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Der Dritte Zwilling.

Der Dritte Zwilling.

Titel: Der Dritte Zwilling. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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den Pokal in der traditionellen Siegerpose hochhielt. Die Welt hatte ihr zu Füßen gelegen. Wenn sie jetzt so zurückblickte, war ihr, als hätte eine ganz andere und ihr heute völlig fremde Jeannie Ferrami diesen Preis hergezeigt.
    Sie setzte sich auf die Couch und trank Kaffee. Ihr Vater, dieser Mistkerl, hatte ihren Fernseher gestohlen, so konnte sie sich jetzt nicht einmal mit einer Seifenoper von ihrem Elend ablenken. Sie hätte sich mit Schokolade vollgestopft, wenn welche im Haus gewesen wäre. Sie dachte an Alkohol, aber der würde ihre Depression nur noch verstärken. Einkaufen? Nein, wahrscheinlich würde sie in der Umkleidekabine nur in Tränen ausbrechen; außerdem war sie jetzt erst recht pleite.
    Gegen vierzehn Uhr läutete das Telefon. Sie ließ es läuten, aber dann ging es ihr auf die Nerven, und sie hob doch ab.
    Es war Steve. Nach dem Hearing war er nach Washington gefahren, um den Termin mit seinem Anwalt einzuhalten. »Ich bin jetzt im Anwaltsbüro«, erklärte er ihr. »Wir möchten gerichtlich gegen die Jones-Falls-Universität vorgehen, um die Herausgabe deiner FBI-Liste zu erwirken. Meine Familie wird für die Kosten aufkommen. Sie meint, es sei die Sache wert, wenn wir dadurch die Chance bekommen, den dritten Zwilling zu finden.«
    »Mir ist der dritte Zwilling scheißegal«, fauchte sie.
    Nach einer kurzen Pause sagte er: »Für mich ist es sehr wichtig.«
    Sie seufzte. Bei all meinen Schwierigkeiten soll ich mir auch noch Sorgen um Steve machen? Dann fing sie sich. Er hat sich Sorgen um mich ge macht, oder etwa nicht? Sie schämte sich. »Steve, verzeih mir. Ich versinke in Selbstmitleid.
    Natürlich werde ich dir helfen. Was soll ich tun?«
    »Nichts. Mein Anwalt wird sich ans Gericht wenden, vorausgesetzt, du gibst deine Erlaubnis.«
    Sie begann wieder klar zu denken. »Ist das nicht ein wenig gefährlich? Ich nehme an, daß die JFU von unserem Antrag unterrichtet wird. Dann wird Berrington erfahren, wo sich die Liste befindet. Und er wird sie sich holen, bevor wir eine Chance haben, an sie heranzukommen.«
    »Verdammt, du hast recht. Laß mich mit meinem Anwalt reden.«
    Einen Augenblick später erklang eine andere Stimme aus dem Hörer. »Dr. Ferrami, hier ist Runciman Brewer. Wir haben jetzt eine Konferenzschaltung mit Steve. Wo genau befindet sich diese Datei?«
    »In meiner Schreibtischlade auf einer Diskette mit der Aufschrift ›Einkaufsliste‹.«
    »Wir können Zugang zu Ihrem Büro beantragen, ohne genaue An gaben, wonach wir suchen.«
    »Dann steht zu befürchten, daß man alles in meinem Computer und auf den Disketten löschen wird.«
    »Eine bessere Idee habe ich leider nicht.«
    »Was wir brauchen«, warf Steve nun ein, »ist ein Einbrecher.«
    »O mein Gott!« hauchte Jeannie.
    »Was ist?«
    Daddy.
    Auch der Anwalt erkundigte sich nun: »Was ist, Dr. Ferrami?«
    »Können Sie mit diesem Antrag noch warten?« fragte Jeannie.
    »Ja, sicher. Vor Montag ließe sich vermutlich ohnehin nichts machen. Wieso?«
    »Mir ist eben ein Gedanke gekommen. Ich möchte versuchen, ob er etwas taugt. Wenn nicht, können wir nächste Woche noch immer den Rechtsweg einschlagen. Steve?«
    »Ich bin noch da.«
    »Ruf mich später an.«
    »Darauf kannst du dich verlassen!« Jeannie legte auf. Daddy käme in ihr Büro hinein!
    Er hielt sich zur Zeit bei Patty auf. Da er völlig abgebrannt war, würde er einstweilen auch dort bleiben. Und er schuldete ihr etwas. Und ob er ihr etwas schuldete!
    Wenn sie den dritten Zwilling finden konnte, wäre Steves Unschuld schon so gut wie bewiesen.
    Durfte sie ihren Vater bitten, für sie einzubrechen? Es war gegen das Gesetz.
    Wenn etwas schiefging, würde er wieder ins Gefängnis wandern. Natürlich ging er dieses Risiko ständig ein, aber diesmal wäre es ihre Schuld.
    Die Haustürglocke läutete. »Ja?« fragte sie in die Sprechanlage. »Jeannie?«
    Es war eine vertraute Stimme. »Ja?« fragte sie erneut. »Wer ist da?«
    »Will Temple.« 
    »Will?«
    »Ich habe dir zwei E-Mails gesandt. Hast du sie nicht bekommen?« Was, zum Teufel, machte Will Temple hier? »Komm rauf.« Sie drückte auf den Öffner.
    Als er die Treppe heraufkam, stellte sie fest, daß er eine beige Hose und ein marineblaues Polohemd trug. Sein Haar war kürzer, und der blonde Bart, den sie so gemocht hatte, wucherte jetzt nicht mehr wild, sondern war nun ordentlich gestutzt und gepflegt. Seine reiche Freundin kümmerte sich offenbar um sein Aussehen.
    Sie brachte es nicht über

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