waren. Sie beschrieb in allen Einzelheiten, welche Vorsichtsmaßnahmen sie ergriffen hatte, um sicherzugehen, daß niemandes ärztliche Untersuchungsergebnisse bekannt wurden, ehe die Betreffenden ihr schriftliches Einverständnis gegeben hatten.
Steve erwartete, daß Quinn sie ins Kreuzverhör nehmen würde und durch Fangfragen beweisen wollte, daß es durchaus Möglichkeiten gab, daß vertrauliche Informationen zufällig an die Öffentlichkeit ge langten. Er hatte das vergangene Nacht mit Jeannie geprobt und den Ankläger gespielt. Aber zu seinem Staunen stellte Quinn keine Fragen. Hatte er Angst, sie würde sich zu geschickt verteidigen? Oder war er überzeugt, daß das Urteil bereits feststand?
Quinn rekapitulierte den Fall noch einmal. Er wiederholte lange Passagen von Berringtons Aussage und zwar erneut viel weitschweifiger, als Steve für klug hielt. Bei seiner Schlußredefaßte er sich jedoch kurz. »Dies ist eine Krise, zu der es nie hätte kommen sollen. Es waren Dr. Ferramis Impulsivität und Starrsinn, die das ganze Drama verur sachten. Natürlich hat sie einen Anstellungsvertrag, und dieser Vertrag regelt ihre Arbeitsbedingungen und ihr Verhältnis zu ihrem Arbeitgeber. Aber langjährige, erfahrene Institutsangehörige sind immerhin dazu verpflichtet, die ihnen unterstellten jüngeren Kollegen zu beaufsichtigen. Und wenn diese jüngeren Kollegen vernünftig sind, hören sie auf den weisen Rat ihrer älteren und dadurch qualifizierten Kollegen. Dr. Ferramis Eigensinn und Trotz machten aus einem Problem eine Krise, und diese Krise kann nur dadurch überwunden werden, daß sie die Universität verläßt.« Er setzte sich.
Nun war die Zeit für Steves Rede gekommen. Er hatte sie die ganze Nacht geübt.
Er stand auf.
»Wozu ist die Jones-Falls-Universität da?« Um der dramatischen Wirkung willen, hielt er kurz inne. »Die Antwort läßt sich in einem Wort zusammenfassen: Wissen. Wollten wir eine kurze Definition der Rolle der Hochschulen in der amerikanischen Gesellschaft, könnten wir sagen, ihre Funktion ist, Wissen zu suchen und zu verbreiten .«
Er blickte jeden des Komitees einzeln an und wartete auf ihre Zustimmung. Jane Edelsborough nickte. Die anderen blieben unbeeindruckt.
»Dann und wann«, fuhr Steve fort, »gerät eine Universität deshalb unter Beschuß. Es gibt immer wieder Personen, welche die Wahrheit aus dem einen oder anderen Grund vertuschen wollen, seien es politische Motive, religiöse Vorurteile, oder« - er blickte Berrington an -»wirtschaftliche Vorteile. Ich vermute, jeder hier wird zustimmen, daß die geistige Unabhängigkeit der Universität entscheidend für ihren Ruf ist. Diese Unabhängigkeit muß verständlicherweise gegen andere Verpflichtungen abgewogen werden, wie beispielsweise die Notwendigkeit, die Rechte anderer zu respektieren. Aber jeder denkende Mensch muß und wird bereit sein, für die Freiheit von Forschung und Wissenschaft und damit das Ansehen der Universität einzutreten.«
Er blickte nacheinander jedes einzelne Mitglied des Komitees an. »Jones Falls ist wichtig für jeden hier. Der Ruf eines Akademikers ist eng mit dem der Universität verbunden, für die er arbeitet. Ich ersuche Sie, darüber nachzudenken, welche Folgen Ihre Entscheidung für den Ruf der JFU als freie, unabhängige akademische Institution haben wird. Läßt sich die Universität von dem oberflächlichen Angriff einer Tageszeitung einschüchtern? Wird ein wissenschaftliches Forschungsprogramm einem wirtschaftlichen Übernahmeangebot geopfert? Ich hoffe nicht. Ich hoffe, das Komitee
Weitere Kostenlose Bücher