Der Dritte Zwilling.
sich, sich von ihm auch nur auf die Wange küssen zu lassen; er hatte ihr viel zu weh getan. Sie streckte die Hand aus, damit er sie schüttle. »So eine Überraschung«, sagte sie. »Ich konnte die letzten beiden Tage meine E-Mail nicht abrufen.«
»Ich nehme an einer Konferenz in Washington teil«, erklärte er, »und habe mir einen Wagen für einen Abstecher hierher gemietet.«
»Möchtest du Kaffee?«
»Gern.«
»Setz dich.« Sie stellte frischen Kaffee auf.
Er schaut sich um. »Hübsches Apartment.«
»Danke.«
»Es ist ganz anders.«
»Du meinst, anders als unsere Wohnung.« Das Wohnzimmer ihres Apartments in Minneapolis war ein großer, unordentlicher Raum gewesen, voll von wuchtigen Couches, demontierten Fahrradrädern, Tennisschlägern und Gitarren. Verglichen damit war dieses Zimmer kahl. »Ich glaube, es ist meine Reaktion auf das ganze dortige Durch einander.«
»Damals scheinst du es gemocht zu haben.«
»Stimmt, aber die Zeiten ändern sich.«
Er nickte und wechselte das Thema. »Ich habe in der New York Times über dich gelesen. Dieser Artikel ist so was von idiotisch!«
»Er hat jedenfalls genügt, mich fertigzumachen. Man hat mich heute gefeuert.«
»Nein!«
Sie schenkte Kaffee ein, setzte sich ihm gegenüber und erzählte ihm von dem Hearing. Als sie geendet hatte, fragte er: »Dieser Steve - ist das eine ernst zu nehmende Angelegenheit zwischen euch?«
»Ich weiß es nicht.«
»Ihr habt nichts miteinander?«
»Nein, aber er möchte es gern, und ich mag ihn wirklich. Was ist mit dir? Bist du noch mit Georgina Tinkerton-Ross zusammen?«
»Nein.« Er schüttelte reumütig den Kopf. »Jeannie, ich kam eigentlich hauptsächlich hierher, um dir zu sagen, daß mich von dir zu trennen der größte Fehler meines Lebens war.«
Jeannie war gerührt von seinem traurigen Blick. Irgendwie freute sie sich, daß er seine Trennung von ihr bedauerte, aber sie wünschte ihm nicht, daß er unglücklich war.
»Du warst das Beste, was mir je widerfahren ist, du bist stark, aber auch mitfühlend. Und du bist klug. Ich brauche jemanden, der klug ist. Wir waren geschaffen füreinander. Wir liebten uns.«
»Du hast mir damals sehr weh getan«, sagte sie. »Aber ich bin darüber hinweggekommen.«
»Ich bin nicht sicher, ob ich das auch von mir behaupten kann.«
Sie blickte ihn abschätzend an. Er war ein kräftiger Mann, nicht nett wie Steve, aber attraktiv auf eine robustere Weise. Sie erforschte ihre Libido, doch da war nichts, keine Spur mehr ihres überwältigen den physischen Verlangens, das sie einst für Wills starken Körper empfunden hatte.
Er war hier, um sie zu bitten, zu ihm zurückzukehren, das war ihr nun klar. Und sie kannte ihre Antwort bereits. Sie wollte ihn nicht mehr. Er war etwa eine Woche zu spät gekommen.
Sie mochte ihn nicht kränken, sondern ihm die Demütigung ersparen, sie zu fragen und eine ablehnende Antwort zu bekommen. Sie erhob sich. »Will, ich habe etwas Dringendes zu erledigen und muß mich beeilen. Ich wünschte, ich hätte deine E-Mails bekommen, dann hätten wir mehr Zeit miteinander verbringen können.«
Er verstand, und seine Augen wurden noch trauriger. »Wie schade.« Er stand auf.
»Danke, daß du dich hast sehen lassen.«
Sie wollte ihm die Hand geben, aber er zog sie an sich, um sie zu küssen. Sie hielt ihm die Wange hin. Er küßte sie sanft, dann ließ er sie los. »Ich gäbe viel darum, wenn ich unser Skript umschreiben könnte. Ich würde ihm ein glücklicheres Ende geben.«
»Mach’s gut, Will.«
»Mach’s gut, Jeannie.«
Sie schaute ihm nach, als er die Treppe hinunter zur Haustür ging.
Ihr Telefon läutete.
Sie griff nach dem Hörer. »Hallo?«
»Gefeuert zu werden ist nicht das Schlimmste, was dir zustoßen kann.«
Es war eine gedämpfte Männerstimme, wie durch ein Tuch hin durch, um nicht erkannt zu werden.
»Wer spricht da?« fragte Jeannie.
»Hör auf, deine Nase in Dinge zu stecken, die dich nichts an gehen.«
Wer, zum Teufel, war das? »Was für Dinge?«
»Der Bursche, mit dem du es in Philadelphia zu tun hattest, sollte dich eigentlich umbringen!«
Jeannie hielt den Atem an. Plötzlich verspürte sie große Angst.
Die Stimme fuhr fort: »Er hat sich hinreißen lassen und hat Scheiße gebaut. Aber er könnte dich wieder besuchen.«
»O Gott!« wisperte Jeannie.
»Sei gewarnt!«
Ein Klicken war zu vernehmen, dann kam das Freizeichen. Er hatte eingehängt.
Jeannie legte den Hörer auf die Gabel und starrte das
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