Der Dritte Zwilling.
Telefon an.
Niemand hatte je gedroht, sie zu töten. Es war schrecklich zu wissen, daß irgendjemand sie tot sehen wollte. Sie war wie gelähmt. Was soll ich tun ?
Sie ließ sich auf die Couch fallen und bemühte sich, ihre Willenskraft wiederzugewinnen. Sie war zu abgekämpft, sich weiterhin gegen diese mächtigen, finsteren Feinde zu stellen. Sie waren zu mächtig! Sie konnten sie feuern lassen und überfallen, ihr Büro durchsuchen, ihre E-Mail stehlen. Sie schienen zu allem imstande zu sein. Vielleicht hatten sie wirklich einen Killer auf sie angesetzt.
Es war so unfair! Welches Recht nahmen sie für sich in Anspruch? Sie war eine gute Wissenschaftlerin, und sie hatten ihre Karriere ruiniert. Sie waren bereit,
Steve für die Vergewaltigung Lisas ins Zucht haus sperren zu lassen. Sie drohten, sie töten zu lassen. Jetzt wurde sie wütend. Was glaubten sie eigentlich, wer sie waren? Sie hatte nicht vor, ihr Leben durch diese arroganten Schurken ruinieren zu lassen, die sich einbildeten, sie könnten alles zu ihren Gunsten manipulieren und zum Teufel mit allen anderen! Je mehr sie darüber nachdachte, desto wütender wurde sie. Ich habe die Macht, ihnen zu schaden, dachte sie. Ich muß diese Macht haben, wenn sie es für nötig halten, mir zu drohen, daß sie mich töten lassen würden. Ich werde diese Macht nut zen! Es ist mir egal, was aus mir wird, solange ich ihnen einen Strich durch die Rechnung machen kann. Ich bin klug und entschlossen, und ich bin Jeannie Ferrami, also hütet euch, ihr Hundesöhne, denn jetzt komm’ ich!
Kapitel 40
Jeannies Vater saß auf der Couch in Pattys unaufgeräumtem Wohnzimmer. Er schaute sich General Hospital an, trank Kaffee und aß Karottenkuchen.
Als Jeannie eintrat und ihn so sitzen sah, verlor sie trotz aller guten Vorsätze die Beherrschung. »Wie konntest du das tun?« schrie sie ihn an. »Wie konntest du deine eigene Tochter bestehlen?«
Er sprang erschrocken auf, verschüttete den Kaffee und ließ seinen Kuchen fallen.
Patty folgte Jeannie ins Zimmer. »Bitte, mach keine Szene. Zip wird jeden Moment heimkommen.«
»Es tut mir so leid, Jeannie«, sagte Daddy. »Ich schäme mich.«
Patty kniete sich nieder und wischte den Kaffee mit einer Handvoll Papiertaschentücher auf. Auf dem Bildschirm küßte ein gut aussehen der Mann im Arztkittel eine hübsche Frau.
»Du weißt genau, daß ich abgebrannt bin!« schrie Jeannie. »Du weißt, daß ich versuche, genug Geld zu verdienen, um ein anständiges Altenpflegeheim für meine Mutter - deine Frau - bezahlen zu können. Und trotzdem hattest du den Nerv, mir meinen verdammten Fernseher zu klauen!«
»Du sollst nicht fluchen …«
»Lieber Gott, gib mir die Kraft …«
»Es tut mir leid.«
»Ich verstehe es nicht«, sagte Jeannie. »Ich verstehe es einfach nicht!«
»Laß ihn in Ruhe, Jeannie«, flüsterte Patty.
»Aber ich muß es wissen! Wie konntest du das nur tun?«
»Also gut, ich sag’ es dir!« antwortete Daddy mit einer plötzlichen Heftigkeit, die sie überraschte. »Ich sag’ dir, warum ich es getan hab’. Ich hab’ es getan, weil ich die Nerven verloren hab’.« Tränen glänzten in seinen Augen. »Ich hab’ meine eigene Tochter bestohlen, weil ich zu alt bin und zu viel Schiß hab’, jemand anders zu berauben. So, jetzt kennst du die Wahrheit!«
Er war so pathetisch, daß Jeannies Ärger im Nu verflog. »O Daddy, es tut mir leid«, sagte sie. »Setz dich wieder hin, ich hole den Staubsauger.«
Sie griff nach der umgekippten Tasse und trug sie in die Küche. Sie kam mit dem Staubsauger zurück, um die Kuchenkrümel aufzusaugen. Patty wurde gerade damit fertig, den Kaffee aufzuwischen.
Der Fernseharzt sagte: »Verreisen wir, nur du und ich, irgendwohin, wo es wunderschön ist …« Das hübsche Mädchen erwiderte: »Aber was ist mit deiner Frau?« Und der Arzt verzog mürrisch das Gesicht. Jeannie schaltete den Apparat aus und setzte sich neben ihren Vater.
»Was meinst du damit, daß du die Nerven verloren hast?« fragte sie ihn neugierig. »Was ist passiert?«
Er seufzte. »Als ich aus dem Knast kam, hab’ ich ein Gebäude in Georgetown ausbaldowert. Es war eine kleine Architektengruppe, die eben erst ihr Personal mit fünfzehn oder zwanzig neuen PCs ausgestattet hatte und mit anderem Zeug wie Drucker und Faxgeräten. Der Mann, der die Firma mit dem Kram beliefert hatte, gab mir den Tip. Ich sollte es für ihn stehlen, und er würde es an die Firma zurückverkaufen, sobald die das Geld
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